Eine Visualisierung des Münchner Start-ups Dromos, das dessen geplante Fahrzeugflotte zeigt
Die Münchner Dromos GmbH will den öffentlichen Verkehr in Städten komfortabel machen: Die Lösung seien leichte, autonome E-Fahrzeuge mit vier Sitzplätzen, die auf fixen Strecken und abgegrenzten Spuren unterwegs sein sollen.
Dromos GmbH

Groß denken, klein bauen: So in etwa kann man die Philosophie des deutschen Start-ups Dromos zusammenfassen. Die Firma mit Sitz in München möchte nichts weniger, als den Verkehr in Städten von Grund auf verändern.

Die Idee: Kleine E-Fahrzeuge fahren mit maximal vier Passagieren auf festgelegten und abgegrenzten Spuren. Das Dromos-System soll zwar Teil des öffentlichen Verkehrs sein, aber anders als bei Bus oder Bahn soll der Fahrgast das Verkehrsmittel hier nicht mit fremden Personen teilen müssen. Im Grunde, heißt es aus München, sei Dromos wie ein Bus, bei dem man aus jeder Sitzgruppe ein Viererfahrzeug mache.

Die Vehikel sollen nicht mehr als 500 Kilogramm wiegen und autonom fahren. Co-Gründerin Antje Völker sagt dem STANDARD: "Wir können auf einer Fahrspur mit der Breite eines Radwegs bis zu 10.000 Personen pro Stunde transportieren." Der Partner für den geplanten Fahrzeugbau sei der kanadisch-österreichische Magna-Konzern.

Besser als Bus und Bahn?

Dromos will also das leichtere und flexiblere Massenverkehrsmittel im Vergleich zu U-Bahn, S-Bahn, Tram und Bus sein. "Nach 150 Jahren Eisenbahn endlich eine skalierbare, nutzerorientierte Lösung für bessere urbane Mobilität", frohlockte die "Welt" schon vor vier Jahren.

Tatsächlich stehen Städte weltweit vor ähnlichen Problemen: Die Bevölkerung wächst, der Boden ist knapp, und der Pkw gilt in der Stadtplanung als Last. Die Wiener Linien transportierten im Jahr 2022 täglich rund zwei Millionen Menschen. Neue Schienen sind überall teuer und benötigen lange Bauzeiten. Ist Dromos aber wirklich die Lösung für urbane Verkehrsprobleme?

Die Fahrzeuge von Dromos sollen nur 500 Kilogramm wiegen, nicht schneller als 50 km/h fahren und elektrisch angetrieben werden
Die Fahrzeuge von Dromos sollen nur 500 Kilogramm wiegen, nicht schneller als 50 km/h fahren und elektrisch angetrieben werden.
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Skepsis

Im Verkehrsclub Österreich (VCÖ) will man zu einzelnen Firmen zwar nichts sagen, lässt aber Skepsis durchblicken. "Aus unserer Sicht ist es das Beste, auf den klassischen öffentlichen Verkehr wie U-Bahn und Co zu setzen. So werden viele Menschen von A nach B gebracht. Das Netz kann dort, wo weniger Menschen wohnen, um kleine Shuttlebusse ergänzt werden, die nach Bedarf fahren", sagt VCÖ-Klimaexpertin Lina Mosshammer.

In einen Zug der Wiener U-Bahn passen 900 Menschen. Könnte ein kleinteiliges System wie Dromos bei den Kapazitäten mithalten? Ja, sagt Völker: "Das Problem einer U-Bahn ist, dass ich zwar bis zu 900 Leute hineinbekomme. Sie kommt aber zum Beispiel nur alle zwei oder fünf Minuten. Unsere Fahrzeuge können hingegen mit einem Abstand von sechs Metern hintereinanderfahren."

Praxistest steht noch aus

In der Verkehrsforschung wird Dromos zum Personal Rapid Transit (PRT) gezählt – individueller Transport jenseits des Pkws. PRT biete in der Theorie "Vorteile wie komfortables Reisen in kleinen Fahrzeugen oder ein dichteres Haltestellennetz und somit eine echte Alternative zum privaten Pkw", sagt Felix Gotzler, Wissenschafter am Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik der Technischen Universität München. Bisher seien diese Visionen aber Theorie.

"Um ihr volles Potenzial mit den genannten Vorzügen auszuschöpfen, sind immer noch große Investitionen nötig, die gegenüber altbekannten Verkehrsmitteln mit größerer Unsicherheit verbunden sind, weshalb bisher in der Praxis keiner der Entwürfe zu hochkapazitativen PRT-Systemen umgesetzt wurde", sagt Gotzler. Für kleinere Demonstratoren finde sich "bisher keine Finanzierung".

Pilotstrecke in England

Ein weit fortgeschrittenes Dromos-Projekt im deutschen Bad Hersfeld wird von der Stadt seit 2022 jedenfalls nicht mehr verfolgt. Dromos ist mittlerweile stark in Großbritannien aktiv, wo laut dem Unternehmen Projekte in Cambridge und Bolton anliefen. "Das Pilotprojekt werden wir auf dem Campus der englischen Universität Warwick bauen", sagt Völker, "sehr wahrscheinlich bis zum Jahr 2025." (Lukas Kapeller, 27.1.2024)