Eine Heirat gilt gemeinhin als ein Höhepunkt im Leben eines Menschen. Für die Deutsche Gundula und den türkischen Kurden Hamza hingegen entwickelte sich der Standesamtstermin vergangenen Samstag zum Albtraum.

Hand mit Ehering auf dem Ringfinger, der Ring wird von einer Schere geschnitten
Keine Hochzeit für Gundula und Hamza: Die Fremdenpolizei kam mit Großaufgebot ins Standesamt und brachte den Bräutigam in Schubhaft.
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Die beiden hatten vor der Standesbeamtin bereits Platz genommen, und im Hintergrund spielte die bestellte Musik, da stand die Beamtin auf und verließ den Raum. Kurz danach kehrte sie mit mehreren Männern zurück: Fremdenpolizisten in Zivil, die den Auftrag hatten, den 26-jährigen Bräutigam festzunehmen.

Polizist: "Die Festnahme ist jetzt"

Ein von Bekannten des Paares gemachtes Video dokumentiert die Fassungslosigkeit der Brautleute. "Jetzt heiraten wir", sagt der Bräutigam, "können Sie nicht warten?" "Nein, wir können nicht warten", erwidert der Fremdenpolizist. "Es ist mein Recht zu heiraten", sagt die 40-jährige Braut und greift sich verzweifelt an den Kopf. "Ja, das ist es. Aber die Festnahme ist jetzt", sagt der Polizist.

Hamza wurde abtransportiert und nach Wien in Schubhaft gebracht. Dienstagabend wurde er in die Türkei abgeschoben. In Schloss Vösendorf war die Amtshandlung nach seiner Festnahme noch nicht vorbei: Laut Gregor Klammer, Anwalt des Paares, durchsuchten Fremdenpolizisten Taschen und Kleidung von Hochzeitsgästen.

Der Schubhaftnahme des türkischen Kurden lag ein rechtskräftiger Ausweisungsbescheid zugrunde. 2022 hatte er in Österreich um Asyl ersucht, das Ansuchen war negativ beschieden worden. Wenige Tage vor dem von langer Hand geplanten Hochzeitstermin hatte der Verwaltungsgerichtshof seinen Antrag auf aufschiebende Wirkung abgelehnt.

Ähnlicher Fall 2016

Laut Anwalt Klammer war die Amtshandlung nicht nur überschießend: "Die Adresse meines Mandanten war polizeibekannt. Wenn schon, so hätte man ihn dort abholen können." Sondern sie sei auch widerrechtlich gewesen. Das habe der Verwaltungsgerichtshof in einem ähnlichen Fall aus dem Jahr 2016 festgestellt. Darauf bezieht er sich in seiner Schubhaftbeschwerde auch jetzt.

Beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hingegen beruft man sich auf die Rechtmäßigkeit eines solchen Festnahmeauftrags. Vor der Festnahme habe es 13 solche Versuche gegeben, die der Mann durch Untertauchen vereitelt habe. Generell habe der 26-Jährige behördliche Anordnungen missachtet und sei seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, fasst die Behörde in einer schriftlichen Stellungnahme zusammen.

Der Fall ist vor dem Hintergrund der besonderen EU-rechtlichen Lage von Paaren zu sehen, bei denen eine Person EU-Bürgerin oder -Bürger und die zweite drittstaatsangehörig ist. Sind die beiden verheiratet oder verpartnert, hat der drittstaatsangehörige Partner laut Unionsrecht automatisch Aufenthalt und Arbeitsmarktzugang in der Union. Das soll dem EU-Angehörigen berufliche Mobilität unter Mitnahme seiner Familie gewährleisten.

Österreich ist strenger

In den Mitgliedsstaaten jedoch überstimmt die nationale Gesetzgebung diese Regelung. Seit 2005 hat die Heirat eines österreichischen Staatsbürgers mit einem Drittstaatsangehörigen in Österreich etwa kein Aufenthaltsrecht für Letzteren zur Folge. Er oder sie muss aus dem Ausland einen Antrag stellen.

Durchaus jedoch kommt das EU-Aufenthaltsrecht drittstaatsangehörigen Partnern von Unionsbürgern aus anderen EU-Staaten als Österreich zu, wenn sie verheiratet oder verpartnert sind: ein Umstand, der in Fällen mit asylsuchenden Drittstaatsangehörigen bereits mehrfach die Fremdenpolizei auf den Plan gerufen hat. So wie bei Hamza und Gundula, die nach der Außerlandesbringung des Bräutigams nun bis auf weiteres getrennt leben müssen. (Irene Brickner, 16.1.2024)

Der Artikel wurde um 20.15 Uhr um die Information ergänzt, dass der türkische Bräutigam abgeschoben wurde.

Um 20.43 Uhr wurde der Artikel um eine schriftliche Stellungnahme des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl zu dem Fall ergänzt.