Cyprien Sarrazin mit einer fabelhaften Fahrt auf dem Weg zum Double auf der Streif.
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Kitzbühel - Halleluja, was war das für ein Rennen? Die aktuell besten zwei Abfahrer der Welt haben sich auch in der Hahnenkammabfahrt am Samstag bei Prachtwetter in Kitzbühel ein grandioses Duell geliefert. Als der mit Startnummer sieben gestartete Weltcupdominator Marco Odermatt mit 1,31 Sekunden Vorsprung auf den US-Amerikaner Ryan Cochran-Siegle abschwang, jubelte der am Freitag drittplatzierte Schweizer, als hätte er bereits gewonnen.

Doch unmittelbar nach dem Double-Gewinner von Wengen legte Vortagessieger Cyprien Sarrazin eine noch weit bessere Fahrt hin, benötigte 0,91 Sekunden weniger lang, um die Streif erneut mit Bestzeit zu bewältigen. Euphorisiert sprang der 29-jährige Franzose auf den Air-Fence im Zielraum und ließ sich in Siegerpose von den über 40.000 Zuschauern, darunter die "Steirische Eiche" Arnold Schwarzenegger, feiern.

Fast perfekter Lauf

An seine Bestzeit sollte keiner mehr herankommen. "Ich kann es nicht glauben. Es war ein verrückter Lauf. Fast perfekt, denn Perfektion gibt es nicht", sagte Sarrazin. "Ich wusste, dass nach mir der große Favorit kommt. Ich habe auch gemerkt, dass es oben nicht gepasst hat", sagte Odermatt.

Der Italiener Dominik Paris, Sieger auf der Streif 2017 und 2019 sowie Gewinner des Super-Gs 2015, hatte als Dritter bereits 1,44 Sekunden Rückstand auf den nun fünffachen Weltcupsieger, der wie der Schweizer Beat Feuz 2021 das Double in Kitzbühel holte. Sarrazin gelang als zweitem Franzosen nach Luc Alphand 1995 ein Abfahrts-Double in Kitzbühel. Dabei stand der frühere Riesentorlaufspezialist erst zum 14. Mal am Start einer Weltcup-Abfahrt.

Cyprien Sarrazin ganz nahe an den Fans.
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Nach dem zweitschlechtesten Abschneiden in der Kitzbühel-Geschichte am Freitag zeigten sich die Österreicher verbessert. Stefan Babinsky (+1,69) raste überraschend auf Platz vier und nur um 25 Hundertstel am Podest vorbei, Vincent Kriechmayr (1,73), am Freitag als Siebenter bester Österreicher, wurde Sechster. Der Vorjahressieger verspielte mit Fehlern im oberen Streckenabschnitt einen Podestplatz. "Oben ist es mir wirklich missglückt", resümierte der Routinier. "Sieben Zehntel Rückstand bei der Steilhang-Ausfahrt ist viel zu viel, da kannst du nicht mehr mitkämpfen." In der Traverse sei er zudem von der Ideallinie abgekommen, "da habe ich kämpfen müssen, dass ich drin bleibe". Positiv aber sei, dass "der Speed wieder da" sei.

"Mir taugt es extrem, dass ich es heute auf die Ski gebracht habe. Es war von Start weg bis ins Ziel ein brutaler Kampf um die Linie", sagte Babinsky. "Ich glaube, man braucht nicht viel dazu sagen. Wenn man als österreichischer Abfahrer in Kitzbühel abschwingt und auch noch gut gefahren ist, ist das ein Wahnsinn."

Abschied von Neumayer und Dreßen

Vergleichsweise sehr stark präsentierte sich Christopher Neumayer (2,08), der als Zwölfter sein bestes Weltcupergebnis holte. Der 31-jährige Salzburger verkündete hernach überraschend sein Karriereende. "Ich war vom Kopf her nicht mehr bereit, Vollgas zu geben", sagte er nach seinem letzten Rennen. "Es war ein Auf und Ab mit Europacup und Weltcup. Es war für mich extrem schwer, dass ich mich auf etwas konzentriere. Mich hat das dann immer so runtergezogen. Ich habe nicht mehr richtig trainieren können, weil mir das so nahe gegangen ist." Weil er nicht mehr alles geben könne, wolle er einfach nicht mehr.

Der von Knieproblemen geplagte Daniel Hemetsberger (2,30) zeigte sich nach einem völlig verpatzten Lauf am Freitag, als er nur 52. wurde, verbessert, reihte sich immerhin als 19. ein. Für Daniel Danklmaier (26.), Otmar Striedinger (32.), Raphael Haaser (36.) und Felix Hacker (43.) lief es weniger gut.

Thomas Dreßen beendete sechs Jahre nach seinem größten Triumph seine Karriere. Der Deutsche hatte 2018 in Kitzbühel seinen ersten von fünf Weltcupsiegen gefeiert. "Es ist einfach so, dass es körperlich nicht möglich ist, ganz vorne mitzufahren", sagte er im Vorfeld der Hahnenkammrennen. Die Entscheidung sei ihm "natürlich nicht leicht gefallen". Dreßen betonte bei einem Medientermin, dass es auch ein Leben nach dem Leistungssport gebe und er auch später noch mit seinen Kindern Sport betreiben möchte.

Emotionaler Abschied von Thomas Dreßen.
IMAGO/Hartenfelser

Der 30-Jährige aus Garmisch-Partenkirchen musste sich in den vergangenen Jahren zahlreichen Operationen an Hüfte und Knie unterziehen. Er hatte sich 2018 bei einem Sturz in Beaver Creek unter anderem einen Kreuzbandriss und einen Knorpelschaden zugezogen, kämpfte sich noch einmal zurück und gewann 2020 in Saalbach-Hinterglemm noch einmal ein Rennen. Die Probleme mit dem kaputten rechten Knie aber blieben.

Am Sonntag wird das Hahnenkammwochenende mit dem Slalom am Ganslernhang (10.30 und 13.30 Uhr, live ORF 1) abgeschlossen. Großer Favorit ist der dreifache Saisonsieger Manuel Feller, der in Gurgl, Adelboden und Wengen triumphiert hat. "Es war ein super Start, besser geht es fast gar nicht. Es ist schön, mit so einer Form zu den Heimrennen zu kommen", sagte der 31-Jährige in einer Medienrunde am Freitag. Jeder Hang sei jedoch anders, im Slalom gebe es "60 Tore, bei denen man einen Blödsinn machen kann." Zudem werde der Schnee wieder anders und die Karten daher neu gemischt sein. (Thomas Hirner, 20.1.2024)

Weltcup-Abfahrt der alpinen Ski-Männer am Samstag in Kitzbühel:

1. Cyprien Sarrazin (FRA) 1:52,96
2. Marco Odermatt (SUI) 1:53,87 +0,91
3. Dominik Paris (ITA) 1:54,40 +1,44
4. Stefan Babinsky (AUT) 1:54,65 +1,69
5. Maxence Muzaton (FRA) 1:54,68 +1,72
6. Vincent Kriechmayr (AUT) 1:54,69 +1,73
7. Blaise Giezendanner (FRA) 1:54,70 +1,74
8. Alexis Monney (SUI) 1:54,71 +1,75
9. Nils Allegre (FRA) 1:54,72 +1,76
10. Stefan Rogentin (SUI) 1:54,80 +1,84
11. Elian Lehto (FIN) 1:54,99 +2,03
12. Christopher Neumayer (AUT) 1:55,04 +2,08
13. Mattia Casse (ITA) 1:55,05 +2,09
13. Guglielmo Bosca (ITA) 1:55,05 +2,09
15. Florian Schieder (ITA) 1:55,09 +2,13
16. Ryan Cochran-Siegle (USA) 1:55,18 +2,22
17. Sam Morse (USA) 1:55,24 +2,28
18. Matthieu Bailet (FRA) 1:55,25 +2,29
19. Daniel Hemetsberger (AUT) 1:55,26 +2,30
20. Arnaud Boisset (SUI) 1:55,28 +2,32
21. Miha Hrobat (SLO) 1:55,38 +2,42
22. Justin Murisier (SUI) 1:55,44 +2,48
23. Andreas Sander (GER) 1:55,50 +2,54
24. Cameron Alexander (CAN) 1:55,52 +2,56
25. Niels Hintermann (SUI) 1:55,54 +2,58
26. Daniel Danklmaier (AUT) 1:55,56 +2,60
27. James Crawford (CAN) 1:55,71 +2,75
28. Simon Jocher (GER) 1:55,72 +2,76
28. Brodie Seger (CAN) 1:55,72 +2,76
30. Adrien Theaux (FRA) 1:55,84 +2,88
weiter:
32. Otmar Striedinger (AUT) 1:55,94 +2,98
36. Raphael Haaser (AUT) 1:56,05 +3,09
43. Felix Hacker (AUT) 1:56,82 +3,86

Ausgeschieden u.a.: Jared Goldberg (USA), Franjo Von Allmen (SUI), Jeffrey Read (CAN), Nils Alphand (FRA), Adrian Smiseth Sejersted (NOR)

Weltcup-Gesamtwertung (nach 18 Rennen):

1. Marco Odermatt (SUI) 1156
2. Cyprien Sarrazin (FRA) 660
3. Marco Schwarz (AUT) 464
4. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 440
5. Vincent Kriechmayr (AUT) 392
6. Manuel Feller (AUT) 384

7. Dominik Paris (ITA) 379
8. Atle Lie McGrath (NOR) 290
9. Henrik Kristoffersen (NOR) 285
10. Filip Zubcic (CRO) 268

Abfahrt (7):

1. Marco Odermatt (SUI) 516
2. Cyprien Sarrazin (FRA) 510
3. Dominik Paris (ITA) 329
4. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 220
5. Vincent Kriechmayr (AUT) 218
6. Bryce Bennett (USA) 207
7. Nils Allegre (FRA) 201
8. Florian Schieder (ITA) 194
9. Mattia Casse (ITA) 180
10. Ryan Cochran-Siegle (USA) 172

Mannschaft Männer (18):

1. Schweiz 2876
2. Österreich 2385
3. Frankreich 1864
4. Norwegen 1480
5. Italien 1347
6. USA 762
7. Kanada 515
8. Deutschland 500
9. Kroatien 377
10. Slowenien 228

Nationencup (39):

1. Schweiz 5548
2. Österreich 4893
3. Italien 3505
4. Norwegen 2513
5. USA 2433
6. Frankreich 2326
7. Kanada 1212
8. Deutschland 1137
9. Schweden 902
10. Slowakei 802