Es sind beeindruckende Bilder aus Berlin: Mindestens sechstausend Traktoren reihten sich am Dienstag in der deutschen Hauptstadt aneinander, etwa vor dem berühmten Brandenburger Tor. Der Druck durch die Bauernproteste ist so groß, dass die deutsche Ampelregierung ihre Reformpläne abschwächen und den Landwirten entgegenkommen will.

Traktorendemo in Berlin 
Solche Bilder wie aus Berlin will die FPÖ auch in Wien erzeugen
IMAGO/Florian Gaertner

Ähnliche Bilder will die FPÖ in Österreich. Am Freitag soll ab 13 Uhr die Wiener Ringstraße mit Traktoren blockiert werden. Inspiration dafür holten sich die Abgeordneten Susanne Fürst und Peter Schmiedlechner zuletzt vor Ort in Berlin. Doch während in Deutschland mit Unterstützung großer Bauernverbände gegen konkrete Regierungspläne wie das Aus für Dieselsubventionen in der Landwirtschaft demonstriert wurde, ist die Ausgangslage in Österreich diffus.

"Importstopp für ukrainisches Getreide"

"Mit den Hungerlöhnen und dem Bauernsterben muss ein Ende sein", sagte etwa Schmiedlechner, der freiheitlicher Landwirtschaftssprecher ist. "Helft alle mit, die unter ÖVP & Grünen leiden! Gern auch andere Gewerbe und Konsumenten!", postete der blaue Generalsekretär Michael Schnedlitz auf Facebook. Die Liste der Forderungen umfasst einen "Importstopp für ukrainisches Getreide", "Stopp dem Bürokratiewahnsinn" und "Unterstützung der Produktion heimischer Bauern", etwa durch einen Ausstieg aus dem Green Deal der EU.

Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Bauernproteste Stück für Stück von rechts außen und der AfD unterstützt bis gekapert wurden, werden die Demos in Österreich von Rechtsaußen initiiert. Das ist logisch, ist das Landwirtschaftsressort in der Hand des ÖVP-Bauernbunds, der größten politischen Interessensvertretung der Landwirte.

Video: Tausende Bauern legten Zentrum Berlins lahm - und buhten Lindner aus.
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Alte Bekannte

So mobilisieren neben der FPÖ eben jene Personen, die sich durch die Corona-Demos einen Namen gemacht und teils eine rechtsextreme Vergangenheit haben. Etwa Hannes Brejcha, der in freundlichem Austausch mit Neonazi Gottfried Küssel fotografiert wurde. Seine Initiative "Fairdenken" werde für die Bauerndemo "alles mobilisieren, was Räder und Füße hat", schrieb Brejcha auf Facebook.

Auch ein prominenter Corona-Maßnahmengegner, nämlich Martin Rutter, interessiert sich für "Bauernproteste" - besonders in Deutschland. Auf Telegram teilte Rutter die Verschwörungstheorien und kritisierte, dass die Proteste im Nachbarland vom "System" selbst initiiert worden seien. Aber Rutter begrüßte "jeden echten Widerstand", der sich den besagten Protesten anschließe. "Wir beobachten seit den Corona-Demos mit Sorge, wie Proteste von Rechtsextremen angefeuert und vereinnahmt werden. Sie eskalieren bewusst, um unsere Demokratie zu schwächen", sagt Veronika Bohrn Mena, Vorsitzende der gemeinnützigen Stiftung Comun, die eine Anlaufstelle für Opfer rechter Angriffe anbietet.

Der österreichische Staatsschutz behält den freiheitlichen Bauernprotest genau wegen solcher Umtriebe genauestens im Blick. Denn Ermittler gingen fest davon aus, dass sich dort "einige" Rechtsextreme tummeln werden. Wie groß die Demonstration tatsächlich wird, ließ sich für die Sicherheitsbehörden jedoch nur schwer einschätzen. Das Protestpotenzial dürfte überschaubar bleiben. Nicht nur, dass der Anlass in Deutschland ein anderer war. Der größte Teil der 420.018 Personen aus Land- und Forstwirtschaft sind im Bauernbund der ÖVP verankert: 236.000 Mitglieder.

Wohl auch deshalb erwartet die FPÖ selbst laut offiziellen Polizeiinformationen 200 bis 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Darüber hinaus sollen landwirtschaftliche Fahrzeuge aufgestellt werden. Die Wiener Polizei ging davon aus, dass es zu keinen Verkehrsbehinderungen kommen werde. Beim blauen Bauernprotest handle es sich um eine Standkundgebung. Mit Verzögerungen sei vor allem bei der An- und Abreise zu rechnen. (Jan Michael Marchart, Fabian Schmid, 19.1.2024)