Berlin – "Mensch ärgere dich nicht" ist eines der erfolgreichsten Gesellschaftsspiele der Welt. Jetzt wird das Brettspiel aus Deutschland, das auf Würfelglück setzt, 110 Jahre alt. 100 Millionen Exemplare wurden nach Angaben von Schmidt Spiele mit Sitz in Berlin bisher verkauft. Auf der Spielwarenmesse in Nürnberg wird der Verlag das Jubiläum am Dienstag groß feiern.

Generationen von Kindern sind mit
Generationen von Kindern sind mit "Mensch ärgere dich nicht" aufgewachsen.
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Dass das Spiel so ein Erfolg werde, damit habe Erfinder Josef Friedrich Schmidt wohl nicht gerechnet, als er damals das Spiel in seiner Wohnküche in München entwickelt habe, teilte Verlag-Geschäftsführer Axel Kaldenhoven mit. Der Durchbruch kam 1914 mit dem Ersten Weltkrieg: Schmidt schickte 3.000 Exemplare an Lazarette, wo verwundete Soldaten das Spiel zu schätzen lernten und später mit nach Hause zu ihren Familien nahmen.

Generationen von Kindern sind mit "Mensch ärgere dich nicht" aufgewachsen, haben es mit Eltern, Großeltern oder im Kindergarten gespielt. Auch heute sei es nach wie vor eines der großen Familienspiele, meint Stefanie Kuschill vom Deutschen Spielearchiv in Nürnberg. "Vermutlich gibt es kaum einen Spiele-Haushalt ohne zumindest eine 'Mensch ärgere dich nicht'-Variante."

Einfach und deshalb erfolgreich

Dieser Erfolg ist angesichts der Konkurrenz heute sogar noch erstaunlicher. Jedes Jahr kommen hunderte neue Spiele auf den Markt, viele davon deutlich aufwendiger gestaltet und ausgefeilter in der Spielstrategie. Doch gerade die Einfachheit bei "Mensch ärgere dich nicht" macht aus Sicht von Kuschill dessen Reiz aus: "Es kann sich recht mühelos generationsübergreifend geärgert werden."

Das sieht der Medienwissenschafter Christian Gürtler von der Universität in Erlangen genauso. Studien zeigten, dass zu komplexe Regeln die Motivation hemmen könnten, ein Spiel zu beginnen, erläutert er. Bei "Mensch ärgere dich nicht" seien die Regeln relativ einfach, sodass kleine Kinder diese schon begreifen könnten. "Es ist ein gutes Einstiegsspiel, um zu lernen, Regeln einzuhalten, zu zählen und die Emotionen zu regulieren."

Dabei spielt kaum jemand nach den Originalregeln. "Die wohl häufigste Abweichung findet sich direkt beim Start des Spiels", erläutert eine Sprecherin von Schmidt Spiele. Die meisten Menschen spielten es so, dass man am Anfang eine Sechs würfeln müsse, um die erste Figur auf das Startfeld zu ziehen. Nach den Originalregeln stehe diese Figur aber bereits zu Beginn dort.

Der "Ärger"-Faktor

Erfinder Josef Friedrich Schmidt soll eine Beschäftigung mit seinen Kindern nach einem langen Arbeitstag gesucht haben, wird vermutet. "Er hatte drei Söhne, die sehr lebendig waren, und für die hat er einen Zeitvertreib gesucht", sagt Stefanie Riß, Leiterin des Stadtmuseums im oberpfälzischen Amberg, der Geburtsstadt von Schmidt. Also zeichnete er ein Spielfeld auf eine alte Hutschachtel, als Vorlage dienten ihm dabei andere Laufspiele wie Pachisi oder Ludo. Er veränderte allerdings die Regeln – und brachte den "Ärger"-Faktor hinein, wie Riß es nennt.

Amberg ist jedoch nicht nur die Geburtsstadt von Schmidt. Amberg hält auch den Weltrekord im "Mensch ärgere dich nicht"-Spielen. Im Juli 2023 kamen dort laut dem Rekord-Institut Deutschland rund 2.100 Menschen zusammen, um miteinander zu spielen. Damit ging der Weltrekord nach 2017 zum zweiten Mal nach Amberg. (APA, dpa, 26.1.2024)