Jürgen Klopp wie man ihn kennt: mit Emotionen bei der Sache.
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Kaum hatten Agenturen ihre Eilmeldung verschickt, trug die englische Fußballwelt Trauerflor. Weit über die Fanbasis des FC Liverpool und die Grenzen der nordenglischen Hafenstadt hinaus wurde der angekündigte Rückzug von Trainer Jürgen Klopp bedauert.

In Windeseile hatte sich am Freitagmittag das Video verbreitet, in dem der 56-jährige gebürtige Stuttgarter seinen Abschied von den Reds mit Ende der Saison verkündete. Zur Erklärung wählte Klopp eine Formel-1-Analogie: Er fühle sich wie ein "ziemlich guter" Bolide, der immer noch rasant unterwegs sei, "aber ich als Einziger sehe auch, dass die Tankanzeige zurückgeht". Mal wieder auftanken also – wie nach seinem Abschied von Borussia Dortmund 2015 will der Fußballmillionär nicht direkt in einen neuen Job wechseln.

Ehe der Apostel des Konzepts "Gegenpressing" ins ebenso selbstbewusste wie stets etwas larmoyante Liverpool kam, hatte der früher einmal vom Erfolg verwöhnte Liverpool FC viele Trainer und wenige Triumphe erlebt. Klopp kann dagegen im neunten Jahr seiner Amtszeit auf phänomenale Erfolge verweisen.

Jürgen Klopp und Liverpool, das passt zusammen.
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Mit Charme, demonstrativ zur Schau gestellter Begeisterung und viel Geld von Klubbesitzer John Henry aus den USA zimmerte "Kloppo" ein Team zusammen, das dreimal ins Finale der Champions League einzog, diese 2019 gewann und schließlich im Jahr darauf zum ersten Mal seit 30 Jahren auch endlich wieder die englische Meisterschaft holte. Die rote Hälfte der Liverpooler hätte Klopp sofort zum Bürgermeister auf Lebenszeit gewählt, die Blauen vom lokalen Konkurrenten Everton applaudierten neidisch.

Meisterlich verstand es der Vater zweier Söhne, der in zweiter Ehe mit der Sozialpädagogin und Kinderbuchautorin Ulla Sandrock verheiratet ist, auf der hochemotionalen Klaviatur dieser von irischen Einwanderern geprägten, London gegenüber extrem skeptischen Stadt zu spielen. Die Liverpudlians sahen ihn mehr und mehr als einen der Ihren.

Ob er ab Herbst nicht Rishi Sunak als Premierminister in London ablösen könne, wollte ein Anrufer im BBC-Radio wissen. Fast ebenso unmöglich scheint, dass Klopp sein Desinteresse am Job des deutschen Bundestrainers überdenkt. Geht die Heim-EM im Sommer aber schief, könnten die Rufe nach ihm unüberhörbar werden. (Sebastian Borger, 26.1.2024)