Solarkraftwerke Europa
Solarkraftwerke sind auch in Europa für die Energiewende essenziell.
IMAGO

Photovoltaik hat sich in den vergangenen Jahren als eine der zentralen Technologien unserer Zeit herauskristallisiert. Als Stromlieferant, der wesentlich günstiger sein kann als fossile Rohstoffe, ist sie ein wesentlicher Treiber der Energiewende. Und obwohl schon viele Jahrzehnte verfügbar, sind noch einige technologische Durchbrüche zu erwarten. Durch neue Dünnschichtmodule wird Photovoltaik wesentlich vielseitiger einsetzbar.

In den Labors entstehen gleichzeitig neue Solarzellen-Generationen auf Basis von Perowskiten – einem Material, das nach Mineralien mit einer speziellen Kristallstruktur benannt ist. Der Ansatz verspricht nicht nur dünne und leichte Paneele mit höherem Wirkungsgrad, sie sollen auch günstiger und einfacher herstellbar sein als die konventionellen Pendants auf Siliziumbasis.

EU will gegen Asien bestehen

Schlüsseltechnologien wie diese möchte Europa nicht der ostasiatischen Konkurrenz überlassen. Um konkurrenzfähig zu sein, braucht es aber effizientere und weitgehend automatisierte Produktionsanlagen. In diesem Kontext ist auch das EU-Projekt "Platform Zero" zu sehen, in dem innovative Fertigungsansätze für vier Pilotanlagen entwickelt werden, die die Produktionskosten reduzieren, die Produktqualität aber gleichzeitig steigen lassen.

Dazu gehört etwa, dass die Fertigung präzise genug ist, um Ausschussware möglichst auszuschließen. In Österreich ist neben dem Austrian Institute of Technology (AIT) das auf innovative Informatiklösungen spezialisierte Forschungsunternehmen RISC Software in Oberösterreich an der Entwicklung dieser "Null-Fehler-Produktion" beteiligt. Eine der Pilotanlagen soll beim Tiroler Photovoltaik-Start-up Sunplugged entstehen.

Dünne Solarzelle
Ultradünne Solarzellen ermöglichen einen viel flexibleren Einsatz.
Sunplugged

Die drastische Reduktion von Produktionsfehlern soll im Projekt durch hochentwickelte Systeme erreicht werden, die laufend aktuelle Prozessdaten erfassen und eine vorausschauende Steuerung erlauben. "Sensordaten kommen aus verschiedenen Quellen im Fertigungsprozess. Sie müssen analysiert und aufbereitet werden, um als Datenbasis für Machine-Learning-Systeme dienen zu können, die Qualitätseinbußen erkennen und sogar prognostizieren können", erklärt Paul Heinzlreiter von RISC Software. Mit seinem Team ist er im Projekt für Datenmanagement und die Entwicklung einer Steuerungssoftware zuständig. Eng kooperiert wird mit dem AIT, wo der Fokus unter anderem auf der Auswertung von Daten aus Bildsensoren mit Künstliche-Intelligenz-Systemen liegt.

Diverse Beschichtungsprozesse

Eine Fertigung im Bereich der Dünnschichtphotovoltaik besteht üblicherweise aus aufbauenden Produktionsschritten mit verschiedenen Beschichtungsprozessen. Halbleiter, leitende Elemente und selbst die Verschaltung über einzelne Zellen hinweg werden aufgedampft oder mit einer Drucktechnik aufgetragen. Die gewünschten Strukturen können zudem auch durch ein teilweises Wegätzen von davor aufgebrachten Schichten entstehen.

Die Resultate der einzelnen Produktionsschritte sollen anhand der im Projekt entwickelten Steuerungssysteme genau überwacht werden, um Ungenauigkeiten und Abweichungen von einem Optimum jederzeit vor Augen zu haben. Neben Kamerasensoren, die oberflächliche Fehlstellen erkennen lassen, können dabei auch spektrografische Auswertungen zum Einsatz kommen, die auf genaue Materialzusammensetzungen oder Schichtdicken rückschließen lassen.

Gebäudedächer besitzen ein riesiges Potenzial, um die Kraft der Sonne zu nutzen.
IMAGO/Harry Koerber

"Die Machine-Learning-Analysen, die mit den Daten dieser Sensorsysteme arbeiten, sollen bereits kleinste Abweichungen von einer maximalen Qualität erkennen lassen", erklärt Heinzlreiter. "Aufgrund der Auswertungen werden die Produktionsparameter angepasst, um diesen Ungenauigkeiten entgegenzuwirken und etwa die bestmögliche Energieausbeute der Photovoltaikzellen zu erreichen."

Hilfe durch künstliche Intelligenz

Die künstliche Intelligenz soll möglichst viele verschiedene Fehlercharakteristiken automatisch erkennen. Entsprechend umfassend und lückenlos müssen auch die Trainingsdaten sein, mit denen diese Machine-Learning-Systeme gefüttert werden. Die Forschenden müssen also Beispieldaten sammeln, die eine hohe Bandbreite an Produktionsresultaten abdecken. Die Chancen stehen gut, dass mit diesem datengetriebenen Ansatz ein gutes Ergebnis erzielt werden kann, ist Heinzlreiter überzeugt.

Weiterer Optimierungsbedarf könnte dagegen mit einer Erweiterung in Richtung eines hybriden Modells abgedeckt werden. Die KI-Methoden werden dabei mit einem physikalischen Modell ergänzt, das den Fertigungsprozess auf Basis aktueller Messdaten mathematisch beschreibt und auf diese Art "mitmodelliert". Gegebenenfalls könnten auch Trainingsdaten für den KI-Ansatz aus der physikalischen Modellierung entstehen.

Die vier Pilotanlagen, die im Rahmen von "Platform Zero" entstehen, sollen mit digitalen Qualitätssicherungssystemen dieser Art ausgestattet sein. Neben der Tiroler Fertigung bei Sunplugged, wo der Fokus auf flexibler Dünnschichtphotovoltaik für eine Reihe von Anwendungen liegt, gibt es weitere Standorte in Spanien, Deutschland und Polen. Am polnischen Standort sollen auch bereits neuartige Perowskit-basierte Produkte entstehen. Ein erstes Anwendungsgebiet davon: Minisolarzellen, die das meist künstliche Umgebungslicht in Supermärkten nutzen, um digitale Preisschilder mit Energie zu versorgen. (Alois Pumhösel, 30.1.2024)