Österreichs Sporthandel stellt sich auf Zeiten der Entbehrung ein. Vorbei sind die Jahre, in denen sich über Fahrräder, Laufschuhe und Outdoorkleidung neue Freiheit erkaufen ließ. Während der Corona-Pandemie ging der Umsatz vieler Händler dank E-Bikes durch die Decke. Monatelange Wartefristen infolge gestörter Lieferketten heizten den Boom zusätzlich an. Letztlich erwies sich dieser zu weiten Teilen als Strohfeuer.

Hervis, Tochter von Spar Österreich, stellt das Filialnetz nach hohen Verlusten wie viele andere Händler auf den Prüfstand.
© Christian Fischer

Konsumenten sind mit Sportartikeln gut eingedeckt. Statt in neue Ausrüstung zu investieren, zieht es viele wieder vermehrt auf Reisen und zu den Wirten. Großzügig bemessene Bestellungen bei der Industrie mit finanzieller Vorleistung wurden zum Bumerang.

Lager der Händler sind voll. Rabatte spülen frisches Geld in die Kassen, gehen aber zulasten der Erträge, die ohnehin von höheren Kosten für Mieten und Personal belastet sind.

Großes Aufräumen

Quer durch die Branche hat das große Aufräumen begonnen. Über Jahre mühsam aufgebaute Strukturen werden abgeklopft und fallengelassen. Das reißt Lücken in Einkaufsstraßen, die sich auch in prominenten Lagen oft über Monate hinweg nicht füllen lassen.

XXL Sports ist seit Ende Oktober hierzulande Geschichte. Die letzte Filiale schloss im Kaufhaus Gerngross in der Wiener Mariahilfer Straße. Die Flächen stehen nach wie vor leer. Man arbeite auf Hochtouren an der Neuvermietung, lässt das Centermanagement auf Nachfrage wissen. XXL selbst erzählt von einer unvergesslichen Reise in Österreich. Nach reiflicher Überlegung konzentriere man seine Ressourcen aber auf Skandinavien.

Ihr Glück mit neuen Partnern versucht die in den Konkurs geschlitterte Sport-2000-Genossenschaft Zentrasport. Sie geht unter das Dach der deutschen ANWR-Gruppe.

Neue Partner

Der Einkaufsverband vereint gut 20.0000 Unternehmen. Sport 2000 erhofft sich davon finanzielle Sicherheit und Synergien. Bisher schlossen sich 150 seiner Händler und ebenso viele Lieferanten der neuen Struktur an.

Zentrasport meldete vergangenen Juli Insolvenz an. Im November nahmen die Gläubiger den Sanierungsplan an, mussten jedoch mit einer geringeren Quote vorliebnehmen.

Unter Druck stehen zudem Sporthandelsketten, die Textilien viel Platz einräumen und damit nicht nur in Konkurrenz zu Onlineriesen, sondern auch zu Modeketten stehen. Von mageren Umsätzen je Quadratmeter von nur 500 bis 700 Euro ist in der Branche die Rede. Um rentabel zu sein, brauche es auf großen Flächen zumindest 1200 Euro.

Unruhige Zeiten

Zu jenen Konzernen, die sich wohl neu erfinden müssen, zählt auch Hervis. Das Unternehmen gehört seit 1973 zur Spar-Gruppe und ist mit seinen mehr als 200 Filialen in vielen ihrer Einkaufszentren eingemietet.

Einst expandierte Hervis von Österreich aus rasant nach Osteuropa und wagte sich nach Deutschland vor. Bis es intern zu rumoren begann. Innerhalb weniger Jahre wechselte mehrfach die Geschäftsführung.

2022 summierte sich der Jahresfehlbetrag des Konzerns bei Umsätzen von 279 Millionen Euro auf rund 30 Millionen Euro, geht aus der jüngsten Bilanz hervor. Der operative Cashflow sank zugleich auf 46 Millionen Euro. Der Verlust wurde aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrages an Spar übertragen.

Rückzug aus Tschechien

2022 erfolgte der Rückzug aus Tschechien. Hart auf der Bremse steht Hervis nun auch in Deutschland. Von zuletzt zehn Filialen sollen in Bayern nur drei bestehen bleiben, bestätigt Nicole Berkmann, Sprecherin der Spar-Gruppe. "Die Organisation wird umgebaut und in Zukunft von Österreich aus gesteuert."

Hervis arbeite intensiv daran, seine Märkte neu aufzustellen, sagt Berkmann. Das Netz an Standorten stehe in Österreich wie in allen anderen Ländern auf dem Prüfstand und werde gestrafft. Gerüchte, dass sich eine Kooperation zwischen Hervis und dem britischen Diskonter Sports Direct anbahne, der in Österreich seit Jahren den Rückwärtsgang fährt, seien aber definitiv falsch, betont Berkmann.

Rund vier Milliarden Euro geben die Österreicher jährlich für Sportartikel aus. Drei Milliarden entfallen auf Fachhändler. Den Rest jagen ihnen branchenfremde Anbieter ab.

Die Trägheit der Menschen

Mit langlebigen Konsumgütern lasse sich in Zeiten fehlenden Zukunftsvertrauens schwer reüssieren, zieht Andreas Kreutzer Bilanz.

Wie viele Hanteln und Tennisschläger liegen unbenutzt herum?, fragt sich der Marktforscher und erinnert daran, dass zwischen dem Wunsch, sportlich zu sein, und Durchhaltevermögen Welten liegen. Das zeige allein die Zahl der Anmeldungen in Fitnesscentern, die im Jänner explodiere, um sodann wieder um ein Drittel zu schmelzen. "Unterschätzen Sie nicht die Trägheit des Menschen." (Verena Kainrath, 17.1.2024)