Holzhaus moderne Architektur
Holz als Baumaterial ist im Trend und könnte auch bei der Energiewende helfen.
IMAGO/Joerg Boethling

Das Heizen und Kühlen von Gebäuden zählt zu den wichtigsten energetischen Einsparpotenzialen. Im europäischen Projekt "Bio-Nrg-Store" (Bio-Based Phase Change Materials in Lignocellulose Matrix for Energy Store in Buildings) stehen natürliche Dämmmaterialien im Fokus, die Raumwärme aufnehmen, speichern und anschließend wieder abgeben, sobald die Raumtemperatur sich abkühlt. Dabei handelt es sich um sogenannte "Phasenwechselmaterialien" (engl. Phase-Change-Materials, PCM).

Ihr Funktionsprinzip beruht darauf, dass sie bei Wärmezufuhr ihren Aggregatzustand ändern, also beispielsweise vom festen in den flüssigen Zustand übergehen. Sobald die Umgebungstemperatur einen bestimmten, materialabhängigen Wert unterschreitet, kehrt sich der Prozess um, das Material erstarrt und gibt die zuvor gespeicherte Wärme wieder ab.

Holz als Baumaterial

Es gibt verschiedene Typen von Phasenwechselmaterialien. Im Projekt "Bio-Nrg-Store" konzentrieren sich die Wissenschafter auf Mischungen aus Pflanzenöl und Fettsäuren. Konkret wird ihr Einsatz in Verbindung mit Holzwerkstoffen getestet. "Der Trend geht dahin, immer mehr Wohngebäude aus natürlichen Materialien wie Holz zu bauen", sagt Thomas Schnabel, Forschungsleiter Green Engineering and Circular Design am Standort Kuchl der Fachhochschule Salzburg. "Allerdings kann man die Wärmespeicherfähigkeit von Holz nicht einfach dadurch erhöhen, dass man seine Struktur verändert."

Die Lösung besteht vielmehr darin, Holzbauteile mittels eines Druckverfahrens mit den Phasenwechselmaterialien zu imprägnieren und so die wärmespeichernden Eigenschaften des Naturmaterials positiv zu beeinflussen. Dabei macht man sich die poröse Struktur von Holz zunutze. Um das solcherart präparierte Baumaterial unter realistischen Bedingungen zu testen, haben die Forscher auf dem Campus Kuchl zwei baugleiche Minihäuser in Würfelform mit einem Meter Seitenlänge gebaut. Das eine ist mit imprägniertem Parkettboden bzw. imprägnierter Wandverkleidung ausgestattet. Das zweite Gebäude dient als Vergleichsobjekt. In beiden Kuben wird die Temperatur gemessen.

Thomas Schnabel und Jakub Grzybek von der FH Salzburg haben einen Forschungskubus direkt auf dem Campus Kuchl errichtet.
FH Salzburg

"Mit dieser Technologie sollen in erster Linie die Tagesspitzen reduziert werden", so Schnabel. "Dadurch muss im Winter weniger geheizt und im Sommer weniger gekühlt werden." Erste Versuche zeigen, dass die imprägnierten Bauteile Temperaturschwankungen im Rauminneren tatsächlich nennenswert verzögern. Das Material ist so gewählt, dass es zwischen rund 22 und 26 Grad Celsius schmilzt und zwischen rund 23 und 19 Grad Celsius wieder fest wird. Es handelt sich um ein passives System, man benötigt keine Verkabelung, Verrohrung oder Steuerungstechnik.

Ziel des Projekts ist jedoch noch kein markttaugliches Produkt, sondern vorerst der Nachweis, dass die Technologie grundsätzlich geeignet ist, einen nennenswerten Beitrag zur Reduktion von Tempertaturspitzen und von CO2-Emissionen im Wohnbau zu leisten. An drei Standorten in Schweden, der Türkei und Italien betreiben "Bio-Nrg-Store"-Projektpartner einen identischen Versuchsaufbau. Dadurch können die Materialien zeitgleich unter sehr unterschiedlichen klimatischen Bedingungen getestet werden.

Experimente mit Parkett

Parallel dazu arbeiten die Wissenschafter mit virtuellen Modellen, die es erlauben, Rückschlüsse der empirisch erhobenen Daten auf das Langzeitverhalten der eingesetzten Bauteile zu ziehen. Eine offene Forschungsfrage ist beispielsweise, wie man den Austritt der flüssigen Phasenwechselmaterialien verhindern kann. Im Falle des Parkettbodens verwenden die Salzburger dreischichtiges Fertigparkett, wobei nur die mittlere Schicht imprägniert wird. Dennoch bildet sich im Lauf der Zeit ein öliger Film an der Oberfläche des Bodens. "Das ist eine Herausforderung, mit der wir uns im Zuge von Folgeprojekten sicher noch intensiver beschäftigen werden", so Schnabel.

Das dreijährige Projekt vereint sieben Partner aus vier Ländern, verfügt über ein Budget von 1,28 Millionen Euro und wird von der türkischen Karadeniz Technical University koordiniert. Der österreichische Beitrag, den die Fachhochschule Salzburg leitet, wird von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG mit Mitteln aus dem Klimaschutzministerium unterstützt. (Raimund Lang, 6.9.2024)