Baustelle, Signa, Lamarr
Mehr Transparenz hätte den Zusammenbruch der Signa-Gruppe wohl nicht verhindert. Vielleicht wäre die Öffentlichkeit aber früher hellhörig geworden.
Regine Hendrich

Mit der Transparenz nahm es die Signa – liebevoll gesagt –nicht besonders genau. Die Immobiliengruppe legte ihre Abschlüsse jahrelang mit massiver Verspätung vor, verzichtete auf eine Konzernbilanz und zahlte lieber die vergleichsweise niedrigen Strafen, die den Geschäftsführern regelmäßig aufgebrummt wurden.

Die grüne Justizministerin Alma Zadić plädierte deshalb bereits Anfang Jänner für härtere Strafen. In einem "Fünf-Punkte-Plan gegen Bilanz-Verschleierung" konkretisiert sie nun ihr Vorhaben. Die Strafen sollen demnach massiv erhöht werden und die Geschäftsführer unter Umständen sogar strafrechtlich belangt werden können, sollten sie die Bilanzen zurückhalten, um die wahren Vermögensverhältnisse der Gesellschaft zu verschleiern.

Neue Art von Strafen

AGs und GmbHs müssen ihre Bilanzen derzeit neun Monate nach dem Geschäftsjahr beim Firmenbuch einreichen. Bei Verstößen werden alle zwei Monate Mindeststrafen von 700 Euro gegen die Geschäftsführer verhängt. Bei Mehrfachverstößen können je nach Unternehmensgröße 4200 Euro fällig werden.

Laut Zadićs Plan sollen diese Strafen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse auf bis zu 100.000 Euro erhöht werden. Zudem sollen Gerichte die Möglichkeit bekommen, eine neue Art von Strafe gegen die Unternehmen zu verhängen. Bei (mittel)großen Gesellschaften sollen Richter etwa Strafen von bis zu fünf Prozent des weltweiten Jahresumsatzes aussprechen können, wenn die Betriebe "beharrlich" gegen Offenlegungspflichten verstoßen.

Prüfen will die Justizministerin auch, ob es Lücken im Strafgesetzbuch gibt. Bislang ist es zwar strafrechtlich verboten, Bilanzen zu fälschen, nicht aber, die Bilanzen erst gar nicht vorzulegen. Dieser Tatbestand könnte erweitert werden.

Kein Überblick im Konzern

Bei der Signa Holding kam dazu, dass sie keinen konsolidierten Konzernabschluss vorlegte. An sich sollen diese Rechenwerke garantieren, dass finanzielle Verflechtungen innerhalb eines Konzerns transparent werden. Zadić will diese Konsolidierungspflicht deutlich ausweiten. So sollen Unternehmen angeben müssen, ob sie als Konzernmutter gelten.

Bei Verstößen könnte die Geschäftsführung im Extremfall mit bis zu zwei Millionen Euro bestraft werden, wenn das Unternehmen eines von öffentlichem Interesse ist, dazu gehören etwa Banken oder große Konzerne. Die Unternehmen selbst sollen zu Strafen von bis zu fünf Prozent des Jahresumsatzes oder bis zu zehn Millionen Euro verdonnert werden können.

Möglich wäre das alles freilich nur mit Zustimmung des Koalitionspartners. Die ÖVP zeigte sich zurückhaltend, sie gab bisher keine Stellungnahme ab.

Kredit von Haselsteiner?

Und wie sieht es derzeit im Signa-Insolvenzverfahren aus? Sanierungsvorstand Erhard Grossnigg ist ja dringend auf der Suche nach Geld, damit das Verfahren wie geplant fortgeführt werden kann. Aus den Kapitalspritzen der Investoren in Form von Genussscheinen ist nichts geworden, nun sollen Geldgeber mit Massekrediten einspringen. Solche Kreditgeber haben im Verfahren einen Vorteil: Ihre Forderungen werden vor jenen der einfachen Insolvenzgläubiger bedient. Allerdings braucht der Insolvenzverwalter dafür das Plazet von Gläubigern und Gericht.

Wie der STANDARD erfahren hat, ist die Signa mit Unternehmen und Banken im Gespräch, die Darlehen an die insolventen Signa-Töchter Prime und Development gewähren sollen. Vor allem, um laufende Kosten abzudecken und zu verhindern, dass deutsche Immobiliengesellschaften pleitegehen.

Üblicherweise stammen diese Kredite aus der Gesellschaftersphäre, mitunter sind sie unverzinst. Gerüchtehalber könnte Signa-Investor Hans Peter Haselsteiner dafür Geld lockermachen, ebenso die Raiffeisenbank International (RBI). Beim österreichischen Raiffeisen-Sektor steht die Signa mit rund 1,2 Milliarden Euro in der Kreide. Sowohl Haselsteiner als auch die RBI gaben keine Stellungnahme ab. (Jakob Pflügl, Renate Graber, 19.1.2024)