Mykola Bilyk ballt nach seinem Siegestreffer gegen Ungarn die Fäuste.
Mykola Bilyk, Spezialist für entscheidende Tore.
AP

Natürlich wäre jeder Spieler und wären alle Coaches und Physios des Handballteams, das da bei der EM in Deutschland für Furore sorgt, zu besingen. Doch wenn man, wie es hier Usus ist, einen hervorheben wollte, dann, ja, dann müsste es Mykola Bilyk sein. Er ist Teamkapitän, wirft die meisten Tore – und oft entscheidende wie zuletzt beim 30:29 über Ungarn.

Wie auf einem Traumschiff segeln sie dahin, die Handballer, die sensationell auch gegen Kroatien bestanden und Spanien verabschiedeten. Aktuell liegen sie sogar auf Semifinalkurs. Das Duell mit Deutschland am Samstag (20.30 Uhr) in Köln weist den Weg. ORF 1 überträgt live, ein Handballquotenrekord ist garantiert.

Für Bilyk ist die Partie auch insofern besonders, als er die Gegner aus seinem Alltag kennt. Der 27-Jährige spielt seit 2016 für den deutschen Rekordmeister THW Kiel. Diesem war der Wiener schon 2014 als Schützenkönig und bester Spieler der U20-EM aufgefallen. Mit 17.

Meister mit dem Papa

Zur Welt gekommen ist Bilyk nicht in Wien, sondern in Tunis, aber seine Wurzeln hat er in Donezk. Sein Vater Serhij, der ukrainischer Handballteamgoalie war, stand in Tunis unter Vertrag und im Tor, als Mykola 1996 das Licht der Welt erblickte. Drei Jahre später übersiedelte die Familie nach Wien, und der Papa hütete bei den Fivers Margareten das Tor. Dann dauerte es ein wenig, bis Sohn und Vater Bilyk gemeinsam für Margareten spielten und 2016 sogar den Meistertitel feierten. Da galt Rückraumspieler Mykola längst als herausragendes Talent.

Mit der Ukraine verbindet ihn mittlerweile weniger die Erinnerung an Ferien am Schwarzen Meer als die Sorge um Freunde und Verwandte. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs ist ihm die ukrainische Schreibweise seines Vornamens lieber, "Nikola" hat ausgedient. Der 1,98 Meter große, hundert Kilogramm schwere Spielmacher gewann mit Kiel schon einmal die Champions League und etliche nationale Titel. Nach einem Kreuzbandriss 2020 bekam er genügend Zeit, wieder völlig fit zu werden.

Seit zwei Monaten wartet nach einem Spiel neben seiner Frau Tamara auch die kleine Olivia auf Mykola Bilyk. "Ihr ist es egal", sagt er, "wie das Match ausgegangen ist." Angesichts der Euphoriewelle, die das Handballtraumschiff Österreich ausgelöst hat, ist man fast versucht zu sagen: aber nur ihr. (Fritz Neumann, 19.1.2024)