William Shatner, Nichelle Nichols und Leonard Nimoy in
William Shatner, Nichelle Nichols und Leonard Nimoy in "Raumschiff Enterprise".
Foto: imago images/Mary Evans

"Der Weltraum, unendliche Weiten." Jeder, der als Kind oder Jugendlicher in den 1970er- oder 1980er-Jahren regelmäßig vor dem TV-Gerät gehockt hat, kann das Intro von "Raumschiff Enterprise" auch heute noch blind aufsagen. Knapp 60 Jahre nach der Erstausstrahlung im Jahr 1966 sind es vor allem einzelne Ideen, der alles überstrahlende Optimismus und einzelne Charaktere, die heute noch zeitlos wirken. Die strengen Budgetvorgaben und die knappe Bekleidung der meisten Damen würde man mit dem heutigen Wissen aktuell wohl anders angehen.

Holpriger Start

Eigentlich sollte heute keiner mehr Pille, Spock oder Kirk kennen. Schon der Pilotfilm, der noch Captain Pike als Hauptfigur platzieren wollte, war NBC zu "kopflastig" und sollte nicht zu einer Serie führen. Erst als Änderungen des Studios umgesetzt wurden, etwa die Entfernung einer Frau als erster Offizier, mehr Action statt Philosophie und die Verpflichtung des charismatischen William Shatner als Captain Kirk, sollte das die Verantwortlichen überzeugen.

Dennoch schwebte immer das Damoklesschwert über der Serie. Da wurde im Management um die Reihenfolge der Folgen gestritten, das Budget war ohnehin immer knapp, und mit jeder Staffel wurde aufgrund mangelnder Zuschauer der Sendeplatz weiter in ungünstigere Positionen gerückt. Nach nur drei Staffeln und 79 Folgen wurde die Serie 1969 von NBC endgültig abgedreht.

William Shatner hat sehr zum Erfolg der Serie beigetragen und besucht auch heute noch Conventions.
AFP/VALERIE MACON

Natürlich war das nicht das Ende von Spock und Co. In den drei Jahren wurde der harte Fankern immer größer, auch weil diverse Privatsender die Folgen rauf und runter spielten. Auch die Ausstrahlung in anderen Ländern, im deutschsprachigen Raum etwa Anfang der 1970er-Jahre, ließ junge Menschen von unendlichen Weiten träumen, von Abenteuern im Weltall und einer diversen Gesellschaft, die gemeinsam diese Reisen meistern wollen. Auf der Brücke saßen damals nämlich nicht nur Außerirdische, sondern mit Pavel Chekov ein beim Publikum trotz Kalten Krieges beliebter Russe, ein schottischer Chefingenieur, ein Japaner am Navigationspult und eine schwarze Kommunikationsoffizierin.

Kuss zwischen Uhura und Kirk

Vor allem der Kuss zwischen ebenjener Lieutenant Uhura und Kirk ging in die US-amerikanische Seriengeschichte ein, war es doch der erste Kuss zwischen einer schwarzen Frau und einem weißen Mann im US-Fernsehen. Ansonsten waren Frauen sicher unterrepräsentiert beziehungsweise waren sie die Love-Interests der Protagonisten oder Statisten in kurzen Röcken, die einmal durchs Bild laufen durften. Das änderte sich in Nachfolgeserien, etwa "Star Trek: Voyager" oder auch "Star Trek: Discovery".

Ansonsten hatte die Serie aber schon damals mehr zu erzählen als viele aktuelle Vertreter. Es ging um Rassismus, Sexismus, und auch der Bezug zum Kalten Krieg war immer wieder Thema. Vor allem ging es um einen Grundoptimismus, obwohl natürlich in jeder Folge viele Dramen und Gefahren lauerten. Dazu durften die Hauptdarsteller im Laufe der Serie immer engere Bünde schließen, scherzten miteinander, und es wurden ikonische Dinge wie der vulkanische Gruß erfunden.

Raumschiff Enterpriese / Pluto
Auf Pluto.tv kann man immer wieder "Star Trek"-Serien schauen. Aktuell läuft die nicht so erfolgreiche Zeichentrickserie, die auf den Charakteren von "Raumschiff Enterprise" basiert.
Raumschiff Enterpriese / Pluto

Auswirkungen auf heute

Was die Serie – die derzeit auf Netflix abzurufen ist – völlig abseits des TV-Schirms geschafft hat, war es, Menschen dazu zu motivieren, Wissenschafter oder Forscher zu werden oder zumindest ein Grundinteresse an diesen Dingen in ihr Leben mitzunehmen. Bei aktuellen VR-Entwicklungen wird immer wieder das "Holo Deck" von "Star Trek" erwähnt, der "Communicator" war ein frühes Smartphone, und kein Jahr vergeht, an dem nicht irgendwo auf der Welt kleinste Teile "gebeamt" werden in der Hoffnung, irgendwann einmal einen Menschen auf ein Raumschiff beamen zu können.

Sieht man sich die Serie heute an, sind die technische Umsetzung und die aufgrund des geringen Budgets marginalen Kulissen natürlich schwer auszuhalten. Ohne die Brille eines Kindes, das diese Bilder damals viel spektakulärer wahrgenommen hat, wird man sich das wohl kaum antun wollen. Wenn Kirk gegen einen Mann im Dinosaurierkostüm ringt oder wieder einmal besonders theatralisch Psychotricks von Außerirdischen dargestellt werden müssen, dann springt man lieber zu den später erschienenen Kinofilmen, die zumindest ab Teil zwei auch heute noch geschaut werden können.

Die Formel, die 1966 holprig eingeführt wurde, hat auch im Jahr 2024 zahlreiche Kinder. Fünf Serien laufen aktuell mit dem Titel "Star Trek" auf diversen Streamingplattformen. Jene, die sich an das Original zumindest anlehnen, erfreuen sich fast 60 Jahre später sogar der größten Beliebtheit, beispielsweise "Star Trek: Strange New Worlds".

So visionär wie bei "Raumschiff Enterprise" war man in Hollywood tatsächlich selten, auch wenn man es damals noch gar nicht wusste. (Alexander Amon, 27.1.2024)