Beim Nato-Treffen im Juli 2023 trafen sich Recep Tayyip Erdoğan und Ulf Kristersson, Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nahm das erfreut zur Kenntnis.
Beim Nato-Gipfel im Juli 2023 trafen sich Recep Tayyip Erdoğan (links) und Ulf Kristersson (rechts). Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (Mitte) nahm das erfreut zur Kenntnis.
AP/Yves Herman

Am Ende ging es dann doch schneller als erwartet. Nachdem das türkische Parlament Dienstagnacht mit großer Mehrheit dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, hat Präsident Recep Tayyip Erdoğan nun bereits am Donnerstagabend die Parlamentsentscheidung unterzeichnet und im Gesetzblatt veröffentlichen lassen. Damit steht der Weg für Schweden aus türkischer Sicht offen, was der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson noch am Donnerstagabend schriftlich begrüßte. Nun hängt der Beitritt Schwedens nur noch an Ungarn, was nach den letzten Äußerungen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán aber eine reine Formsache sein dürfte.

Dass es jetzt auf türkischer Seite am Ende doch sehr schnell ging, scheint einem zuvor zwischen der Türkei und den USA abgesprochenen Prozedere zu entsprechen. Unmittelbar nachdem die türkische Zustimmung zu Schwedens Nato-Beitritt offiziell war, schickte die US-Administration einen bereits vorbereiteten Brief von Präsident Joe Biden an verschiedene Ausschüsse des Kongresses, in dem die Abgeordneten und Senatoren aufgefordert werden, dem Verkauf von 40 F-16-Kampfflugzeugen und 80 weiteren Modernisierungspaketen für bereits in der Türkei vorhandene F-16-Flieger nicht im Weg zu stehen. Der Deal hätte ein Volumen von insgesamt 20 Milliarden Dollar. Das war das Signal, auf das die türkische Regierung lange gewartet hatte. Beides, Erdoğans Unterschrift und Bidens Schritt auf den Kongress zu, erfolgte nun praktisch zeitgleich.

In den türkischen Zeitungen läuft das Ganze am Freitag als endgültiger Durchbruch für den Verkauf der Kampfflugzeuge an die türkische Luftwaffe. Flankierend dazu hat der amerikanische Botschafter in Ankara, Jeff Flake, der Tageszeitung "Hürriyet" ein Interview gegeben. Er sagte, die Zustimmung des türkischen Parlaments zu Schwedens Nato-Beitritt sei in den USA "stark begrüßt" worden, sowohl vom Präsidenten als auch vom Kongress. "Damit ist der Weg frei für eine neue Kooperation und Zusammenarbeit in vielen Bereichen. Es wird eine neue Ära in der Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und der Türkei geben."

Streit um russische Waffen

Die Frage der Lieferung der Kampfflugzeuge war eines der großen Konfliktthemen zwischen den beiden Ländern in den letzten Jahren. Die Auseinandersetzung begann, als Erdoğan im Juni 2019 den Kauf russischer Flugabwehrsysteme vom Typ S-400 verkündete. Die USA warfen die Türkei daraufhin aus dem Konsortium zum Bau des modernsten Kampffliegers F-35 hinaus, da die Gefahr bestünde, dass die russischen Systeme die US-Kampfflugzeuge ausspionieren könnten. Als Ersatz wollte die Türkei dann die weniger ambitionierten F-16-Kampfflieger kaufen.

Das zweite große Problem ist die Zusammenarbeit der US-Armee mit der syrischen Kurdenmiliz YPG bei der Bekämpfung des IS in Syrien und im Irak. Für die Türkei gehört die YPG zur PKK und ist damit eine direkte Bedrohung für die türkische Grenze.

Probleme bleiben

Auch wenn Biden der Türkei nun neue F-16-Flugzeuge liefern sollte, bleibt sowohl das Problem mit den russischen S-400-Systemen als auch das der US-Zusammenarbeit mit den Kurden bestehen. Eine echte Verbesserung der Zusammenarbeit wird es deshalb trotz gegenteiliger Beteuerungen kaum geben, jedenfalls nicht, solange Biden US-Präsident ist.

In der Nato schaut man nun noch auf Viktor Orbán. Der hatte im Windschatten Erdoğans lange ebenfalls auf Kosten Schwedens taktiert, um den Rechtsstaatsvorbehalt der EU gegen Ungarn aushebeln zu können. Nachdem Erdoğan nun eingeschwenkt ist, hat auch Orbán sein Parlament aufgefordert, den schwedischen Nato-Beitritt schnellstmöglich zu ratifizieren. (Jürgen Gottschlich aus Istanbul, 26.1.2024)