Schülerin Schule Buch
Bildung ist einer der wichtigsten Faktoren für ein langes, gesundes Leben.
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Dass Bildung ein wesentlicher Faktor für eine höhere Lebenserwartung ist, wurde bereits in zahlreichen Studien und Statistiken dokumentiert. Eine umfangreiche Metastudie, die erstmals hunderte Publikationen zu dem Thema systematisch untersuchte, kommt nun zu verblüffenden Ergebnissen. Menschen mit Hochschulabschluss haben im Vergleich zu Menschen ohne Schulbildung im Erwachsenenalter ein um 34 Prozent geringeres Sterberisiko. Wer zwölf Jahre die Schulbank drückt, senkt das Risiko immerhin noch um 24,5 Prozent.

Wie Rauchen und Trinken

Um die negativen Auswirkungen fehlender Bildung zu veranschaulichen, bemüht die im Wissenschaftsjournal The Lancet veröffentlichte Metastudie einige plakative Vergleiche. So seien die Effekte langjähriger Bildung mit dem Konsum von fünf alkoholischen Getränken oder zehn Zigaretten am Tag über ein Jahrzehnt lang vergleichbar, folgern die Autorinnen und Autoren. Bei Herzerkrankungen habe eine hohe Bildung statistisch gesehen einen ebenso starken Effekt wie lebenslange gesunde Ernährung.

Wie groß die Unterschiede selbst bei uns sind, zeigte vor kurzem eine Erhebung der Statistik Austria. Heute 35-jährige Männer mit Hochschulabschluss werden demnach im Schnitt gut 84 Jahre alt, jene mit Pflichtschulabschluss nur rund 77. Bei Frauen beträgt die Diskrepanz zumindest vier Jahre. Eine Wiener Langzeitstudie wiederum zeigte, dass Frauen in ärmeren Wiener Bezirken im Schnitt sechs Jahre früher einen Herzinfarkt erleiden.

Zigarettenstummel in Aschenbecher
Negativeffekte von fehlender Schulbildung sind mit Rauchen oder Alkohol vergleichbar.
Mario Aurich via www.imago-image

Die Metastudie, für die über 600 Erhebungen aus 59 Ländern berücksichtigt wurden, bestätigt solche nationalen Einzelerhebungen auf globaler Ebene. Vielmehr noch: Der positive Effekt flacht beim Einschlagen eines höheren Bildungswegs nicht wirklich ab. Wer also nach Abschluss einer Oberstufe dann noch auf einer Fachhochschule oder Universität weitermacht, hat im Schnitt deutlich bessere Chancen, älter zu werden, als junge Menschen, die nach der Schule sofort einen Beruf ergreifen.

Die Gründe für die enorme Diskrepanz bei der Lebenserwartung sind vielfältig. Eine höhere Bildung resultiert meist auch in einem Job mit mehr Verdienst und damit auch besseren Wohn- und Lebensbedingungen. Dazu zählt der schnelle Zugang zu qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung, der weniger privilegierten Menschen meist versperrt bleibt. Auch die Ernährung mit hochwertigen, gesunden Lebensmitteln ist oft eine Frage der Leistbarkeit.

Nicht nur Frage des Geldes

Alles nur auf die Vermögensverhältnisse zu schieben greift den Forschenden zufolge aber zu kurz. Denn eine höhere Bildung geht offenbar generell mit einem höheren Gesundheitsbewusstsein einher, das sich in vorsorglichen Arztbesuchen, Bewegung und bewusster Ernährung äußert. Auch auf die Entwicklung sozialer Kontakte, von denen man mental bis ins hohe Alter profitiert, dürfte Bildung einen positiven Effekt besitzen.

Wie schwer dieser Kreis zu durchbrechen ist, wenn man in Familien mit niedrigem Bildungsgrad geboren wird, zeigen diverse weitere Untersuchungen. Eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden zeigte vergangenen Herbst auf, dass mehr Kinder von Eltern ohne Maturaabschluss auch im Erwachsenenalter noch übergewichtig sind im Vergleich zu Kindern von Eltern mit höherem Schulabschluss. Bei der Armutsgefährdung sind die Zahlen ähnlich.

Das rückt ein weiteres Problem in den Fokus, das besonders in Österreich eklatant scheint – die "Vererbung" der Bildung. Denn wie im Vorjahr einmal mehr auch die Pisa-Studie bescheinigte, schneiden Kinder und Jugendliche aus Haushalten mit niedrigem Sozial- und Bildungsstatus leistungsmäßig überdurchschnittlich schlecht ab. Besonders deutlich ist das an der Gruppe von Kindern mit Migrationshintergrund abzulesen, aber nicht nur. Fakt ist auch heute noch: Wer in seiner Familie keine Akademiker hat, wird auch selber mit niedrigerer Wahrscheinlichkeit einen höheren Bildungsweg einschlagen.

Weitere Forschung notwendig

Für die Verantwortlichen der Metastudie ist klar, dass Bildung ein wesentlicher Schlüssel ist, um die Lebenserwartung und Gesundheit der Menschheit zu verbessern. Dass in der Untersuchung kaum Unterschiede zwischen Männern und Frauen ersichtlich waren und die positiven Effekte von Bildung quer durch alle sozioökonomischen Schichten nachzuweisen sind, sei bemerkenswert und müsse noch eingehender untersucht werden.

Zuletzt häuften sich Hinweise, dass bei der allgemein steigenden Lebenserwartung die Geschlechterdifferenz tatsächlich zurückging. Eine Erklärung dafür ist der gesündere und bewusstere Lebensstil, der mittlerweile auch unter Männern deutlich stärker verbreitet sei als rollenbedingt noch vor wenigen Jahrzehnten. Zudem seien weitere Untersuchungen nötig, die etwa aus Ländern und Regionen des Globalen Südens kommen. Fast alle berücksichtigten Studien der vergangenen Jahrzehnten seien in Industrienationen und Schwellenländern durchgeführt worden. (Martin Stepanek, 24.1.2024)