Seit rund zwei Jahrzehnten haben sich die Huthi-Rebellen als Machtfaktor im Süden der Arabischen Halbinsel etabliert. Spätestens mit dem Massaker der islamistischen Terrororganisation Hamas in Südisrael am 7. Oktober haben die Huthis das weltpolitische Parkett betreten. Die Huthis erklärten sich Ende Oktober selbst zur Kriegspartei auf der Seite der Terroristen im Kampf gegen Israel. Sie beschossen Israel mit Raketen und Drohnen, griffen zahlreiche Schiffe im Roten Meer und im Golf von Aden an und entführten das Autotransportschiff Galaxy Leader samt 25-köpfiger Besatzung.

Zweig der Schiiten

Die Huthi-Bewegung wurzelt in der zaiditischen Elite im Norden des Landes, die nach dem Ende des Königreichs Jemen im Jahr 1962 zurückgedrängt worden war.

Die Zaiditen sind ein im Süden Arabiens am Roten Meer um das Hochland von Sanaa ansässiger Zweig der Schiiten. Sie sind nach Zaid ibn Ali benannt, der Überlieferung zufolge ein Ururenkel des Religionsgründers Mohammed. Der Imam der Zaiditen, Yahya Muhammad Hamid ad-Din, wurde König im Nordjemen, der mit dem Ende des osmanischen Reiches 1918 unabhängig wurde. Er führte das Land streng isolationistisch und traditionell. Das Hochland von Sanaa soll er nie verlassen haben, und Fotografien von sich verweigerte er. Sein Enkel Muhammad al-Badr wurde 1962 nach nur sieben Tagen im Amt von Abdullah as-Sallal, dem Kommandanten der königlichen Garde, aus dem Palast geputscht. As-Sallal wurde Präsident der neuen Jemenitischen Arabischen Republik. Nach Kriegen gegen die Anhänger al-Badrs und gegen den südjemenitischen Nachbarn kam es 1990 zur Vereinigung mit der Demokratischen Volksrepublik Jemen.

Zaghafte Versuche der Demokratisierung endeten schon wenige Jahre später mit einem neuen Bürgerkrieg, im Zuge dessen sich im Norden auch schiitische Kampfgruppen formierten. Der Jemen wurde mehr und mehr zu einem Rückzugsort für verschiedene Terrorgruppen. So konnte die Al-Kaida im Jahr 2000 einen Anschlag auf den vor Aden liegenden Zerstörer USS Cole durchführen. Und die Huthi-Bewegung radikalisierte sich im Vorfeld des Dritten Golfkriegs im Irak. Aus dieser Zeit stammt auch das Motto der Huthis: "Gott ist groß! Tod den USA! Tod Israel! Fluch den Juden! Sieg dem Islam!" Mit diesem Slogan lehnt sich die Gruppe nicht zufällig eng an die antiamerikanische und antisemitische Propaganda des Iran an: Schließlich werden sie auch seit geraumer Zeit von Teheran unterstützt.

Video: Wie die Huthi-Rebellen in den Nahost-Konflikt eingreifen.
AFP

"Helfer Gottes"

Der Gründer der Huthi-Bewegung, der Zaiditenkleriker Hussein Badreddin al-Huthi, war in den Neunzigerjahren Mitglied des jemenitischen Repräsentantenhauses. Eine Zeitlang lebte er mit seiner Familie in der den Schiiten heiligen Stadt Ghom im Iran. Er soll enge Beziehungen zum obersten Führer des Iran, Ali Khamenei, und dem Chef der Hisbollah-Terrormiliz, Hassan Nasrallah, gepflegt haben. Huthi nannte seine Bewegung "Ansar Allah", die "Helfer Gottes". Er wurde im September 2004 bei Kämpfen mit den jemenitischen Sicherheitskräften getötet, die gegen die Gruppe wegen deren Separatismus und dem Streben nach einem Imamat vorgingen. Husseins Bruder Abdul-Malik al-Huthi übernahm in der Folge mit weiteren Brüdern die Führung der Gruppe, die sich vorerst auf eine Guerillataktik, vergleichbar mit jener der ebenfalls vom Iran unterstützten Hisbollah, beschränkte. Finanzieren konnten sich die Huthis unter anderem mit dem illegalen Kath-Handel.

Abdul-Malik al-Huthi auf einem Porträtfoto vor Huthi-Propagandaplakaten bei einer Kundgebung in Sanaa.
EPA/YAHYA ARHAB

Nach einer neuen Offensive der Regierungstruppen schwappte der Konflikt im Jahr 2009 über die Grenze nach Saudi-Arabien, wodurch sich auch die USA erstmals zu einem begrenzten Eingreifen gezwungen sahen.

Machtübernahme im Jahr 2015

2012 übergab der seit 1978 regierende Präsident Ali Abdullah Saleh die Macht an seinen bisherigen Stellvertreter Abed Rabbo Mansur Hadi, mit dem er sich aber bald überwarf. Saleh ging ein Bündnis mit den Huthis ein. Auch die Armee hatte Hadi nicht unter Kontrolle, und die Situation führte dazu, dass die Huthis große Teile des Landes inklusive der Hauptstadt Sanaa und der Hafenstadt Hudeida erobern konnten. Im Februar 2015 deklarierten sich die Huthis als neue Machthaber und lösten das Parlament auf, Hadi floh nach Saudi-Arabien. Im März griff schließlich Saudi-Arabien mit dem Golf-Kooperationsrat militärisch in den Konflikt ein, an dem auch der lokale Al-Kaida-Ableger und der IS beteiligt sind. Saleh kündigte 2017 seine Allianz mit den Huthis auf und wurde daraufhin von diesen ermordet.

Huthi-Rekruten schreien Slogans bei einer Zeremonie zur Beendigung ihres militärischen Trainings in Sanaa am Donnerstag.
Huthi-Rekruten schreien Slogans bei einer Zeremonie zur Beendigung ihres militärischen Trainings in Sanaa am Donnerstag.
IMAGO/Osamah Yahya

Dass die Huthis imstande sind, auch Ziele außerhalb ihres Herrschaftsbereichs anzugreifen, bewiesen sie in der Vergangenheit bereits mehrfach mit Raketenangriffen auf Einrichtungen in Saudi-Arabien, wo sie unter anderem Ölanlagen und einen Flughafen beschossen. Zuletzt versuchte Riad jedoch, zu einer Lösung mit den Huthis und ihren Hintermännern in Teheran zu kommen.

Internationaler Faktor

Die nun von den Huthis angezettelte Eskalation durch die Angriffe auf Israel und die internationale Schifffahrt zeigt, dass sie sich mittlerweile stark genug fühlen, um sich als internationaler Faktor zu positionieren. Sie verfügen über ein beachtliches Waffenarsenal. Ihre Herrschaft wird bisher jedoch lediglich vom Iran anerkannt.

Die USA stuften die Huthis 2021 als Terrororganisation ein, was Präsident Joe Biden jedoch nach seinem Amtsantritt wieder zurücknahm. Die nun durchgeführten Luftangriffe der USA und Großbritanniens auf Stellungen der Huthis quittierte die Gruppe mit der Ankündigung weiterer Gewalt: Sie würden nicht ohne "Strafe oder Vergeltung" bleiben. Die Bedrohung der internationalen Schifffahrt durch das Rote Meer werde weiterhin aufrechterhalten. (Michael Vosatka, 12.1.2024)