Ralf Rangnick (65) wird deutlich.
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Christian Streich ist Kult. Der ewige Trainer des SC Freiburg sagt, was er denkt, er hat sich von Fragen emanzipiert. Es ist eine Woche her, da sorgte er in Deutschland für Aufsehen. Er hielt während einer Pressekonferenz eine beeindruckende Rede, warnte vor dem Rechtsextremismus, griff die AfD an. "Wer jetzt nicht aufsteht, der hat nichts verstanden. Wer jetzt nichts tut, hat in der Schule und in Geschichte nichts verstanden. Es soll mir keiner rumjammern, wenn er hinterher von einer rechtsnationalen Partei autokratisch regiert wird", sagte der 58-Jährige. "Ich lebe seit 58 Jahren als freier Mensch in einer Demokratie. Dafür bin ich unendlich dankbar. Was da für ein Vokabular verwendet wird, ist unglaublich. Es ist fünf Minuten vor zwölf."

Kollegen wie Thomas Tuchel (Bayern München) Marco Rose (Leipzig) oder Ole Werner (Werder Bremen) zogen nach. Uli Hoeneß, ein Konservativer, der der CSU nahesteht, hatte bei der Gedenkfeier für Franz Beckenbauer Kante gezeigt. Der verstorbene Kaiser habe durch die WM 2006 in Deutschland "einen Prozess angestoßen". Dieser sei auch in Zukunft wünschenswert, "die AfD möchte ich aber nicht dabeihaben". In Deutschland gingen bei Massendemonstrationen Hunderttausende auf die Straße, Hauptplätze mussten wegen Überfüllung gesperrt werden. Streich ging selbstverständlich mit.

Christian Streich (58) wird deutlich.
IMAGO/Jöran Steinsiek

Bernd Neuendorf, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), sagte, man trete "denjenigen entschieden entgegen, die menschenverachtende und verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen. Dazu zähle ich persönlich auch die AfD."

Umfragen

Die AfD liegt in deutschlandweiten Umfragen hinter der CDU an zweiter Stelle, im Osten sogar an erster. In Österreich rangiert die FPÖ seit einer gefühlten Ewigkeit unangefochten auf Platz eins. "Volkskanzler" Herbert Kickl betont die Verbundenheit mit der AfD, zwischen diese beiden Parteien passe quasi kein Blatt Papier.

In Österreich wurde am Freitagabend gegen Rechtsextremismus demonstriert. Auf dem Fußballplatz ist der Unterschied gering, im November hat Deutschland im Happel-Stadion 0:2 verloren. Hierzulande halten sich Sportler und Sportlerinnen mit politischen Aussagen zurück. Das kann man gutheißen oder nicht. Man will es sich halt mit niemandem verscherzen, vielleicht liegt es auch daran, dass man sich nicht so wichtig nehmen möchte.

ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick, er ist Deutscher und demnach Gastarbeiter, wollte sich nicht konkret über die hiesigen Verhältnisse äußern. Er sagte dem STANDARD: "Hass und Hetze gegen Minderheiten dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Wenn in Europa nun aber rechtsextreme Kräfte offen davon sprechen, Menschen aufgrund ihrer Herkunft deportieren zu wollen, zeigt das, wie stark unsere liberale und offene Grundordnung gefährdet ist. Es ist wirklich allerhöchste Zeit, dass wir alle ein Zeichen setzen: für die Demokratie, gegen jede Form von Rassismus und Ausgrenzung." Da Österreich, Kickl und FPÖ inklusive, ein Teil Europas ist, ist Rangnicks Antwort durchaus konkret.

Leitbild

Steffen Hofmann, Rapids Geschäftsführer und über die Grenzen Hütteldorfs hinaus eine Fußballlegende, stammt ebenfalls aus Deutschland, hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Er lebt mit seiner Familie seit mehr als 20 Jahren in Wien. Und dabei bleibt es wohl. "Ich sage zu keiner Partei etwas", sagt er dem STANDARD. Was er aber sagt: "Ich stehe für menschliche Vielfalt, und ich lebe das. Es gehört übrigens auch zu Rapids Leitbild." Und damit ist alles gesagt.

Der Fußballbund ÖFB hält sich ebenfalls aus der Parteipolitik raus. Präsident Klaus Mitterdorfer teilte dem STANDARD schriftlich mit: "Als größter Sportfachverband Österreichs steht der ÖFB für Vielfalt, Toleranz und Integration in allen Bereichen der Gesellschaft. Wir nehmen gewaltbereiten Extremismus als aktuelles gesellschaftliches Problem wahr, das den Zusammenhalt und die Werte unserer Gesellschaft gefährdet. Der ÖFB ist bestrebt, ein Umfeld mitzugestalten, in dem alle Menschen ungeachtet von Herkunft, Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung offen aufgenommen und integriert werden. Wir haben im ÖFB eine Abteilung für Fußball und soziale Verantwortung, die sich auch mit Gewalt- und Extremismusprävention auseinandersetzt."

Hofmann hofft, dass die EM im Sommer in Deutschland gelingt, die Gastgeber sportlich erfolgreich sind. "Das wäre für die Stimmung im ganzen Land wichtig. Wirtschaftlich und gesellschaftlich."

Christian Streich wird am Samstag nach dem Spiel bei Werder Bremen eine obligatorische Pressekonferenz geben. Selbstverständlich wird er auch Fragen beantworten. (Christian Hackl, 27.1.2024)