Kronprinz Mohammed bin Salman stellt der Fußballliga in Saudi-Arabien gigantische Summen zur Verfügung, um sich einen attraktiven Wettbewerb zusammenzukaufen. Im vergangenen Sommer schien der Plan zu funktionieren: Karim Benzema folgte Cristiano Ronaldo ebenso in die Wüste wie Sadio Mane oder Neymar. Doch nach einem halben Jahr üben verdiente Stars Kritik an den Verhältnissen. Die Liga scheint nicht so nachhaltig zum Erfolg zu werden wie ursprünglich angenommen. Das Konstrukt droht zu bröckeln.

Jordan Henderson klatscht
Jordan Henderson bestritt für Al-Ettifaq 17 Matches.
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Jordan Henderson

Der englische Mittelfeldspieler stand für sein Engagement bei Al-Ettifaq besonders in der Kritik, weil er zuvor als Liverpool-Kapitän eifrig für Rechte der LGBTQ-Community eingetreten war. Nach 17 Einsätzen ist für Henderson Schluss: In der vergangenen Woche unterschrieb er bei Ajax. Henderson will bei der EM im kommenden Sommer spielen, braucht dafür Matches im kompetitiven Umfeld.

Bei seinem Wechsel nach Saudi-Arabien sprach er noch von einem Projekt, das gekommen sei, um zu bleiben. Er wolle helfen, etwas aufzubauen, sagte er. Zuletzt spielte Henderson mit seinem Verein vor weniger als 700 Fans. Er lebte mit seiner Familie in Manama, der Hauptstadt Bahrains, etwa 75 Autominuten entfernt vom Trainingsgelände von Al-Ettifaq. Zur Saisonvorbereitung reiste der Verein nach Kroatien, dort mussten die Profis auf holprigen Rasenplätzen trainieren, auch die Verpflegung soll mangelhaft gewesen sein.

Schon in den Länderspielpausen im Herbst soll Henderson sich bei seinen englischen Teamkollegen beklagt haben, nun sucht er in Amsterdam das Glück. "Leider hat es bei mir nicht funktioniert", sagt er über seine Zeit in Saudi-Arabien. "Das passiert im Leben und im Fußball."

Karim Benzema im Sprint
Karim Benzema am 23. Dezember im Match gegen Al Raed. Es war sein vorletztes Spiel für Al-Ittihad.
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Karim Benzema

Dass Geld nicht alles ist, bekam auch Karim Benzema zu spüren. Der im Sommer mit großem Rummel vorgestellte Franzose ist bei vielen Fans von Al-Ittihad nach zahlreichen vergebenen Chancen unten durch, besonders sein verschossener Elfmeter im Viertelfinale der Klub-WM hängt ihm nach. Nach mehreren Beleidigungen – und einem umstrittenen Gaza-Post – deaktivierte der 35-Jährige Ende Dezember seinen Instagram-Account mit 76 Millionen Followern.

Auch Benzema, so heißt es, möchte zurück nach Europa. Zuletzt verpasste der ehemalige Stürmer von Real Madrid den Trainingsauftakt, kehrte erst mit Verspätung nach Jeddah zurück. Wie es weitergeht? Offen. Die Liga startet erst Mitte Februar wieder, bis dahin ist auch in Saudi-Arabien das Transferfenster geöffnet. Die Nachrichtenagentur AFP beruft sich auf eine klubnahe Quelle und meldet: Benzema habe den Verein schon darum gebeten, die Liga "vorübergehend" verlassen zu dürfen. Benzemas Berater wollte das bisher nicht bestätigen.

Aymeric Laporte mit überkreuzten Armen
Ein Hin und Her auch für Aymeric Laporte? Er spricht über unzufriedene Profis aus Europa.
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Aymeric Laporte

Der spanische Teamverteidiger berichtet von Ernüchterung bei vielen europäischen Profis. In der Pro League habe man es ihnen "nicht leicht gemacht", sagte er der Sportzeitung "As". "Tatsächlich gibt es viele Spieler, die unzufrieden sind."

Der 29-Jährige wechselte im August von Champions-League-Sieger Manchester City zu Al-Nassr. Die Verantwortlichen in Saudi-Arabien sind laut Laporte Weltklassefußballer "nicht gewohnt und müssen sich auf etwas mehr Ernsthaftigkeit einstellen". Er verhandle täglich mit dem Verein, um die Situation zu verbessern, sagt er. Denn: "Sie kümmern sich um uns, aber für meinen Geschmack nicht genug." Auch in Bezug auf die Lebensqualität in Saudi-Arabien habe er "etwas anderes erwartet. Man verbringt hier drei Stunden am Tag im Auto."

Wechselt auch Laporte zurück nach Europa? "Wenn man schon nach so kurzer Zeit enttäuscht ist, fragt man sich natürlich, was man tun soll."

Roberto Firmino klatscht
"Bobby" Firmino spielte acht Jahre für Liverpool und wurde dort zum Fanliebling.
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Roberto Firmino

Spekulationen über eine rasche Rückkehr gibt es auch um Roberto Firmino. Zum Jahreswechsel besuchte der Brasilianer seine alte Heimat und schaute sich an der ausverkauften Anfield Road das Heimspiel seines Ex-Klubs Liverpool gegen Newcastle an. Es sei "schön, wieder zu Hause zu sein", sagte er.

Seither gibt es Gerüchte über einen vorzeitigen Abschied, zumal Firmino bei Al-Ahli nicht nur das Kapitänsamt, sondern auch seinen Stammplatz verloren hat.

Cristiano Ronaldo mit einem Ausfallschritt.
Cristiano Ronaldo hält Al-Nassr und Saudi-Arabien die Treue.
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Cristiano Ronaldo

Andere halten Saudi-Arabien treu die Stange. Der fünfmalige Weltfußballer Cristiano Ronaldo lobt die Liga und schätzt sie als stärker und ausgeglichener ein als die französische Ligue 1. "Ich hab hier ein Jahr lang gespielt, ich weiß, wovon ich rede", argumentiert Ronaldo, der für Al-Nassr in 44 Pflichtspielen 38 Tore erzielte.

Ronaldos Klub plante zuletzt eine Testspielreise nach China, sagte diese aber aufgrund von muskulären Problemen des Portugiesen gänzlich ab. Am 1. Februar soll es in Riad zum Duell gegen US-Klub Inter Miami mit Lionel Messi kommen.

Steven Gerrard im traditionellen saudischen Thobe
Steven Gerrard will zumindest für die nächsten dreieinhalb Jahre in Saudi-Arabien trainieren.
Handout via REUTERS

Steven Gerrard

Auch die Liverpool-Legende hat sich gut eingelebt. Der 43-Jährige verlängerte seinen Vertrag als Trainer bei Al-Ettifaq vorzeitig um zwei Jahre bis 2027. "Das ist für mich und meine Familie sehr erfreulich und fühlt sich wie eine Anerkennung für viel harte Arbeit und Engagement an", ließ sich Gerrard in einer Aussendung zitieren. Das Onlineportal "The Athletic" schreibt: "Gerrard wirkt gefangen im goldenen Käfig des saudischen Fußballs." (Lukas Zahrer, 24.1.2024)