Marco Odermatt im Sprung.
Marco Odermatt fuhr in der Laubernhornabfahrt in einer eigenen Liga.
AFP/FABRICE COFFRINI

Wengen – Marco Odermatt hat seine Konkurrenten im alpinen Ski-Weltcup zu Statisten degradiert und erstmals die klassische Lauberhornabfahrt in Wengen gewonnen. Nach Platz zwei am Vortag im Super-G hinter Cyprien Sarazzin drehte der Schweizer den Spieß um und distanzierte den Franzosen um 0,59 Sekunden. Aleksander Aamodt Kilde stürzte am Samstag und dürfte sich schwer verletzt haben. Bester von nur vier Österreichern war Vincent Kriechmayr als Fünfter (+2,49).

Otmar Striedinger fuhr auf den zwölften Rang (+3,09), Daniel Danklmaier wurde 17. (+4,12). Stefan Babinsky stürzte in der Anfahrt zum Brüggli-S. Die ÖSV-Mannschaft wartet somit weiterhin auf den ersten Podestplatz in diesem Weltcup-Winter. In der kommenden Woche stehen in Kitzbühel zwei Abfahrten auf dem Programm.

Odermatt mit perfekter Fahrt

Odermatt zog mit Startnummer 8 eine phänomenale Fahrt in den Schnee. Sarrazin war direkt nach ihm im oberen Abschnitt bis zu Canadian Corner und Kernen-S sogar noch schneller, ab dem Mittelteil fuhr der Schweizer jedoch wie von allen irdischen Maßstäben befreit. Bei Sarrazin ließ dagegen die Kraft nach. Der drittplatzierte Südtiroler Dominik Paris hatte bereits 1,92 Sek. Rückstand. "Es war schon perfekt. Ich glaube, ich war überall wieder am Limit", sagte Odermatt im ORF-Fernsehen. "Ich wusste sehr schnell, dass das schwierig zu schlagen sein wird."

Marco Odermatt jubelt.
Marco Odermatt fuhr überragend, seine ausgelassene Freude war aber nur von kurzer Dauer.
AP/Alessandro Trovati

Seinen ersten Abfahrtssieg im Weltcup hatte Odermatt schon vor zwei Tagen in Wengen gefeiert. Da dies jedoch der Ersatz für das abgesagte Rennen in Beaver Creek war, galt es nicht als Lauberhorn-Sieg. Auch der Super-G, den Odermatt vor zwei Jahren gewonnen hatte, war ein Ersatzrennen. Nun wird der 26-Jährige endlich auf der Tafel des Siegersteins verewigt, der im Dorfkern von Wengen liegt.

Kilde abtransportiert

Der etwas kränkelnde Kilde war mit Startnummer 11 an der Reihe. Der Norweger verlor am Ende der längsten Strecke im Ski-Weltcup die Kontrolle und krachte in der Zielkurve ins Sicherheitsnetz. Das Rennen war danach fast eine halbe Stunde lang unterbrochen. Kilde war zwar bei Bewusstsein, musste aber wie am Vortag Alexis Pinturault mit dem Rettungshubschrauber abtransportiert worden. Der Lauberhorn-Sieger von 2022 und 2023 dürfte sich eine schwere Beinverletzung zugezogen haben, laut ORF-Informationen einen offenen Unterschenkelbruch.

Aleksander Aamodt Kildes Ski biegen sich, als sie auf das Fangnetz treffen.
Aleksander Aamodt Kilde schlug heftig im Netz ein.
EPA/PETER SCHNEIDER

Einen Tag vor Pinturault war bereits der Schweizer Marco Kohler in der verkürzten Abfahrt gestürzt. Beide zogen sich Kreuzbandrisse zu. Dieselbe Verletzung hatte auch der Österreicher Marco Schwarz knapp nach Weihnachten in der Bormio-Abfahrt erlitten. "Das ist auch heute wieder der fade Nachgeschmack bei diesem Sieg. Wenn ein Freund stürzt, ist das immer wirklich nicht schön", meinte Odermatt am Samstag.

Nach dem Schock durch den Kilde-Sturz war das Rennen praktisch gelaufen. Kein Athlet kam auf weniger als 2,20 Sekunden an Odermatt heran. Das war ausgerechnet Kildes Landsmann Adrian Smiseth Sejersted, der sein bestes Weltcup-Ergebnis in einer Abfahrt schaffte.

Kriechmayrs Rückstand "verheerend"

"Der Rückstand ist verheerend, so ehrlich muss man sein. Das ist, wie wenn ich einen anderen Sport mache", befand Kriechmayr nach seiner Fahrt. "Das Brüggli-S (mittlerweile Kernen-S, Anm. d. Red.) ist mit wieder nicht ganz optimal gelungen, die Ausfahrt Langentrejen habe ich auch nicht gut erwischt." Bis Kitzbühel müsse sich einiges ändern. Das Schicksal von Kilde und die lange Unterbrechung hätten aber keine Auswirkung auf seine Leistung gehabt. "Natürlich ist es immer bitter, wenn man einen anderen Athleten stürzen sieht. Aber das gehört dazu, das ist leider Teil unseren Sports."

Auch Striedinger war mit sich nicht zufrieden. "Ich bin heute nicht wirklich ganz in Fahrt gekommen", sagte der Kärntner. Wenn er versuchen würde, Odermatt zu kopieren, würde er auch im Netz landen. "Man kann keinen Skifahrer kopieren. Man hat auch einen Hermann Maier nicht kopieren können." Danklmaier analysierte: "Ich habe probiert, Gas zu geben. Es ist mir bei ein paar Passagen sogar sehr gut gelungen, aber oben vor dem Hundschopf habe ich es leider komplett versäumt." (APA, red, 13.1.2024)

Ergebnisse der Weltcup-Abfahrt der alpinen Ski-Männer am Samstag in Wengen:

1. Marco Odermatt (SUI) 2:25,64
2. Cyprien Sarrazin (FRA) 2:26,23 +0,59
3. Dominik Paris (ITA) 2:27,56 +1,92
4. Adrian Smiseth Sejersted (NOR) 2:27,84 +2,20
5. Vincent Kriechmayr (AUT) 2:28,13 +2,49
6. Adrien Theaux (FRA) 2:28,19 +2,55
7. Nils Allegre (FRA) 2:28,36 +2,72
8. Niels Hintermann (SUI) 2:28,38 +2,74
9. Ryan Cochran-Siegle (USA) 2:28,41 +2,77
10. Mattia Casse (ITA) 2:28,63 +2,99
10. Bryce Bennett (USA) 2:28,63 +2,99
12. Otmar Striedinger (AUT) 2:28,73 +3,09
13. Stefan Rogentin (SUI) 2:28,87 +3,23
14. Franjo Von Allmen (SUI) 2:29,43 +3,79
15. Josua Mettler (SUI) 2:29,53 +3,89
16. Jared Goldberg (USA) 2:29,54 +3,90
17. Daniel Danklmaier (AUT) 2:29,76 +4,12
18. Blaise Giezendanner (FRA) 2:29,82 +4,18
19. Christof Innerhofer (ITA) 2:29,95 +4,31
20. Elian Lehto (FIN) 2:30,01 +4,37
21. James Crawford (CAN) 2:30,04 +4,40
22. Alexis Monney (SUI) 2:30,27 +4,63
23. Guglielmo Bosca (ITA) 2:30,56 +4,92
24. Lars Rösti (SUI) 2:30,59 +4,95
25. Sam Morse (USA) 2:30,70 +5,06
26. Miha Hrobat (SLO) 2:30,72 +5,08
27. Gilles Roulin (SUI) 2:30,77 +5,13
28. Andreas Sander (GER) 2:30,78 +5,14
29. Pietro Zazzi (ITA) 2:30,84 +5,20
30. Luis Vogt (GER) 2:31,04 +5,40

Ausgeschieden u.a.: Stefan Babinsky (AUT), Cameron Alexander (CAN), Aleksander Aamodt Kilde (NOR), Justin Murisier (SUI), Florian Schieder (ITA)

Gesamtwertung (nach 15 Rennen):

1. Marco Odermatt (SUI) 1016
2. Marco Schwarz (AUT) 464
3. Cyprien Sarrazin (FRA) 460
4. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 440
5. Vincent Kriechmayr (AUT) 316
6. Manuel Feller (AUT) 284
7. Dominik Paris (ITA) 279
8. Filip Zubcic (CRO) 258
9. Henrik Kristoffersen (NOR) 225
10. Bryce Bennett (USA) 222
10. James Crawford (CAN) 222

Abfahrt Männer (5):

1. Marco Odermatt (SUI) 376
2. Cyprien Sarrazin (FRA) 310
3. Dominik Paris (ITA) 229
4. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 220
5. Bryce Bennett (USA) 201
6. Mattia Casse (ITA) 160
7. Nils Allegre (FRA) 146
8. Vincent Kriechmayr (AUT) 142
9. James Crawford (CAN) 132
10. Niels Hintermann (SUI) 123

Nationencup (33):

1. Schweiz 4673
2. Österreich 4260
3. Italien 3050
4. Norwegen 2115
5. USA 2068