Ein Pflichtsieg gegen Rumänien, ein Unentschieden gegen die Handballgroßmacht Kroatien und dann ein Unentschieden gegen den Vizeeuropameister und WM-Dritten Spanien: Dass Österreichs Handballer in dieser schwierigen Gruppe die Top zwei und damit die Hauptrunde der EM erreicht haben, ist eine der größten Sensationen der österreichischen Sportgeschichte. Der STANDARD blickt auf andere rot-weiß-rote Erfolge zurück, die auch die größten Optimisten nicht kommen gesehen hätten – Ergänzungen in den Postings sind ausdrücklich willkommen!

Anna Kiesenhofer: Olympiasiegerin im Straßenrennen 2021

Anna Kiesenhofer
Anna Kiesenhofer schrieb im Fuji International Speedway olympische Geschichte.
imago images/ANP

Man hatte mit allem gerechnet. Mit Annemiek van Vleuten, Elisa Longo Borghini oder einem Meteoriteneinschlag. Nur Anna Kiesenhofer hatte niemand auf dem Zettel. Die Radsportlerin aus Niederkreuzstetten, die Mathematikerin aus Lausanne fuhr bei den olympischen Spielen von Tokio 2021 mit einem perfekt kalkulierten Rennen zu Gold.

Direkt nach dem Start enteilte die Niederösterreicherin mit einer energischen Attacke dem Pulk. Zu ihr gesellten sich vier Fluchtgefährtinnen. Das Quintett, von den Favoritinnen kaum ernst genommen, zog davon. Und ward nicht mehr gesehen. Kiesenhofer schüttelte eine Kollegin nach der anderen ab und bog alleine auf die Zielgerade des Fuji International Speedway ein. "Das Erreichen meiner Ziele war die Opfer über die Jahre wert", sagte sie später im STANDARD-Interview. (Philip Bauer)

Werner Schlager: Tischtennis-Weltmeister 2003

Werner Schlager wird von seinem Masseur hochgehoben.
Werner Schlager jubelte 2003 in Paris über den Weltmeistertitel.

Werner Schlager war vor der WM 2003 die Nummer sechs der Weltrangliste, doch das reicht im Tischtennis nicht zum Mitfavoriten. Zwischen 1999 und 2023 gingen sonst sämtliche Titel im Männer-Einzel an Chinesen, mit drei Ausnahmen waren auch ihre Finalgegner aus China. Schlager schlug im Viertelfinale Wang Liqin, der 2001, 2005 und 2007 die Titel holte, und im Halbfinale Kong Linghui, immerhin Weltmeister 1995 und Vize 2001. Der Österreicher gewann gegen die Giganten aus dem Epizentrum des Tischtennis Sieben-Satz-Thriller, in beiden Partien musste er Matchbälle abwehren.

Das Finale gegen den Südkoreaner Joo Se-hyuk war dann eine vergleichsweise leichtere Übung, mit 4:2 krönte sich Schlager zum Weltmeister. "Ich habe jetzt noch Tränen in den Augen, wenn ich mir das Video anschaue", sagte er dem STANDARD für eine Oral History anlässlich des 20-Jahre-Jubiläums. (Martin Schauhuber)

ÖFB-Frauen: Im Halbfinale der EM 2017

ÖFB-Frauenteam
Grenzenloser Jubel bei Österreichs Spielerinnen nach dem EM-Sieg gegen Spanien 2017.
imago/foto2press

Schon die erstmalige EM-Qualifikation der ÖFB-Frauen hätte man als Erfolg archivieren können. Was dem Team von Dominik Thalhammer bei der Endrunde gelang, war die Steigerungsform: In der Gruppenphase wurde Österreich nach einem 1:0 gegen die Schweiz, einem 1:1 gegen Mitfavorit Frankreich und einem 3:0-Sieg gegen Island sensationell Gruppensieger, im Viertelfinale wartete im König-Wilhelm-II-Stadion von Tilburg Spanien. Gegen die Nummer 13 der Weltrangliste stand es nach 120 Minuten 0:0 – auch weil eine gewisse Jennifer Hermoso einen Weitschuss mit dem Schlusspfiff knapp über das Tor setzte.

Im Elferschießen parierte Manuela Zinsberger Silvia Meseguers Versuch, alle fünf Österreicherinnen trafen und beförderten das ÖFB-Team unter die vier Besten Europas. "Es ist unglaublich", sagte Torfrau Zinsberger. "Unschlagbar ist auch Dänemark nicht", sagte Thalhammer mit Blick auf das Halbfinale und hatte damit durchaus recht. Diesmal ging das Elfmeterschießen aber zugunsten der Gegnerinnen aus, die Sensation hatte trotz nur eines zugelassenen Gegentores in fünf Spielen ein Ende. (Martin Schauhuber)

ÖSV-Langlaufstaffel: Weltmeister 1999

Christian Hoffmann, Walter Mayer, Alois Stadlober in Ramsau bei der WM 1999
Christian Hoffmann überglücklich mit Trainer Walter Mayer nach dem Zieleinlauf über 4 x 10 km bei der WM 1999. Rechts Alois Stadlober.

Gold für Österreich! Markus Gandler, Alois Stadlober, Michail Botwinow und Christian Hoffmann sind Weltmeister in der Staffel über 4 x 10 km! So war das bei der Heim-WM 1999 in der Ramsau – bis heute das einzige WM-Gold im Langlauf für den ÖSV. Schlussläufer Hoffmann bezwang im Zielsprint den norwegischen Superstar Thomas Alsgaard. "Wir sind bei dir, Christian Hoffmann!" schrie ein enthusiasmierter ORF-Kommentator Peter Elstner ins Mikrofon: "Die Krönung für Walter Mayer!"

Nun, Mayers weiterer Weg als Trainer war von mehrfachen Dopingskandalen überschattet. Das Wunder der Ramsau bekam noch mehr Kratzer, als Hoffmann später von der Nationalen Anti-Doping-Agentur gesperrt und Botwinow aufgrund einer Falschaussage in der Causa Mayer zu einer viermonatigen bedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Aber damals, 1999, war es ein schöner Moment. "Ich knie vor euch", sagte Elstner. (Philip Bauer)

Kate Allen: Olympiasiegerin im Triathlon 2004

Kate Allen 2004 Athen Triathlon Olympische Spiele
Kate Allen geht im olympischen Triathlon 2004 als Erste über die Ziellinie.
imago/Laci Perenyi

Fünf Österreicherinnen haben Olympische Goldmedaillen bei Sommerspielen gewonnen, die ersten drei konnte man auf der Rechnung haben: Ellen Müller-Preis (Fechten, 1932), Herma Bauma (1948, Speerwurf), Elisabeth Max-Theurer (1980, Dressurreiten). Doch die vierte, die da am 25. August 2004 bei Athen aus dem Nichts kam, galt zu diesem Zeitpunkt als die größte Sensation der heimischen Olympiageschichte. Viele haben immer noch die Stimme von ORF-Kommentator Christopher D. Ryan im Ohr. Sie überschlug sich wohl auch deshalb, weil Kate Allen bis knapp vor dem Triathlon-Ziel von der TV-Regie völlig übersehen worden war.

Das lag auch daran, dass die 34-jährige Allen nach dem Schwimmen (1,5 km) 2:01 Minuten hinter der führenden Australierin Loretta Harrop und nur an 44. Stelle lag, auch nach dem Radfahren (40 km) hatte sie als 28. noch 1:30 Minuten Rückstand. Doch beim Laufen drehte die Nummer 40 der Weltrangliste in brütender Hitze so richtig auf und zog im Finish an der entgeisterten Harrop vorbei. Später gab es noch Aufregung, weil dem IOC nachträglich verklickert werden musste, dass Allen die Genehmigung hatte, ein Asthmamittel einzunehmen. Heute lebt sie mit ihrem Mann und dem zwölfjährigen Sohn in Innsbruck. (Fritz Neumann)

Eishockeyteam: 2:2 gegen Kanada bei der WM 2004

Thomas Vanek Nationalteam 2004
Thomas Vanek im Dress des österreichischen Nationalteams 2004.

"Schieß, Thomas, so schieß doch endlich!" Mario Kleinberger, den überaus Eishockey-kundigen Kollegen von der "Kleinen Zeitung", hielt es in der Sazka-Arena von Prag nicht mehr auf seinem Sitz. Er sprang auf und rief und schrie, und es war, als würde Thomas Vanek, der unten auf dem Eis in aussichtsreicher Position die Scheibe führte, ihn hören. Vanek, gerade einmal 20 Jahre alt, zog ab. Und Österreich führte im WM-Duell mit Kanada mit 2:0. Es war am 25. April 2004, und es war im zweiten Drittel. Dass diesem naturgemäß ein drittes folgen sollte und die Kanadier noch ausgleichen konnten, tat dem Jubel bei Vanek, Kleinberger und vielen anderen kaum einen Abbruch.

Österreich, tags zuvor schon mit 6:0 gegen Frankreich erfolgreich, hatte dem Eishockey-Mutterland ein Remis abgerungen, danach gelang ein weiteres gegen die Schweiz (4:4 nach 4:1-Führung). Das ergab den zweiten Gruppenplatz hinter dem Rekordweltmeister, der in weiterer Folge seinen 23. Titel unter Dach und Fach bringen sollte. In der Zwischenzeit heißt die Sazka-Arena längst O2-Arena, und Österreich hat im Eishockey immer wieder aufgezeigt, im Vorjahr sogar einen WM-Sieg über Tschechien verbucht. Aber dieser Schuss und dieses Tor von Vanek, dem Jungspund, der seine große Karriere in Nordamerika noch vor sich hatte, und das Rufen des Kollegen Kleinberger hallen bis heute nach. (Fritz Neumann)