Joan E. Donoghue ist Präsidentin am Uno-Weltgericht.
Wenn die Amtszeit von Richterin Joan E. Donoghue am 6. Februar ausläuft, kann die Präsidentin am Uno-Weltgericht auf eine turbulente und von Kriegen geprägte Zeit zurückblicken.
IMAGO/Sipa USA

Kaum zwei Jahre ist es her, dass Joan E. Donoghue in der Mitte der Richterbank am Internationalen Gerichtshof Platz nahm und Russland zum Abzug aus der Ukraine aufforderte. Die vorläufige Anordnung in dem offenen Rechtsstreit blieb bekanntlich folgenlos. Das höchste Uno-Gericht, das Völkerrechtsstreitigkeiten zwischen Staaten klärt, hat keine Mittel zur Durchsetzung. Symbolisch wiegen seine Entscheide aber schwer.

Am Freitag wird die seit 2021 amtierende Gerichtspräsidentin Donoghue erneut unter großer medialer Aufmerksamkeit den Vorsitz zwischen 14 weiteren Richterinnen und Richtern einnehmen und womöglich vorläufige Maßnahmen in einem weiteren die Welt aufrüttelnden Krieg anordnen. Ende 2023 hatte Südafrika das Gericht mit Völkermordvorwürfen gegen Israel angerufen und ein Ende der Kämpfe im Gazastreifen verlangt. Israel, das dort seit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober einen blutigen Krieg mit vielen zivilen Toten gegen Terroristen führt, und sein Verbündeter USA erklären die Vorwürfe für haltlos. Israel will sich nicht reinreden lassen.

Der Uno verpflichtet

Nun sind die 15 Richterinnen und Richter, plus je einer aus Israel und Südafrika, am Zug. Während die Beurteilung der Vorwürfe Jahre dauern wird, ist der Entscheid über vorläufige Maßnahmen gefallen. Richterin Donoghue wird ihn Freitagmittag im Haager Friedenspalast kundtun.

Dass ausgerechnet eine US-Amerikanerin dem Gericht vorsitzt, mag verwundern. Immerhin erkennen die USA seine Gerichtsbarkeit nicht an. Washington will sich, wie auch Moskau oder Peking, nichts vorschreiben lassen. Die 67-Jährige gilt jedenfalls als überzeugte Völkerrechtlerin. "Richter sind Menschen und damit Produkte ihrer Lebenserfahrungen, aber sie sind nicht immer mit jeder Position ihres Landes einverstanden", sagte sie einst einer kalifornischen Zeitung. Sie sei der Uno zur Rechenschaft verpflichtet.

Ihre Leidenschaft für Jus entdeckte die 1956 bei New York Geborene im Russistik-Studium in kalifornischen Santa Cruz bei einer Seminararbeit über die Gesetze der Sowjetunion. Während ihres Jusstudiums in Berkeley spezialisierte sie sich auf Völkerrecht. Das Gros ihrer Karriere verbrachte sie neben Uni-Lehraufträgen im US-Außenamt. Zuletzt beriet sie die Ex-Außenministerin Hillary Clinton und Ex-Präsident Barak Obama in Völkerrechtsfragen. 2010 kam sie als erst vierte Frau an das Weltgericht. Wie es ihr Amt gebietet, tritt sie selten öffentlich auf. Am 6. Februar endet ihre von globalen Turbulenzen geprägte Amtszeit als Richterin und Präsidentin am Internationalen Gerichtshof. (Flora Mory, 25.1.2024)