"Nicht schon wieder": Das war der Gedanke, der einem Autobesitzer aus Toronto am 7. August 2023 durch den Kopf ging, als er auf einmal sein Fahrzeug nicht mehr in seiner Einfahrt vorfand. Trotz Diebstahlsicherung am Lenkrad war der 2022er GMC Yukon XL auf einmal weg.

Schon drei Monate zuvor war ihm ein SUV durch Diebstahl abhandengekommen, entwendet vom gleichen Standplatz. Diesmal hatte er vorgesorgt und zwei Airtags, münzgroße Tracking-Geräte von Apple, im Auto untergebracht. Das führte zu einer verzweifelten Jagd nach dem Fahrzeug, wie CBC dokumentiert.

GMC Yukon XL 2022, Foto eines SUV
Andrews SUV – hier ein Herstellerfoto des gleichen Modells – verschwand am 7. August 2023 aus seiner Einfahrt.
GMC

Gefunden, aber nicht beschlagnahmt

Der im Bericht Andrew genannte Eigentümer schaltete die regionalen Sicherheitsbehörden wie auch die Polizei von Toronto ein. Über die nächsten zwei Tage konnte er in der "Find my"-App beobachten, wie der SUV durch den Großraum Toronto bewegt wurde. Am 9. August landete er im Vorort Vaughan an einem Frachtbahnhof des Zugbetreibers Canadian Pacific Kansas City Railways. Er kontaktierte das York Police Department.

Ein Beamter nahm sich diesmal direkt der Sache an und machte sich noch an jenem Abend auf den Weg zum Zugterminal. Als er vor Ort war, schlugen die Airtags erneut an. Die kleinen Tracker verfügen zwar nicht über eigenes GPS, senden aber ein Bluetooth-Signal aus, das von allen in Reichweite befindlichen iPhones automatisch aufgegriffen und an Apples Cloud übermittelt wird. Die GPS-Daten der Smartphones ermöglichen auf diesem Wege die Ortung. In diesem Falle war es wahrscheinlich das Handy des Polizisten, welches das Signal der Airtags empfangen hatte.

Der Gesetzeshüter konnte den Standort des Wagens auf zwei aufeinandergestapelte Container eingrenzen. So nahe sollte Andrew der Rettung des SUV allerdings nicht mehr kommen. Er sei leider nicht berechtigt, die Container zu öffnen, erklärte ihm der Polizist. Zuständig sei der private Sicherheitsdienst des Zugbetreibers. Dieser reagierte aber erst am nächsten Tag auf Andrews Kontaktversuche. Da waren die beiden Container aber bereits verladen und der Zug auf die Reise geschickt worden.

Foto aus einem Polizeiwagen, das Container an einem Frachtbahnhof zeigt.
Dieses Foto übermittelte ein Polizist an Andrew. Zu diesem Zeitpunkt dürfte sich das Auto in einem der beiden Container im Vordergrund befunden haben.
Yukon Police Department

Montreal, Antwerpen, Dubai

Über einen Zwischenstopp in Smiths Falls war das Auto per 14. August schließlich zum Hafen von Montreal gebracht worden. Trotz Anrufen bei der städtischen Polizei geschah allerdings nichts. Fast einen Monat lang war ungewiss, was mit dem Fahrzeug geschehen war, ehe am 6. September erneut ein Airtags-Signal aufgefangen wurde. Es gab allerdings keine guten Neuigkeiten für Andrew, denn der Yukon XL war mittlerweile über den Atlantik verschifft worden und im Frachthafen von Antwerpen, Belgien, gelandet.

Am 26. September wurde der SUV an seiner bisher letzten bekannten Station verortet. Er hatte eine weitere lange Reise hinter sich. Laut "Find my"-App war er in den Vereinigten Arabischen Emiraten angekommen, wo er auf dem Parkplatz eines Gebrauchtwagenhändlers in Dubai stand – mehr als 11.000 Kilometer Luftlinie von Toronto entfernt. Weder die Polizei noch Interpol sahen sich imstande, Andrew zu helfen.

Er heuerte über das Internet einen privaten Ermittler in Dubai an. Dieser spürte das Fahrzeug auch erfolgreich auf. Es stand zwischen anderen Trucks und SUVs, die Fahrzeugidentifikationsnummer passte. Über drei Monate später war das Auto immer noch an Ort und Stelle. Der Händler hat es für umgerechnet 54.000 Euro im Angebot.

Weg eines gestohlenen SUV von Toronto nach Dubai auf einer Karte
Die Reise des gestohlenen SUV führte von Toronto aus über Montreal und Antwerpen bis ins 11.000 Kilometer Luftlinie entfernte Dubai.
Open Street Maps/Bearbeitung: STANDARD

"Ungewöhnlicher" Ablauf

Laut Polizei von Toronto wird weiter "aktiv" an dem Fall gearbeitet. Der Sicherheitsdienst der Canadian Pacific Kansas City Railways wie auch die Canada Border Services Agency wollten keine Auskunft zur Causa geben. Letztere erklärte aber gegenüber CBC, dass lokale Polizeibehörden stets handeln würden, wenn sie konkrete Hinweise auf den Standort eines gestohlenen Fahrzeugs erhielten.

Ein führender Ermittler der Ontario Provincial Police, Scott Wade, zeigt sich dementsprechend verwundert. Es sei "ungewöhnlich", dass man in Andrews Fall den Wagen nicht beschlagnahmte. "Wenn wir wissen, dass es in einem Containerdepot ist, unternehmen wir alle Anstrengungen, um es wiederzubekommen." Es sei außerdem "alarmierend normal", dass Kriminelle erbeutete Fahrzeuge einfach per Zug oder Lastwagen abtransportieren und dann nach Europa, in den Nahen Osten oder Westafrika exportieren. Andrew hofft weiter, vielleicht doch noch seinen SUV zurückzubekommen. (gpi, 17.1.2024)