Dachdecker bei Neueindeckung eines Ziegeldachs.
Die Zahl der Tage jenseits der 30 Grad Celsius steigt, die körperliche Belastung damit auch – mit potenziell schwerwiegenden Folgen.
Imago/Udo Herrmann

Während draußen Minusgrade herrschen, steht anderenorts die Hitze im Fokus der Diskussion. Schließlich war der vergangene Sommer einer der heißesten bisher, die Prognosen für die kommenden Jahre und Jahrzehnte dürften diesbezüglich nicht sonderlich positiv stimmen.

Besonders davon betroffen: jene 400.000 Österreicherinnen und Österreicher, die auch bei Temperaturen jenseits der 30 Grad Celsius in der prallen Sonne arbeiten. Die potenziellen Folgen sind schwerwiegend, neben akuten Hitzeschlägen sind es die langfristigen Erkrankungen wie heller Hautkrebs, die sorgenvoll in die Zukunft blicken lassen.

Bereits vergangenen Herbst bemängelten Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) und Arbeiterkammer (AK) zum wiederholten Male deren Arbeitsbedingungen. An ihrer Seite: die klimaaktivistischen Gruppen System Change not Climate Change und Fridays for Future Austria. Gemeinsam soll der Druck auf Regierung und Arbeitgeber erhöht, notfalls zu Blockademaßnahmen gegriffen werden.

Anträge im Nationalrat bis Sommer

Nun, rund drei Monate später, erneuert das Bündnis seine Forderungen. Die im Herbst angekündigten Gespräche mit Arbeitsminister Martin Kocher hätten keine Entscheidungen gebracht. "Daher werden wir mehr Druck ausüben", sagte AK-Präsidentin Renate Anderl am Montag.

Soll bedeuten: Der neue Forderungskatalog wird dem Nationalrat in Anträgen vorgelegt werden, gibt es bis Sommer 2024 keine erheblichen Änderungen, werde zu Streik- und Blockademaßnahmen gegriffen, kündigte der GBH-Vorsitzende und SPÖ-Abgeordnete Josef Muchitsch an.

Was also sind die Forderungen? Und stößt man damit – angesichts von Arbeitskräftemangel, Bauflaute und Wahlkampfjahr – auf offene Ohren bei Arbeitgebern und Regierung?

AK und Gewerkschaft vermissen klare Regeln

Eine zentrale Forderung des Bündnisses ist eine Reform des Arbeitsrechts. Konkret: eine Novellierung des Arbeitnehmer:innenschutzgesetzes (ASchG) und der Arbeitsstättenverordnung (AStV). Beide Rechtsnormen haben zum Ziel, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu vermeiden, die Rechte der Arbeitnehmerschaft zu schützen und für "menschenwürdige" Arbeitsbedingungen zu sorgen.

Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeiter profitierten davon, für einige Berufsgruppen greife die derzeitige Gesetzeslage aber zu kurz, so der Tenor des Bündnisses.

"Wir brauchen klare Regelungen im Arbeitsrecht", fordert daher Renate Anderl. Die aktuelle Rechtslage sei oft unzureichend konkret und unverbindlich, lasse damit zu viel Spielraum für betroffene Betriebe. Für all jene, die im Freien arbeiten – die Rede ist etwa von Menschen am Bau, im Tourismus oder der Landwirtschaft –, brauche es daher zusätzlichen Schutz.

Wie dieser aussehen soll? Gesetzlich vorgeschriebene Schutzmaßnahmen gegen UV-Strahlung, zudem die Einstellung der Arbeit bei Überschreitung gewisser Ozonwerte.

Mehr Pausen, kürzere Arbeitszeit

"Bei Temperaturen über 30 Grad muss es für alle Beschäftigten, die im Freien arbeiten, die Möglichkeit geben, bezahlt hitzefrei zu bekommen, völlig unabhängig davon, ob sie in der Baubranche tätig sind oder nicht", so AK-Präsidentin Anderl.

Doch auch in der Baubranche selbst brauche es Anpassungen, etwa einen Rechtsanspruch auf hitzefreie Tage. Derzeit sieht die Regelung der Sozialpartner lediglich vor, dass der Arbeitgeber bei Temperaturen über 32,5 Grad die Arbeit einstellen kann. Genutzt wird das Zahlen der AK zufolge nur von einem Bruchteil der Betriebe.

Für jene systemrelevanten Berufsgruppen, die ihre Arbeit trotz Hitze nicht ohne weiteres einstellen können, brauche es eine Höchstarbeitszeit von acht Stunden und mehr bezahlte Pausen an Hitzetagen. Betroffen sind etwa Rettungs- und Sicherheitsdienste.

Wie Arbeitgeber und Regierung zu den geforderten Maßnahmen stehen, kann indes nur gemutmaßt werden – auch wenn einige Forderungen bereits seit Jahren auf dem Tisch liegen. Öffentliche Äußerungen gab es bislang kaum, einzig einen Rechtsanspruch auf hitzefreie Tage und einer weiteren Senkung der maßgeblichen Temperaturobergrenze von 32,5 auf 30 Grad Celsius lehnten Wirtschaftskammer-Vertreter bisher stets ab.

Auch auf Nachfrage hält sich die Wirtschaftskammer bedeckt, verweist stattdessen auf bestehende Regelungen und "gut funktionierende" freiwillige Vereinbarungen. (Nicolas Dworak, 22.1.2024)