Gleich fallen die Hüllen vom neuen Macan bei der Weltpremiere in Singapur, davor noch kurz im Gespräch: Porsche-Chefdesigner Michael Mauer und Marc Fornes, Schöpfer der passenden Bühne für das Ereignis: "The Cocoon", anschließend Bestandteil der Singapore Art Week.
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"Das ist unser perfektes Auto für eine neue Ära der Mobilität." Porsche- und VW-Konzernchef Oliver Blume, in dem Fall vorwiegend als Porsche-Boss, ist bestimmt nicht nur berufsmäßig begeistert vom neuen Macan, dessen Weltpremiere in Singapur er gerade zelebriert. Und er ergänzt: "Wir heben den Macan auf ein völlig neues Niveau – mit außergewöhnlicher E-Performance, neuer Driver-Experience und ausdrucksstarkem Design." Außerdem, mit Blick auf die Region: "Porsche wird jünger und weiblicher, besonders hier in Asien."

Davor fallen mit viel Tamtam und Lichtshow die Hüllen von Macan Turbo und Macan 4, passenderweise im Kokon (The Cocoon) von Marc Fornes – das Kunstwerk debütierte ebenfalls und bleibt Bestandteil der Singapore Art Week 2024.

Voilà, da isser: Porsche-Chef Oliver Blume inszeniert den Macan als "perfektes Auto für die neue Ära".
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Veranstaltungsort ist das künstlich aufgeschüttete Parkgelände Gardens by the Bay östlich der Marina Bay, ein Publikumsmagnet allerersten Ranges, der Singapurs Anspruch, eine grüne Stadt zu sein, ganz handfest und analog dokumentiert. Hängende Gärten, wohin du blickst, Semiramis würde vor Neid erblassen, da werden neue Weltwunder inszeniert, womöglich ist auch der Macan als solches angedacht, doch schon steigen wir gedanklich auf die Keramikbremsen, zurück zur normativen Kraft des Faktischen.

Dazu gehört, dass wir im Rahmen der Weltpremiere Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Mann haben, der seit mittlerweile 20 Jahren für das Erscheinungsbild der Porsches verantwortlich ist, Michael Mauer, Jahrgang 1962. Er gilt nicht zu Unrecht als einer der herausragenden Automobildesigner der Gegenwart und schafft es von Mal zu Mal, einen Porsche wie einen Porsche aussehen zu lassen bei gleichzeitiger individueller Ausformung jeder Baureihe.

An der Front wurde die Viererleuchtengrafik des Taycan übernommen und modifiziert, die Proportionen des neue Macan sind ausgewogener als bisher – dank längeren Radstands und kürzerer Überhänge.
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"Porsche bleibt Porsche. Auch ein elektrischer Porsche ist der Sportwagen im Segment", das wäre die Ausgangslage beim Macan. Den Wechsel der Antriebskonzepte und ihre Auswirkungen auf das Styling vergleicht Mauer mit dem seinerzeitigen vom luft- auf den wassergekühlten 1997, so was sei "immer eine Herausforderung", jetzt eben der Übergang vom Verbrennungsmotor auf Elektro.

Eine besondere Problemstellung sei dabei die Aerodynamik gewesen, da nun mal essenziell bei Elektroautos. Ergo habe man ganz eng mit den Aerodynamikern zusammengearbeitet. Ergebnis: Der Macan erreicht mit einem Luftwiderstandsbeiwert von 0,25 (bisher 0,35) ein ganz neues Niveau. "Ich bin immer wieder überrascht von den Auswirkungen, die selbst kleinste Details haben können. Wenige Millimeter entscheiden über etliche Kilometer mehr oder weniger Reichweite. Manches aber würde die Proportionen so markant beeinflussen, dass wir sagen: nein."

Schwierigste Übung unter der Prämisse möglichst günstiger Aerodynamik war die Heckgestaltung. Hinten bleibt überraschenderweise immer noch gute Kopffreiheit über.
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Größerer Radstand, kürzere Überhänge, kein Höhenwachstum, das sei letztlich herausgekommen, wobei bei der möglichst windschlüpfrigen Gestaltung des neuen Macan die Heckgestaltung die größte Aufmerksamkeit verlangt habe und dessen Feinschliff, inklusive aktiven Heckspoilers.

Dass man sich beim neuen Bildschirmkonzept – erstmals beinhalten die Hauptinstrumente ein Augmented-Reality-Display – nicht auf einen großen stehenden zentralen Bildschirm (siehe Tesla) eingelassen habe, sei nicht selbstverständlich, sondern Ergebnis intensiver interner Debatten gewesen. Die jetzige Lösung fügt sich nahtlos in das, was man von Porsche kennt und erwartet, das betrifft auch das erstmals verfügbare Beifahrer-Display.

Bei den Frontleuchten greift der Macan die charakteristischen vier Striche des Taycan, des ersten Elektrofahrzeugs der Marke, auf. Und die LED-Revolution biete aber natürlich "extrem viele Möglichkeiten. Das ist faszinierend und für einen Designer paradiesisch." Andererseits, was das Interieur betrifft, Stichwort Ambiente-Licht und LED-Einsatz: "Viele Autos sind inzwischen rollende Disco-Kugeln, speziell wenn man nach China blickt." Die Kernfrage sei, wo und wofür Porsche stehe, "wie weit kann ich gehen – und was ist nicht machbar".

Klar gestaltetes Cockpit – erstmals mit Augmented-Reality-Instrumenten, erstmals auch mit Beifahrer-Screen, falls einen dort die Langeweile über den Fahrstil der Person am Lenkrad überkommt.
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Ob die unterschiedlichen Geschlechterrollen Einfluss auf das Design gewännen? "Logisch ist das ein Thema. Zum Beispiel geht es immer wieder um Ablagen – wie praktisch sind die. Können die auch mit langen Fingernägeln bedient werden und so."

Wie lange er Porsche noch als Chefdesigner erhalten bleibe, wollen wir schließlich noch von Mauer wissen. "Das hängt nicht von mir ab. Aber es ist ein Traumjob." Und ob es in seiner langen Laufbahn noch ein offenes Desideratum gebe? "Ein kleiner, leichter, puristischer Porsche wäre noch mein Wunsch. Da kommt Porsche ja her."

Vorne hat Porsche einen großen Frunk mit 84 Litern Volumen untergebracht. Grund: Es gibt viele Märkte und Kunden, die damit ganz glücklich sind.
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Elektrisch natürlich, und damit zur Frage: Warum die E-Macan-Weltpremiere in Singapur? Es kommt einem die dortige Schlacht vom Februar 1942 in den Sinn. Damals eroberten die japanischen Streitkräfte die als uneinnehmbar geltende Hafenfestung Singapur, ein Schock für die Briten, die auch noch die zwei Großkampfschiffe Prince of Wales und Repulse verloren.

Es geht also um Eroberungsstrategie, wenn auch selbstverständlich unblutig, der boomende Stadtstaat war ein weißer Punkt auf der Porsche-Landkarte, jetzt steckt ein rotes Fähnchen drin, Porsche-Pferd trifft Singapur-Löwen. Der Hersteller drückt das klarerweise anders aus, der Stadtstaat sei ein ideales Umfeld, Porsche und Singapur hätten dieselben Schwerpunkte Innovation und Nachhaltigkeit, und mehr zu dieser Region als Automarkt demnächst in einem eigenen Beitrag.

Jedenfalls, mit dem Macan sind jetzt zwei Drittel der strategischen Neuaufstellungsstrecke geschafft, nächstes Jahr kommt noch der batterieelektrische 718 hinzu, Porsches erster Sportwagen mit diesem Antriebskonzept. Dann stellt sich die Modellpalette zweigleisig vor. Verbrennungsmotorisch und elektrisch je ein Sportwagen, eine Limousine und ein Sportwagen – hie 911, Panamera und Cayenne, da 718 (Boxster und Cayman), Taycan und Macan –, die Verbrenner von den Abmessungen her etwas größer dimensioniert als die E-Modelle.

Mit über zwei Jahren Verspätung ist die Premium Platform Electric (PPE) endlich fertig. Die Konzernplattform für Premium-Elektrofahrzeuge wurde gemeinsam von Audi und Porsche entwickelt.
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Auf diese Weise sollten die meisten Absatzrisiken rund um die Welt einigermaßen abgefedert sein und der Porsche-Mythos zukunftsfähig bleiben, wobei, schon klar: Aus offizieller derzeitiger Porsche-Sicht ist das natürlich nur eine Momentaufnahme auf dem Weg zum reinen Elektroautohersteller.

Der Macan ist, wie gesagt, Porsches Erstling auf der gemeinsam mit Audi entwickelten Oberklasse-Elektroplattform PPE – für die "Masse" setzt der VW-Konzern ja die 400-Volt-Architektur MEB (Modularer E-Antriebs-Baukasten) ein. Ursprünglich sollten die ersten PPE-Fahrzeuge 2022 auf den Plan treten, im Herbst 2022 hieß es dann, der Elektro-Macan starte Anfang 2024, jetzt wird es die zweite Jahreshälfte. Es gab also reichlich Verzögerungen, und die lagen nicht nur an Corona und Halbleiterkrise, unter anderem spielte auch der Tesla-Druck eine Rolle.

Bevor wir kurz die wesentlichen technischen Daten und Abmessungen zu Papier bringen, ein Wort noch zur Arbeitsteilung bei der Entwicklung der Plattform. Zwar wurde die gemeinsam mit Audi entwickelt, hauptverantwortlich für den Vorderwagen (Doppelquerlenker-Achse) waren dabei aber die Ingolstädter, derweil Porsche sich auf den Hinterwagen konzentrierte.

Originelle Idee: Das Porsche-Logo auf dem Macan Turbo ist monochrom gehalten.
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PPE ermöglicht selbstverständlich Allrad- und Heckantrieb, zum Einsatz kommen PSM-Motoren (permanentmagnetische), bei denen man Porsche-relevante Vorteile gegenüber Asynchronmaschinen ortet.

Damit konkret zum Macan. Der Heckmotor ist dort weit hinten positioniert, woraus eine leicht hecklastige Achslastbalance von 48:52 resultiert. Das adaptive Fahrwerk des Macan Turbo – der Macan 4 hat eine Stahlfederung – setzt auf Zwei-Ventil-Dämpfer-Luftfederung, wie auch der unlängst präsentierte neue Panamera. Und zwecks maximaler Fahrdynamik kommt in den Topversionen eine elektronisch geregelte Quersperre (Porsche Torque Vectoring Plus, PTV Plus) zum Einsatz.

Dass der Macan auch als Elektro-SUV fahrdynamisch Maßstäbe setzen soll, ist Ehrensache. Für besondere Wendigkeit sorgt die optionale Hinterachslenkung – 11,1 Meter Wendekreis.
Foto: Porsche

Die Batterie stammt von LG aus dem Werk im schlesischen Breslau, ist nicht gar so weit bis Leipzig, wo der Elektro-Macan gebaut wird – 600 Millionen Euro hat Porsche in den Ausbau des Werks im schönen Sachsenland investiert –, und hat brutto eine Kapazität von 100 Kilowattstunden, netto 95.

Die 800-Volt-Technologie und die maximale Ladeleistung von 270 kW erinnern stark an den Solitär Taycan, der Macan soll aber noch schneller sein beim Ladevorgang, in 21 Minuten sei der wünschenswerte 80-Prozent-Ladestand, ausgehend von zehn Prozent, erreicht, sagt Porsche – etwas über 25 (bei 225 kW) sind es beim Taycan.

800 Volt nochmal: Hyundai-Kia aus Korea war bekanntlich der erste Massenhersteller, der mit E-GMP (Electric Global Modular Platform) auf eine Bodengruppe mit 800-Volt-Technik setzte. Jetzt also auch die Premium-Marken des VW-Konzerns.

Das erlaubt beim Macan zudem solide Rekuperationsleistungen von bis zu 240 kW, und weil Gewichtsersparnis bei diesen Elektro-Schwergewichten stets massiv ein Thema ist, freut sich Porsche über die IPB (Integrated Power Box; jaja, so spricht man heute in Zuffenhausen; das Behältnis vereint drei Bauteile: Onboard-AC-Lader, Hochvolt-Heizer und DC/DC-Wandler) auch in dem Punkt, sie spart nämlich nicht nur Bauraum, sondern auch Gewicht. Was der E-Macan insgesamt wiegt? Leer im Falle des S bringt er 2.330 Kilogramm auf die Waage, der Turbo 2.405.

Die Gleichstrom-Ladeleistung liegt bei maximal 270 kW – Ladedauer zehn bis 80 Prozent: 21 Minuten.
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Vorfahren wird der Elektro-Sport-SUV, wie gesagt, zunächst als Macan 4 (300 kW / 408 PS, 650 Nm Drehmoment) und Macan Turbo (470 kW / 639 PS, 1130 Nm), in beiden Fällen mit Allradantrieb, und die maximale Reichweite liegt hier bei 613 Kilometern, da bei 591. Verbrauchswerte? 17,9 bis 21,1 kWh / 100 km im einen Fall, 18,8 bis 20,7 im anderen.

Zu den Abmessungen: 4,78 Meter lang ist der Strom-Macan, das sind zehn Zentimeter mehr als bisher. 1,94 Meter Breite (bisher 1,92), 1,62 Höhe (1,62) und 2,89 Meter (2,81) Radstand sowie 540 bis 1.348 Liter Kofferraumvolumen plus ein Frunk mit 84 komplettieren das Bild. Damit das Wachstum sich nicht auf die Wendigkeit auswirkt, gibt es erstmals optional (sprich: gegen Aufpreis) auch eine Allradlenkung mit maximal fünf Grad Einschlagwinkel, woraus sich schlanke 11,1 Meter Wendekreis ergeben.

Seit seiner Markteinführung vor zehn Jahren hat sich der konventionell angetriebene Macan, der mit erheblichem Entwicklungsaufwand vom Audi Q5 abgeleitet war und den es bis 2018 sogar mit famosem V6-Selbstzünder gab, über 844.000-mal verkauft. Wie wichtig der kleinere der beiden SUVs für die Marke ist, zeigt auch der Umstand, dass er zwischen 2015 und 2022 sechsmal der meistverkaufte Porsche war, und wenn im Vorjahr 87.000 Macans ausgeliefert wurde, unterstreicht er damit noch einmal eindrucksvoll seine Qualitäten als Dauerläufer.

Am Vorabend der Weltpremiere eröffnete Porsche das Porsche Studio in Singapur, das erste seiner Art in der grünen Megacity.
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Für fast ungetrübte Freude hat der Macan auch in Österreich gesorgt, wenn auch die Gewichtungen in den einzelnen Baureihen etwas anders gelagert waren. Seit 2014 wurden laut Helmut Eggert, Geschäftsführer beim Importeur, 3.232 Macans bei uns zugelassen, "in den stärksten Jahren (2015, '16, '17 und '19, Anm.) entfiel jede dritte Porsche-Neuzulassung auf diesen SUV." 911, Cayenne und Taycan schlugen sich seit 2021 bei uns noch besser als der Macan – dessen Verkauf in der EU und damit auch in Österreich Ende Juni eingestellt wird. Außerhalb bleibt er noch länger parallel zum Neuen im Angebot.

Die Erwartungen in den Elektro-Macan, der in der zweiten Jahreshälfte Österreich-Markstart hat? "Wir rechnen für heuer noch mit 300 bis 400 Bestellungen. Im Volljahr 2025 werden es wohl um die 500 sein. Das entspricht in etwa den besten Jahren des Vorgängermodells, wenn sich das in den Zulassungen niederschlägt – sofern es zu keinen Lieferproblemen kommt." Ob der Elektro-Macan nicht doch reichlich spät auf den Markt komme? "Wir sind mit dem richtigen Produkt zur rechten Zeit da."

Was der PPE-Mobilitätswende-Porsche kosten darf? Macan 4: ab 86.761 Euro, Macan Turbo: ab 117.495. Zum Vergleich die Preispalette des auslaufenden Modells: 91.201 bis 132.834 Euro. (Andreas Stockinger, 25.1.2024)