Man sollte vielleicht das Kleine groß denken: Citroën versucht mit dem ë-C3, mit klein, elektrisch und günstig zu reüssieren.
Foto: Citroen / William Crozes

Vor mehr als vierzig Jahren träumte man in Österreich und Deutschland und heimlich auch in Frankreich und Italien vom "kleinen" Mercedes. Insgeheim dachte man wohl, dieser wäre dann so preisgünstig, dass man auch als Fräulein oder Schichtarbeiter einen Mercedes fahren könnte. Der "kleine" kam dann wohl, allein, er war kaum billiger als ein großer – und klein ja auch nicht wirklich.

Vor mehr als fünfzig Jahren gab es einen kleinen Audi namens Audi 50. Als Audi sich aufmachte, groß und premium zu werden, was auch gelingen sollte, schob man den Kleinwagen zu VW rüber und nannte ihn Polo. Der Ruf nach kleinen Autos verstummte seither niemals, allein, die Autos, die tatsächlich gekauft wurden, wurden immer größer.

Da geht meist etwas schief

Wann immer sich die Autohersteller des kleinen Autos annahmen, ging etwas schief. VW brachte unter heftigem Trommelwirbel den Drei-Liter-Lupo auf den Markt, lenkte damit gehörig Aufmerksamkeit auf sich, gerierte sich als Obersparmeister, allein, dieses Auto wollte niemand so recht kaufen. Kein Wunder: Ein Lupo ohne extremes Sparkonzept war billiger, bequemer zu fahren und verbrauchte auch nicht viel mehr.

Der von viel Medientamtam begleitete Drei-Liter-Lupo brachte VW viele Sympathien – verkauft hat er sich nicht, weil auch der normale Lupo nur geringfügig mehr verbrauchte und viel günstiger war.
Foto: Volkswagen

Als Audi mit der Luxuslimousine A8 auf der Aluminiumwelle surfte, baute man sozusagen als Beiprodukt den A2. Er war auch aus Alu, aber ein Kleinwagen. Zwischen 2000 und 2005 wurden rund 176.000 Exemplare gebaut, ein einigermaßen gut erhaltenes Exemplar ist heute nicht unter 10.000 Euro zu bekommen. Trotzdem bot der A2 für Audi nach fünf Jahren Bauzeit keine gewinnbringende Perspektive mehr.

Nebulose Vorstellung

Man eierte dann noch mit Elektro-Konzepten herum, erfand den Namen e-tron, wusste aber nicht wirklich, wie das Thema Audi A2 und e-tron zu verknüpfen wäre. Eine nebulose Vorstellung, dass sich irgendwann in diese Richtung irgendetwas bewegen könnte, nämlich Leichtbau und Elektroantrieb, hatte man schon, aber die wurde dann bei BMW früher in die Tat umgesetzt.

BMW i3, noch konsequenter im Leichtbau und elektrisch, nicht nur Aluminium (Rahmen), sondern auch noch Kohlefaser (Karosserie), aber doch mit Verbrenner-Rückfallebene, einem Motorradmotor als Range-Extender, sollte einmal nirgends eine Steckdose zu finden sein. Auch ein mutiges Ding, das BMW viel Respekt und Lob einbrachte, sich schließlich aber auch nicht durchsetzen sollte.

Audis A2 mit Aluminiumkarosserie gilt bis heute als Geniestreich und ist als Gebrauchtwagen immer noch heißbegehrt.
Foto: Audi

Das Fatale an diesen Geschichten: Wer als Autohersteller erfolgreich sein will, sollte gefälligst die Finger von kleinen vernünftigen Autos lassen. Sogar der kometenhafte Aufstieg des Elektro-Pioniers Tesla ist die beste Bestätigung dafür: Der historisch erste wirklich gelungene Vorstoß in die Elektromobilität begründet sich nicht in der Vernunft oder gar der Umweltfreundlichkeit oder Bescheidenheit des Konzepts, sondern viel mehr im großzügigen Denkmuster seines Schöpfers.

Das Beispiel Volkswagen zeigt doch einige Aspekte auf: Mit der klaren Entscheidung fürs Elektroauto in einer marketingmäßig hochgejazzten Präsentation des Modularen Elektrobaukastens (MEB) wollte man nicht nur eine Richtungsentscheidung plakatieren, sondern auch die alten Sünden mit dem Dieselmotor schnell vergessen machen. Doch die Frage wurde sehr schnell laut: Wo bleibt die Vernunft, wo bleibt der Kleinwagen, der Volkswagen, den so viele angeblich wollen? Stecken geblieben in der Ankündigungsschiene?

Tatsache ist, dass bis jetzt für niemanden ein dringender Grund bestand, ein kleines Auto zu kaufen, außer man wollte die Umwelt oder gleich die ganze Welt retten. Wer immer ein kleineres Auto kaufte als zuvor, kam in den Geruch des Verlierers oder ließ sich ganz einfach von den Annehmlichkeiten von Größe und Prestige eines Automobils verzücken. Preislich kriegte man das schon irgendwie unter.

Neben Alu setzte der i3 auf Karbon zur Gewichtsreduktion. Mit heute verfügbarer Batterietechnologie wäre das ein Hit.
Foto: Stockinger

Aber die Karten sind nach Corona und in sich ausweitenden globalen Kriegsszenarien neu gemischt. Jedes Mal einfach das nächstgrößere Auto zu kaufen könnte in nächster Zeit auch in wohlhabenden Teilen der Welt schwieriger werden.

Frankreich will es wissen

Deshalb hat sich wohl auch Stellantis entschlossen, das Thema Kleinwagen auf eigene Art umzusetzen. Die Kleinwagenplattform CMP wurde von Anfang an als Elektroplattform entwickelt, die vorerst aber auch noch für Benziner verwendet werden kann. Der neue Citroën ë-C3 soll damit als wirklich günstiges Elektroauto kommen, und zwar ohne Mopedauto-Beigeschmack, wie es das günstigste Elektroauto bisher verströmte, der Dacia Spring. Die ersten Exemplare kann man jetzt in Österreich für 23.300 Euro reservieren.

Als Klein-SUV ist der ë-C3 genau das, was in den Speckgürteln der Großstädte, wo eh schon fast jeder eine Photovoltaikanlage auf dem Dach hat, sehr gefragt sein sollte. Man könnt sagen ein g'schicktes Einkaufswagerl. Das Auto ist ziemlich genau vier Meter lang, hat 310 Liter Kofferraum und bietet fünf Sitze. Durch ein neuartiges Fahrwerk soll es besonders komfortabel sein.

Die Kleinstwagenmarke Smart – im Bild die beiden Fortwo-Modelle der zweiten Generation (ab 2007) – war ein hochambitionierter Ansatz zur urbanen Mobilität. Und kostete Mercedes ein Vermögen. Heute ist Smart nicht mehr winzig und wird bei Geely in China gebaut.
Foto: Mercedes-Benz AG

Die Technik reicht jedenfalls für alles außer Langstrecke. Der 83-kW-Elektromotor wird von einer 44-kWh-Batterie versorgt. Man verspricht sogar beachtliche 100 kW Ladeleistung. Von 20 auf 80 Prozent soll man in 26 Minuten kommen, was einer durchschnittlichen Ladeleistung von immerhin 60 kW entspricht. Für 2025 ist dann eine Sparversion unter 20.000 Euro angekündigt. Den Chinesen sollte das Leben mit ihren Billigautos doch nicht ganz leicht gemacht werden.

Es gibt also neue Herausforderungen, die nicht zuletzt unter anderem von zahlreichen Defiziten des Elektroautos gespeist werden. Die Wahl des Automobils nach dem GAU-Prinzip funktioniert nicht mehr, nämlich nach dem der Größten Anzunehmenden Urlaubsreise. Für viele ist ein multimodaler Ansatz in Sachen Mobilität bereits selbstverständlich geworden. Das heißt, die Wahl des Autos wird nicht mehr danach bestimmt, wie komme ich mit zwei Kindern und allen Sportgeräten einmal im Jahr nach Jesolo? Sondern als Teil einer Lebensweise, die auch die Nutzung anderer Verkehrsmittel als selbstverständlich ansieht. (Rudolf Skarics, 27.1.2024)