Mit unserer Serie haben wir aufgrund des Hypes rund um ChatGPT und des herannahenden AI Act der EU kurz innegehalten. Es wird daher einleitend an unsere Beiträge "Künstliche Intelligenz trifft Urheberschaft", "Wer bin ich, und wenn ja wie viel KI?" und "KI als Erfinder und Patentinhaber?" erinnert.

Zum AI Act soll es in den EU-Trilogverhandlungen nach 36 Stunden am 08.12.2023 eine politische Einigung gegeben haben. Der finale Text liegt aber noch nicht vor. Dieser soll am 24.1.2024 kommen und einige neue Regelungen auch im Zusammenhang mit KI und dem geistigen Eigentum bringen – wir dürfen gespannt sein und werden berichten!

KI kein Urheber

Wir haben schon unsere Analyse kundgetan, dass eine KI an und für sich keine urheberrechtlich geschützten Werke schöpfen kann, es sei denn, sie wird ausschließlich als Tool zur Unterstützung des menschlichen Schöpfungsakts eingesetzt: Die urheberrechtsrelevante Schöpfung ist ein höchstpersönlicher, vertretungsfeindlicher Realakt, bei dem die "Eigentümlichkeit" der Persönlichkeit des menschlichen Schöpfers entspringt. Wenn daher der menschliche Beitrag im Werk der KI völlig in den Hintergrund tritt oder keine geistige Verbindung des Werks zum Menschen mehr besteht, gibt es keinen Urheberrechtsschutz für die von der KI generierte Leistung.

In diesem Sinne hat auch der US District Court of Columbia am 18.8.2023 zum US-Copyright Act ausgesprochen: Die menschliche Urheberschaft ist ein wesentlicher Bestandteil eines gültigen Urheberrechtsanspruchs. Daher kann kein Werk urheberrechtlich geschützt sein, das vollständig von einem künstlichen System ohne menschliche Beteiligung erzeugt wurde.

Im Dezember 2023 soll das Pekinger Internetgericht hingegen das Urheberrecht für ein KI-generiertes Bild anerkannt haben, weil der Nutzer ein gewisses Maß an intellektueller Investition durch die Auswahl des Prompts, die Festlegung der Parameter und die Gestaltung geleistet habe, und das KI-generierte Bild die ursprüngliche geistige Investition des menschlichen Nutzers widerspiegele.

Die Entscheidungen aus den USA und aus China stehen nicht im Widerspruch, weil bei der Entscheidung aus China die KI offensichtlich bloß als Werkzeug zur menschlichen Schöpfung angesehen wurde.

KI kein Erfinder

KI kann – außer sie wird ausschließlich als Tool zur Unterstützung im Erfindungsprozess eingesetzt – auch keine patentfähigen Erfindungen hervorbringen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat schon 1966 – natürlich noch nicht im KI-Kontext – ausgesprochen: Aus dem Erfinderpersönlichkeitsrecht sei abzuleiten, dass ausschließlich ein Mensch Erfinder sein kann. Juristische Personen können daher nicht Erfinder sein. Auch wenn daher eine KI autonom bestimmte Problem- und Lösungsformulierungen festlegt und auch autonom "erfindet", liegt dennoch keine patentierbare Erfindung vor.

Das hat der britische Supreme Court am 20.12.2023 zu einer Patentanmeldung von "Dabus" bestätigt: Der "altbekannte" Stephen Thaler, Entwickler des "Dabus"-KI-Systems, welches die Erfindungen hervorgebracht habe, hatte das Patent für "Dabus" angemeldet. Thaler hat nicht behauptet, dass er der Erfinder sei und "Dabus" nur als ein hochentwickeltes Werkzeug benutzt habe, sondern dass "Dabus" selbst der Erfinder sei. Nach Analyse des britischen Patentgesetzes zu den Begriffen "Personen" und "Erfinder" kam der UK Supreme Court zum Schluss, dass Erfinder eine natürliche Person sein muss, und dass "Dabus" überhaupt keine Person, geschweige denn eine natürliche Person, ist: "Dabus" ist eine Maschine! Da es somit keinen "Erfinder" gibt, folgte daraus für UK zwangsläufig, dass es keine Person gibt, der ein Patent erteilt werden könnte – die "Erfindung" ist daher nicht patentfähig.

Doch der bunte Blumenstrauß an Gesetzen zum geistigen Eigentum hat noch andere Blüten zu bieten:

KI als Markenentwickler

Auch wenn das Markenrecht auf dem Konzept der menschlichen Wahrnehmung von Kennzeichen und der Neigung des Durchschnittsverbrauchers basiert, ähnliche Zeichen zu verwechseln, erwähnt die gesetzliche Markendefinition den Menschen als Markenentwickler nicht. Es wird ausschließlich auf die Eignung des – von wem auch immer geschaffenen und wie auch immer entstandenen – zur Marke angemeldeten Zeichens abgestellt, registrierungsfähig und unterscheidungskräftig zu sein: Die Marke soll es den beteiligten Verkehrskreisen ermöglichen, mit der Marke gekennzeichnete Waren oder Dienstleistungen von jenen anderer zu unterscheiden. Marken können dabei Zeichen aller Art sein, insbesondere Wörter oder Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Farben, die Form oder Verpackung der Ware oder Klänge. Die Zeichen müssen aber im Markenregister in einer Weise dargestellt werden können, dass der Schutzumfang klar und eindeutig bestimmt werden kann. Neben diesen und anderen "materiellen Voraussetzungen" bedarf der Erwerb des Markenrechtes (im engeren Sinne) die formelle Eintragung der Marke in das Markenregister.

Zeichnung R2D2, Apple, Hut
KI kann eine Marke vor Augen haben: Von ihr entwickelte Zeichen können als Marken angemeldet werden.
Zeichnung: Daniel Jokesch

Konsequenz der "nichtmenschlichen Markendefinition" ist, dass KI also Kennzeichen entwickeln kann, die dann als Marken angemeldet und registriert werden können. Der Markeninhaber kann aber nicht die KI selbst sein – wie es das US-Gericht schon ausgesprochen hat: KI ist und bleibt eine nicht rechtsfähige Maschine!

KI als Markenrechtsverletzer

KI kann anderseits Markenrechte verletzen. Die Verletzung ist in diesem Fall aber auch dem Nutzer zuzurechnen, also einer (natürlichen oder juristischen) Person. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte sich am 22.11.2022 damit zu befassen, ob ein vollautomatisierter Vorgang eine Markenrechtsverletzung bewirken kann: Es ging um die Google-Technologie der "Dynamischen Suchanzeigen", bei welcher auf den Inhalt der Website des Werbenden zugegriffen und daraus – auf nicht bekanntem Weg – von einem Google-Algorithmus die jeweilige Anzeige erstellt wird. Ohne konkretes Zutun des Beklagten wurde so im konkreten Fall der Begriff "Airbutler", die Marke des Klägers, in den Google-Anzeigen des Beklagten angezeigt. Der OGH stellte in diesem Zusammenhang sogar fest, dass für den Beklagten keine konkreten Schritte zur Verhinderung der Verwendung der Marke des Klägers möglich waren: Die betreffenden Begriffe könnten zwar als Keywords im Vorhinein manuell explizit ausgeschlossen werden, dazu müsste der Werbende aber das Problem antizipieren.

Der OGH kam dennoch zur Verurteilung: Selbst unter der für den Beklagten günstigsten Annahme, dass die Gestaltung der Anzeige ohne näheres Zutun des Beklagten aufgrund der Google-Algorithmen erfolgte – also sogar ohne ausdrückliche Erwähnung des Begriffs "Airbutler" auf der Website des Beklagten –, hat sich der Beklagte dennoch der Werbeform einer Dynamischen Suchanzeige bedient. Warum der Werbende durch die Verwendung einer solchen Werbetechnologie von vornherein seiner Verpflichtung entledigt sein sollte, keine markenverletzende Werbung zu betreiben, war für den OGH nicht nachvollziehbar. Aus dem Einsatz einer Werbetechnologie, die Markenverletzungen mit sich bringt und eine inhaltliche Einflussnahme durch den Werbenden einschränkt, lässt sich nicht folgern, dass ein unbeteiligter Dritter als Markeninhaber diese Verletzung dulden müsste, die ausschließlich aus der Sphäre des Werbenden stammt. Auch wenn dem Beklagten die konkrete Funktionsweise der eingesetzten Algorithmen nicht bekannt sein mag, ist ihm als Auftraggeber die Tätigkeit von Google beziehungsweise vom Algorithmus zuzurechnen.

Wir schreiben laut: Richtig so! Wer KI einsetzt, hat dadurch wohl Vorteile, aber er muss auch die Konsequenzen verantworten! Das mag im Zusammenhang mit Markenverletzungen bitter sein, weil Unterlassungs-, Beseitigungs-, Urteilsveröffentlichungs- und insbesondere auch Entgeltansprüche unabhängig vom Verschulden zugesprochen werden können.

KI als Opfer von Markenverwechslung?

Es ist nicht nur eine Markenrechtsverletzung, wenn von einem Dritten gestattungslos ein identisches Zeichen für identische Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, für welche die Marke registriert ist (sogenannte "Doppelidentität"). Das Markenrecht schützt den Markeninhaber auch davor, dass gestattungslos ähnliche Zeichen für ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, soweit dadurch bei den beteiligten Verkehrskreisen die Gefahr der Verwechslung zwischen den gekennzeichneten Leistungen bestehen könnte.

Wenn KI in die(se) beteiligten Verkehrskreise "eingeführt" wird, etwa als sogenannte "erwerbsoptimierende Softwareagenten", wird die KI eine perfekte Wahrnehmung der Zeichen und ein perfektes Gedächtnis haben, sodass Verwechslungsgefahr praktisch ausgeschlossen ist. Unter Umständen müssten dann – zumindest im Bereich, wo ausschließlich KI eingesetzt wird – die markenrechtlichen Grundsätze neu überdacht werden.

Cyborgs und Bionics

Es bleibt aber bei der KI nicht nur markenrechtlich spannend! Mit beziehungsweise über die KI wird die "Verschmelzung" von Mensch und Maschine und auch Pflanzen und Maschine beziehungsweise der gezielte Eingriff in das Pflanzengenom immer realistischer. Auch hier ist das Recht des geistigen Eigentums, konkret KI und das Sortenschutzrecht, zu untersuchen. Das werden wir im nächsten Beitrag tun. (Max Mosing, Daniel Jokesch, 22.1.2024)