Das Bild zeigt einen Mechatroniker, der in einer Werkstatt an einem Tesla arbeitet.
Elektrofahrzeuge können trotz potenziell teurer Einzelreparaturen immer noch die wirtschaftlich sinnvollere Wahl sein.
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Nicht jeder hat Freude an Elektroautos – das trifft auf den ersten Blick gerade dann zu, wenn es um Reparaturkosten geht. Und noch immer wird besonders der Tausch einer Batterie gerne als Totschlagargument gegen Elektroautos in Diskussionen eingebracht. Frisches Wasser auf die Mühlen der Kritiker: Erst kürzlich gab der US-amerikanische Autovermieter Hertz bekannt, dass man 20.000 Elektrofahrzeuge loswerden möchte und stattdessen wieder Verbrennerfahrzeuge in die Flotte aufnehmen werde. Der Grund: zu hohe Reparaturkosten.

Sixt, der größte Autovermieter Europas, warf davor ebenfalls Elektrofahrzeuge aus seinem Programm. Hier wurde man noch konkreter: Wegen geringer Nachfrage und hoher Reparaturkosten wolle man keine weiteren Tesla-Fahrzeuge mehr anschaffen und deren Bestand abbauen. Ein genauerer Blick zeigt auch bei Hertz, dass rund 80 Prozent der E-Auto-Flotte des Vermieters aus Fahrzeugen von Tesla bestehen. Könnte es also sein, dass es sich dabei speziell um ein Tesla-Problem handelt? Lassen sich Reparatursituationen bei Autovermietern überhaupt mit jenen bei Privatpersonen vergleichen? Und sind Reparaturen bei E-Autos generell teuer? Eine Spurensuche.

Ein sehr spezielles Problem

Die Diskussion über die Reparaturanfälligkeit und daraus resultierende -kosten von Elektroautos verlangt eine differenzierte Betrachtung. Insbesondere kann die Situation von Autovermietern dabei nicht auf den privaten Gebrauch des eigenen Fahrzeugs umgelegt werden. Jede Person, die sich schon einmal ein Mietauto oder einen Vorführwagen ausgeliehen hat, weiß, dass der Bezug zum Fahrzeug ein anderer ist als zum eigenen Auto.

Frei nach dem Motto "Alles, was einem nicht gehört, geht einen nichts an" bringt Bernhard Matschl, Director des Elektromobilitätsklubs Österreich (EMC), im Gespräch mit dem STANDARD auf den Punkt, dass der Umgang mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht allzu sorgsam sein dürfte. "Eigenüberschätzung und Unkenntnis im Umgang mit Elektrofahrzeugen sind zudem weitere Faktoren, die ein Unfallrisiko erhöhen – und somit erhöhte Reparaturkosten für den Vermieter bedeuten", ergänzt Matschl. Elektroautos haben in der Regel eine bessere Beschleunigung als herkömmliche Verbrenner, und wenn man sich ein E-Auto ausleiht, möglicherweise zum ersten Mal, sei die Verlockung groß, diese Leistung auf Kosten des Vermieters abzurufen – und damit komme es auch häufiger zu Schäden.

Dieser Einschätzung stimmt Christian Klejna weitgehend zu. Der Technikexperte des ÖAMTC vermutet hinter diesem Rückzug der Autovermieter aber auch ein anderes Motiv: Die Unternehmen sind mit ihrer Flotte einfach nicht auf die Zahl der Vermietungen gekommen, die sie gerne gehabt hätten. "Das ist mitunter darauf zurückzuführen, dass die Leute – besonders wenn sie sich im Ausland ein Auto ausborgen – immer noch eine Reichweitenskepsis haben. Und keine Lust, in einem fremden Land notfalls nach einer E-Ladestation suchen zu müssen. Da ist man mit einem Verbrenner als Mieter auf der sicheren Seite", sagt Klejna zum STANDARD.

Dass die Reparaturkosten besonders bei Tesla hoch seien, lassen beide Experten nicht gelten: Die unterschiedliche Behandlung von Leihfahrzeugen durch Mieter im Vergleich zu ihren eigenen Autos führt zwangsläufig und markenunabhängig zu einer stärkeren Beanspruchung einzelner Fahrzeugbereiche. Als Vermieter müsse man automatisch mit höheren Instandsetzungskosten als üblich rechnen – egal ob es sich um E-Autos oder Verbrenner handelt.

Geringe Servicekosten, aber…

Aber wie sieht die Situation bei privater Nutzung aus? Eine Untersuchung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) aus dem Vorjahr legt nahe, dass die Reparaturkosten bei Elektroautos nach Unfällen im Durchschnitt tatsächlich um 30 bis 35 Prozent höher liegen als bei vergleichbaren Verbrennerfahrzeugen. Gleichzeitig hebt die Studie jedoch hervor, dass Elektroautos in der Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung tendenziell weniger Unfälle und Schäden verursachen als ihre Pendants mit Verbrennungsmotor.

Als Hauptgründe für die höheren Reparaturkosten bei Elektroautos nennt der GDV die Kosten für beschädigte Antriebsbatterien und die Unsicherheit im Umgang mit beschädigten Elektrofahrzeugen. Der deutsche Verband fordert daher von Herstellern und Werkstätten Maßnahmen, um diesen Kosten entgegenzuwirken, etwa den besseren Schutz von Batterien und die Entwicklung präziser Kriterien für den Umgang mit beschädigten Elektroautos.

Geht es um die Reparaturanfälligkeit von Elektroautos, sind sie gegenüber herkömmlichen Fahrzeugen aber klar im Vorteil. "Tatsächlich gibt es relativ wenige Verschleißteile, weil die Autos vom Aufbau her auch deutlich weniger Bauteile haben als herkömmliche Verbrenner", sagt ÖAMTC-Experte Klejna. "Dinge wie Zahnriemen-, Öl- oder Auspuffwechsel fallen beispielsweise weg, somit sind die Servicekosten wesentlich geringer. Auch Bremsen sind wegen der Rekuperation seltener zu tauschen."

Teure Einzelreparaturen

Tatsächlich erscheint es also wichtig, zwischen Instandsetzung, also Reparatur, und Instandhaltung zu unterscheiden. Muss nämlich einmal wirklich etwas am E-Auto gemacht werden, kann es durchaus teuer werden: Ein bedeutender Kostentreiber ist in diesem Zusammenhang immer noch die Antriebsbatterie. Die Herangehensweise ist dabei aber je nach Automarke unterschiedlich und kann nicht pauschalisiert werden. Wurde durch einen Unfall beispielsweise eine bestimmte Airbagstufe ausgelöst, tauschen manche Hersteller die Batterie automatisch aus, selbst wenn sie äußerlich keine Schäden aufweist. Dies wird damit begründet, dass ein Aufprall interne Schäden in der Batterie verursacht haben könnte, weshalb sie Hersteller sicherheitshalber aus dem Verkehr ziehen wollen.

"Das kann für die Besitzer und dementsprechend die Versicherer teuer werden, weil eine Batterie je nach Fahrzeug auch schon mal bis zu 20.000 Euro kosten kann", sagt Klejna. Andere Hersteller lösen dieses Problem, indem sie es in so einem Fall bei einer detaillierten Überprüfung der Batterie belassen. Ein weiterer Kostenfaktor kann der Austausch von beschädigten Ladesteuergeräten sein, weil in so einem Fall oft die komplette Einheit ersetzt werden muss. Und die kann laut Klejna auf einmal mehrere Tausend Euro schlucken.

Falsche Vorurteile, eigene Maßstäbe

Elektroautos grundsätzlich wegen der Anfälligkeit ihrer Antriebsbatterie zu verteufeln sei allerdings kontraproduktiv – zumal die Logik, dass damit in Verbindung stehende Reparaturen immer teuer seien, so nicht mehr stimmt. "Diese Argumentation ist schon sehr alt und trifft in der Form nicht mehr zu", sagt Klejna.

Inzwischen ist es bei vielen Herstellern schon gebräuchlich, dass Batterien repariert bzw. einzelne Module der Batterien ausgetauscht werden. Solche Reparaturkonzepte für Werkstätten gibt es bereits, und die Kreislaufwirtschaft dafür werde nach und nach ausgebaut. "Das gilt besonders für Hersteller, die mit E-Autos schon länger am Markt vertreten sind, aber auch für Premiumhersteller", sagt der Technikexperte des ÖAMTC.

Hinzu kommt, dass man Antriebsbatterien von E-Autos einfach nicht mit Akkus aus der Telekommunikation oder der Unterhaltungselektronik vergleichen könne, sie seien nicht von heute auf morgen unbrauchbar. "Natürlich werden Module und Zellen schlechter, wodurch der Akku im Lauf der Zeit degeneriert und an Kapazität verliert. Nach einigen Jahren mag man vielleicht nicht mehr so weit kommen, man bleibt deshalb aber nicht stehen", sagt EMC-Director Matschl.

In Bezug auf die Lebensdauer von Batterien in Elektroautos hält Matschl fest, dass der Fahrer selbst der beste Indikator dafür sei, wann eine Batterie gewechselt werden sollte. Die Kapazität des Akkus stabilisiere sich üblicherweise nach ein bis zwei Jahren. Solange die daraus resultierende Reichweite für den Fahrer zufriedenstellend ist, besteht kein Grund zum Handeln. Er selbst kenne einen Tesla-Fahrer, der mit seinem Fahrzeug bereits mehr als eine Million Kilometer zurückgelegt hat. "Machen Sie das mal mit einem Verbrenner. Vor kurzem musste er den Akku zum ersten Mal wechseln", sagt Matschl und pausiert, "aber nicht weil er kaputt war, sondern weil ihm die Kapazität einfach für seine Ansprüche zu gering geworden ist."

Auf lange Sicht im Vorteil

Auch wenn eine Reparatur oder ein Wechsel mitunter schmerzhaft ausfallen kann, deutet eine Kostenanalyse des Fraunhofer-Instituts aus dem Jahr 2023 dennoch darauf hin, dass man als Besitzer eines Elektrofahrzeugs klar im Vorteil sein dürfte. Trotz höherer Anschaffungs- und Infrastrukturkosten für Elektrofahrzeuge sollen auf lange Sicht die Einsparungen bei Betriebskosten überwiegen, insbesondere wenn die Autos mit selbsterzeugtem Strom geladen werden. Die Analyse berücksichtigte dabei eine umfassende Kostenstruktur einschließlich Wartung, Versicherung und Steuern.

Die Autoren betonen zwar, dass die Rentabilität von Elektroautos je nach Fahrzeugtyp und Ladeoptionen variiert. Elektroautos können theoretisch aber innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne die gleichen Gesamtbetriebskosten erreichen wie herkömmliche Verbrenner. Zudem wurde festgestellt, dass die Art der Energiequelle und die Lademöglichkeiten einen größeren Einfluss auf die Gesamtkosten haben als die Volatilität der Energiepreise. Elektrofahrzeuge können trotz des höheren Anfangspreises – und potenziell teurer Einzelreparaturen – mit der Zeit also die wirtschaftlich sinnvollere Wahl sein. (Benjamin Brandtner, 26.1.2024)