Rinder auf der Weide.
Fleckvieh-Rinder werden gerne als Weidevieh für extensive Weidewirtschaft genutzt. In Österreich bestehen die meisten Kuhherden aus dieser Rasse, was sich auch positiv in der Klimabilanz zeigt.
imago images/Countrypixel

Die ersten Meldungen, dass das Rülpsen von Rindern den Klimawandel vorantreibe, klangen nach Satire. Die Heiterkeit war kurzlebig: Die vermeintlichen Scherzartikel erwiesen sich als wissenschaftlich fundiert, die Ausdünstungen des Viehs als ernstzunehmender Faktor bei der Erderwärmung. Seitdem gelten Rinder als Klimasünder. Bemühungen, das Problem zu entschärfen, laufen auch in Österreich.

Prinzipiell sind Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen Methan-Schleudern. Das liegt an ihrer Verdauung: Ihr Magen besteht aus vier Kammern. Die erste davon ist der Pansen, der bei Rindern bis zu 60 Kilogramm Futter aufnehmen kann. Er besitzt keine Drüsen wie unser Magen, sondern enthält massenhaft Bakterien und Einzeller, die die Aufbereitung schwer verdaulicher Pflanzennahrung erledigen. Da es im Pansen so gut wie keinen Sauerstoff gibt, nutzen die Mikroorganismen Wasserstoff - den andere Mikroorganismen zur Verfügung stellen - als Energiequelle. Überschüssiger Wasserstoff wird zu Methan (CH4) umgewandelt, das die Tiere vor allem über das Maul ständig abgeben.

Mehr Milchleistung, weniger Rinder

Methan ist nach Kohlendioxid (CO2) das zweitwichtigste anthropogene Treibhausgas und bis zu 80 Mal schädlicher als CO2. Rund ein Drittel der jährlichen vom Menschen verursachten weltweiten Methan-Emissionen stammen aus der Tierhaltung, allen voran von Rindern. Die anderen zwei Drittel fallen in erster Linie bei der Gewinnung von Erdöl und -gas an. Um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, müssten die CH4-Emissionen bis 2050 um 55 Prozent sinken. In Österreich gibt es rund zwei Millionen Rinder, davon etwa 700.000 Milch- beziehungsweise Mutterkühe. Knapp fünf Prozent des bundesweiten Treibhausgasausstoßes gehen auf ihr Konto, wobei die Emissionen in den letzten 30 Jahren um mehr als ein Viertel gesunken sind.

Klimasünder Kuh
Die Ausdünstungen von Rindern treiben die globale Erwärmung voran. Doch nicht alle Rassen belasten das Klima gleichermaßen.
Illustration: Fatih Aydogdu

Das liegt besonders daran, dass die Zahl der Rinder in dieser Zeit aufgrund der gestiegenen Milchleistung stark gefallen ist. Zugleich wird Methan - anders als das langlebige CO2 - in der Atmosphäre relativ rasch abgebaut: im Schnitt innerhalb von zwölf Jahren. Beide Faktoren haben dazu geführt, dass die CH4-Werte der Viehhaltung in Österreich heute auf demselben Stand liegen wie 1890, wie Thomas Guggenberger, Leiter des Institutes Nutztierforschung der HBLFA Raumberg-Gumpenstein, erklärt.

Höchstleistung durch Kraftfutter

Der ökologische Fußabdruck heimischer Rinder ist im internationalen Vergleich bescheiden. Das liegt auch daran, dass die Rinderzucht nicht so intensiv betrieben wird wie in anderen Ländern. Viele Rinder verbringen die Sommer auf Weiden, wodurch Landwirte weniger Kraftfutter zukaufen müssen, was die Ökobilanz aufbessert: Es werden weniger Anbauflächen für Futter benötigt, auch fallen weniger Transportwege an. Auch die Rinderrasse spielt eine Rolle: In den meisten Ländern kommt die Rasse Holstein zum Einsatz, die auf extreme Milchleistung gezüchtet ist und entsprechende Mengen Kraftfutter braucht. Heimische Herden bestehen größtenteils aus Fleckvieh, das wegen der etwas geringeren Milchleistung weniger Kraftfutter braucht.

Rassen zu züchten, die möglichst wenig Methan ausstoßen, ist das Ziel des Projekts Breed4green der Rinderzucht Austria. Zuerst muss erhoben werden, wie viel CH4 das heimische Vieh ausstößt. Denn die meisten Messungen wurden an Holstein-Rindern durchgeführt, für Fleckvieh gibt es kaum Daten. Im Zuge von Breed4green erheben Forschende vom Institut für Nutztierwissenschaften an der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien den Methan-Ausstoß der österreichischen Rinder. Dieser wird in Beziehung zu Faktoren wie Leistung und Gesundheit gesetzt. Die Idee ist, Kühe zu finden, die durch ihre genetische Veranlagung weniger CH4 emittieren, um weniger klimaschädliche Tiere zu züchten.

Kühe im Stall.
Milchkühe der Rasse Holstein im Stall. Die Rasse kommt weltweit sehr häufig zum Einsatz und ist auf hohe Milchleistung gezüchtet.
IMAGO/Zoonar

Klimafreundliche Kühe züchten

"Das ist in erster Linie für die Umwelt wichtig", sagt Werner Zollitsch vom Institut für Nutztierwissenschaften der Boku, "könnte aber auch wirtschaftlich interessant sein: Immerhin ist Methan eine sehr energiereiche Verbindung, und hohe Abgaben davon bedeuten für die Kuh einen Effizienzverlust." Er und sein Team zeigten in einem früheren Projekt, dass gute Futterverwerter unter den Kühen gegenüber weniger effizienten Tieren einen um sechs Prozent reduzierten CO2-Abdruck haben. Geforscht wird auch daran, den Methan-Ausstoß durch entsprechendes Futter zu senken. Guggenberger und sein Team experimentierten etwa mit Zitronengras als Futterzusatz. Die enthaltenen Tannine können CH4 um bis zu 15 Prozent reduzieren.

Derzeit untersucht Guggenbergers Gruppe heimische Pflanzenstoffe wie Tannennadelmehl auf ihre Klimawirksamkeit im Pansen. Reduktionen von bis zu 95 Prozent wurden von anderen Forschenden mit Rotalgen erzielt, doch lösen diese laut Guggenberger massive Entzündungen im Verdauungstrakt der Tiere aus und kommen daher nicht infrage. Doch lohnt sich der Aufwand angesichts ohnehin niedriger Methan-Werte in Österreich? "Unbedingt", sagt Zollitsch, "der Klimawandel ist eine globale Angelegenheit, alles, was wir dagegen tun können, sollten wir auch tun." (Susanne Strnadl, 20.1.2024)