Ein zerstörtes Haus in Lyman, Donezk. Über den Jahreswechsel bombardierten die russischen Streitkräfte die Ukraine intensiv.
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Kiew – Die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben in der Nacht auf Montag einen russischen Drohnenangriff vollständig abgewehrt. Alle acht Kampfdrohnen des iranischen Bautyps Shahed 136/131 seien abgefangen worden, teilte die Luftwaffe mit. Unabhängig überprüfbar waren diese Angaben nicht. Die Fluggeräte seien an der russischen Küste des Asowschen Meeres gestartet worden, hieß es. Dort ist die Gegend von Primorsko-Achtarsk häufig Ausgangspunkt von Drohnenangriffen.

Abgeschossen wurden die Drohnen den Kiewer Angaben zufolge über den südukrainischen Gebieten Mykolajiw, Cherson, Dnipropetrowsk und Kirowohrad. Im Gebiet Dnipropetrowsk fielen Trümmer nach Behördenangaben auf eine Fabrik und verursachten einen Brand. Verletzte habe es nicht gegeben.

Brand in russischem Gasterminal gelöscht

Die Ukraine verteidigt sich seit fast zwei Jahren gegen eine großangelegte russische Invasion. Dazu gehört fast jede Nacht auch die Abwehr von Drohnenangriffen. Über den Jahreswechsel bombardierten die russischen Streitkräfte das Nachbarland intensiv mit einer Kombination aus verschiedenen Raketentypen, Marschflugkörpern und Drohnen. Mitte Jänner wurden indes ein russisches Frühwarnaufklärungsflugzeug vom Typ A-50 und eine fliegende Kommandozentrale Il-22M abgeschossen. Sie sind für diese Art Angriff nötig. Seitdem sind kombinierte Attacken fürs Erste ausgeblieben.

Indes dürfte das Feuer, das durch einen Drohnenangriff auf den Hafen Ust-Luga an der Ostsee in der Nacht auf Sonntag in einem Terminal ausgelöst wurde, nach mehr als einem Tag gelöscht worden sein. Der Terminal gehört zum großen russischen Erdgasproduzenten Novatek. Während das russische Verteidigungsministerium zuerst nur die Abwehr feindlicher Drohnen vermeldete, räumte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag den Treffer ein.

Donald Tusk in Kiew

Unterdessen ist der neue polnische Ministerpräsident Donald Tusk ist zu einem überraschenden Besuch in Kiew eingetroffen. Er will mit der Kiewer Führung mehr westliche Hilfe für die von Russland angegriffene Ukraine mobilisieren. Dies sei eines der Hauptziele seines Besuchs, sagte Tusk am Montag in der ukrainischen Hauptstadt. Zugleich wolle er zeigen, dass Polen "der zuverlässigste und stabilste Verbündete der Ukraine in diesem tödlichen Kampf gegen das Böse" sei.

Die russische Invasion betreffe die Sicherheit der ganzen Welt, aber insbesondere Polens wegen der geografischen Nähe. "Es gibt nichts Wichtigeres, als die Ukraine bei ihren Kriegsanstrengungen gegen den russischen Angriff zu unterstützen", sagte Tusk nach Angaben der Nachrichtenagentur PAP vor Reportern.

Polens Premierminister Donald Tusk (rechts) mit seinem ukrainischen Gegenüber Denys Schmyhal in Kiew.
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Gespräche über Waffenproduktion

Nach den Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Montag betonte Tusk, dass beide Länder bei den Plänen für eine gemeinsame Herstellung von Munition und Waffen vorankommen würden. Polen und die Ukraine seien bereit, die Gespräche über Investitionen dafür abzuschließen. Auch im Streit über den Warentransit berichteten Tusk und Selenskyj von Fortschritten.

Beide Länder hätten eine gemeinsame Auffassung zu Grenzfragen, die den Warentransit behinderten, sagte Tusk. Selenskyj ergänzte, die Ukraine und Polen seien in der Lage, problematische Fragen zwischen beiden Ländern zu lösen, auch, was die jüngsten polnischen Grenzproteste angehe. Er habe mit Tusk besprochen, dass alle kritischen Fragen auf Regierungsebene gelöst werden könnten, sagte Selenskyj bei einer Pressekonferenz mit dem polnischen Regierungschef. Die Arbeit daran werde in Kürze beginnen.

Tusk kam am Montag mit dem Zug in Kiew an – aus Gründen der Sicherheit wie üblich ohne öffentliche Ankündigung. Gegen Mittag wurde in der Hauptstadt und in der gesamten Ukraine Luftalarm ausgelöst. Auf einem russischen Stützpunkt an der Wolga sei ein Kampfjet aufgestiegen, der Raketen abfeuern könne, teilte die ukrainische Luftwaffe mit.

Nato-Großübung startet

Zuletzt waren die Beziehungen zwischen den Regierungen und in Kiew und Warschau durch Streitigkeiten über Getreideimporte und die Aktivitäten ukrainischer Speditionen belastet. Polnische Lkw-Fahrer und Landwirte hatten deswegen zeitweise Grenzübergänge blockiert.

Parallel dazu startet die Nato am Montag ihre großangelegte Militärübung "Steadfast Defender", um einen russischen Angriff auf Nato-Gebiet zu proben. 90.000 Soldaten sind im Einsatz, alle 31 Nato-Länder und Beitrittskandidat Schweden nehmen teil. (APA, red, 22.1.2024)