Mit Bing Chat wurde der Suche ein Pendant zu ChatGPT zur Seite gestellt.
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Anfang 2023 war der durch ChatGPT ausgelöste KI-Hype gerade an seinem Höhepunkt angekommen. Kein Tag verging ohne aufgeregte Berichte über das vielen geradezu endlos erscheinende Potenzial dieser neuen Entwicklung. Besonders schnell sprang Microsoft auf diesen Zug auf. Die hinter ChatGPT stehende Technologie wurde umgehend in diverse Produkte des Softwareherstellers integriert.

Von einer "Zeitenwende" sprach Microsoft-Boss Satya Nadella denn auch im Februar 2023, als er eine neue Generation von Bing der Öffentlichkeit präsentierte. Die Suche wurde um allerlei KI-Features erweitert, ihr vor allem mit Bing Chat ein Pendant zu ChatGPT zur Seite gestellt. Auf dieser Basis sollte gelingen, woran sich Microsoft jahrelang die Zähne ausgebissen hat: Google relevante Marktanteile abzuknöpfen.

Eine Bilanz

Ein Jahr später erweist sich dies als eine weitere falsche Hoffnung. Der ambitionierte Plan ist zumindest bisher nicht aufgegangen. Wie aktuelle Zahlen von Statcounter zeigen, hat sich am weltweiten Marktanteil von Bing seitdem so gut wie nichts geändert. Lag dieser im Dezember 2022 bei 3,03 Prozent, werden ein Jahr später 3,37 Prozent ausgewiesen. Das ist zwar ein leichtes Plus, sieht man sich den Trend der letzten Monate an, fällt das aber in die Schwankungsbreite.

Satya Nadella bei der Vorstellung des neuen Bing im Februar 2023.
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Diese Vermutung legt auch der Blick auf einzelne Länder näher. In Österreich blieb die Bing-Nutzung im gleichen Zeitraum praktisch unverändert – von 4,61 auf 4,64 Prozent ging es.

Windows ist alles

Vor allem aber legen die Zahlen nahe, dass die Bing-Nutzung weiterhin fast zur Gänze von der Vorinstallation unter Windows getrieben ist. Jenseits von Desktop-Geräten spielt die Suchmaschine nämlich gar keine Rolle. Auf 0,53 Prozent kommt sie bei Smartphones, das ist deutlich weniger als Yandex (1,39 Prozent) und Baidu (1,03) und nur knapp vor Yahoo (0,48) und DuckDuckGo (0,44).

Doch es gibt für Microsoft auch einen Silberstreif am Horizont des Smartphone-Markts: Die Nutzung der Bing-App ist laut Zahlen von Sensortower nämlich deutlich gewachsen. Hatten im Juni 2022 nur 1,5 Millionen Personen die App auf ihrem Smartphone installiert, waren es laut einem Bericht von Bloomberg Ende 2023 immerhin 4,4 Millionen. Das ist relativ gesehen ein starkes Wachstum, in absoluten Zahlen aber noch immer eine eher überschaubare Zahl.

Offene Fragen

Bei all dem bleibt bisher eine zentrale Frage unbeantwortet: ob es überhaupt eine gute Idee ist, die klassische Suche mit KI-Tools zu ersetzen. Immerhin neigen diese zu Falschinformationen, erfinden gerne Details, wenn sie nicht weiterwissen, was bei einer faktenorientierten Suche kontraproduktiv ist.

Branchendominator Google hat bislang einen vorsichtigeren Ansatz bei der Integration solcher Features gewählt. Zwar experimentiert man auch dort im Rahmen des Search Generative Experiment eifrig mit KI-Funktionen, übernimmt diese aber nur ausgewählt in die normale Suchmaschine. Vor allem den eigenen Chatbot Bard hält man damit noch fern von der Suche.

Angesichts der beschränkten Verbreitung ist es da für Bing natürlich einfacher zu experimentieren. Viel zu verlieren hat man ohnehin nicht. (apo, 22.1.2024)