Österreichs Handballer haben ihr Ziel bei der EM in Deutschland schon erreicht. Der Spirit der Mannschaft könnte aber für weitere Überraschungen sorgen.
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Aller guten Sensationen sind drei – also schafften es Österreichs Handballer nach den Punktgewinnen gegen Kroatien und Spanien und also nach dem Einzug in die EM-Hauptrunde tatsächlich fast ohne Verzögerung, mit der deutschen Bundesbahn von Mannheim nach Köln zu fahren, ohne Laune einzubüßen.

In der 20.000 Fans fassenden Lanxess-Arena, vormals Kölnarena, geht heute Nachmittag (15.30 Uhr, ORF 1) die wunderbare Reise der Auswahl von Coach Aleš Pajovič mit der ersten Hauptrundenpartie gegen Ungarn weiter. Am Samstagabend folgt zu bester Sendezeit (20.30 Uhr) das Duell mit den deutschen Gastgebern, am Montag wartet dann Olympiasieger und Vizeweltmeister Frankreich (18 Uhr) und am Mittwoch noch Island (15.30) – gar nicht unbedingt zum Abschluss.

Zwar wären das Überstehen der Hauptrunde und der Einzug ins Halbfinale mit Fug und Recht als Wunder zu bezeichnen, "aber dieser Mannschaft", sagt Konrad "Conny" Wilczynski dem STANDARD, "ist grundsätzlich alles zuzutrauen". Der Ex-Internationale, der in 136 Länderspielen für Österreich 578 Tore schoss und in Deutschland als sachkundiger Co-Kommentator für den ORF brilliert, bezeichnet das am Dienstagabend errungene 33:33 gegen Spanien, die Verabschiedung des Vizeeuropameisters aus dem Turnier, als "zweifellos eine der größten Sensationen, die es im österreichischen Teamsport je gegeben hat".

Wille, Glaube, Konzept

Und doch hatte der 41-jährige Unternehmer schon nach dem 28:28 über Kroatien die leise Hoffnung auf einen neuerlichen Coup des Teams. Einerseits hätten die Spanier zuvor schon geschwächelt, andererseits habe die österreichische Mannschaft gewusst, "dass es noch einmal geht". Die Art und Weise, wie es dann ging, kann Wilczynski gar nicht genug loben. Er hebt den Willen, den Glauben und das Spielkonzept hervor. Und "dass der Trainer auch seinen besten Tag erwischt hat. Er hat in jeder Situation das Richtige gemacht, alle seine Maßnahmen haben gegriffen. Er war ein enormer Rückhalt."

Der derart Gepriesene, der 45-jährige Slowene Pajovič, war noch am Tag nach dem Spanien-Spiel ergriffen vom Charakter seiner Schützlinge, vom Herz, das sie gezeigt hatten. "Jetzt müssen sie die Hauptrunde genießen. Sie haben keinen Druck."

Coach Aleš Pajovič hat für die Euro ein Topteam geformt.
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Die Größe der nächsten Aufgaben ängstige seine Spieler sicher nicht, "weil unser Ziel schon erreicht ist". Unter enormem Kraftaufwand, wie Pajovič einräumen muss. "Drei harte Spiele, der Reisetag, und es geht sofort weiter. Das Tempo ist hoch." Zwangsläufig wurden im Ringen um den Aufstieg in die Hauptrunde sieben, acht Leistungsträger besonders intensiv eingesetzt, "so kann es aber nicht immer weitergehen. Jetzt müssen unsere Spieler von der Bank die Leistung bringen." Gegen die Ungarn drohen zudem die Aufbauspieler Lukas Hutecek und Boris Zivkovic wegen Kniebeschwerden auszufallen.

Die körperliche Verfassung des Teams ist auch Wilczynskis größte Sorge, eher gering dagegen die Befürchtung, dass Spieler dem "Zufriedenheitsmodus" verfallen könnten, "sie müssen hungrig bleiben".

Gegen die Ungarn, die in der Vorrunde Montenegro, Serbien und zum Abschluss besonders beeindruckend (33:25) Island bezwangen, ist das nächste dicke Brett zu bohren. "Sie haben eine schwere Gruppe gehabt, ich war ein bisschen überrascht, wie gut sie gespielt haben", sagte Pajovič , dessen Team kurz vor der EM zwei Tests gegen die Isländer verloren hatte.

Ausdrücklich lobte Pajovič das überragende Überzahlspiel der Ungarn und die taktische Finesse deren spanischen Trainers Chema Rodríguez, mit dem er zwischen 2007 und 2009 beim spanischen Spitzenklub BM Ciudad Real zusammengespielt hatte.

Riese am Kreis

Sebastian Frimmel, Legionär beim ungarischen Spitzenklub SC Szeged, sieht in seinem Klubkollegen Bence Bánhidi die größte Gefahr, "den müssen wir unbedingt unter Kontrolle bekommen". Der 2,06 Meter hohe und gut 120 Kilogramm schwere Kreisläufer war mit 15 Toren der bisher treffsicherste Mann seines Teams. Bánhidis österreichisches Pendant ist Kapitän Mykola Bilyk, der schon bei 18 Toren hält.

Das bisher letzte Bewerbspiel gegen Ungarn gewannen die Österreicher vor zehn Jahren bei der EM-Hauptrunde in Herning mit 25:24. Das entscheidende Tor warf damals Robert Weber, der am Donnerstag zum 220. Mal den Teamdress trägt. (Sigi Lützow, 18.1.2024)

Spielplan

18.1.: Ungarn – Österreich (15.30 Uhr), Frankreich – Kroatien (18.00), Deutschland – Island (20.30)

20.1.: Frankreich – Island (15.30), Ungarn – Kroatien (18.00), Deutschland – Österreich (20.30)

22.1.: Kroatien – Island (15.30), Frankreich – Österreich (18.00), Deutschland – Ungarn (20.30)

24.1.: Österreich – Island (15.30), Frankreich – Ungarn (18.00), Deutschland – Kroatien (20.30)