Warschau - Die polnische Regierung hat bei der geplanten Umstrukturierung der öffentlich-rechtlichen Medien einen Dämpfer erlitten. Eine Auflösung der staatlichen Radiosender, des Fernsehens und der Nachrichtenagentur sei illegal, entschied das polnische Verfassungsgericht am Donnerstag. "Das Recht, Mitglieder der Geschäftsführung zu entlassen, liegt ausschließlich beim Nationalen Medienrat", fügte es mit Blick auf die von der Vorgängerregierung ins Leben gerufene Institution hinzu.

Bereits am 20. Dezember wurde der Nachrichtensender TVP Info zwischenzeitlich abgeschaltet.
Bereits am 20. Dezember wurde der Nachrichtensender TVP Info zwischenzeitlich abgeschaltet.
Foto: IMAGO/Aleksander Kalka

Das Kulturministerium bezeichnete das Urteil kurz darauf als ungültig. Es berief sich dabei auf Unregelmäßigkeiten bei der Berufung der Richter, die alle unter der kürzlich abgelösten national-konservativen PiS-Regierung ernannt wurden. Zudem verwies das Ministerium auf frühere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach das Verfassungsgericht in seiner derzeitigen Zusammensetzung kein unabhängiges Organ sei.

Damit verschärft sich der Streit zwischen der neuen Regierung um Ministerpräsident Donald Tusk und Anhängern der ehemaligen Regierungspartei PiS, zu denen auch Präsident Andrzej Duda gehört.

Unter der ehemaligen PiS-Regierung war Polen in mehreren Bereichen auf Konfrontationskurs zur Europäischen Union gegangen. Wegen Zweifeln an der Rechtsstaatlichkeit stieß etwa die Justizreform der PiS in Brüssel auf scharfe Kritik. Aber auch der Umgang mit den Medien wurde moniert. Die Staatengemeinschaft hat deshalb milliardenschwere Hilfen eingefroren, die für Polen bestimmt sind.

Konflikte nach Machtwechsel

Der frühere EU-Ratspräsident Tusk will nun die Justizreform der PiS ebenso rückgängig machen wie Strukturen in den öffentlich-rechtlichen Medien reformieren. Bereits am 20. Dezember wurde der Nachrichtensender TVP Info zwischenzeitlich abgeschaltet, die anderen TVP-Kanäle sendeten für einige Zeit keine Nachrichten. Zudem wurden Führungskräfte öffentlich-rechtlicher Medien entlassen. Tusk und seine Anhänger warfen staatlichen Medien - allen voran TVP Info - einseitige Berichterstattung zugunsten der PiS-Regierung vor.

Der Konflikt um die polnische Medienlandschaft ist einer von mehreren, die nach dem Machtwechsel beim deutschen Nachbarn entbrannt sind. Zwar zweifeln zahlreiche Anwälte angesichts der aktuellen Besetzung des polnischen Verfassungsgerichts an dessen Legitimation. Einige andere, wie etwa die Helsinki-Stiftung für Menschenrechte, stellen die Maßnahmen des Kulturministeriums jedoch in Frage. (APA, Reuters, 19.1.2024)