Apple setzt die Regeln des DMA um, greift aber auf eine eigenwillige Interpretation des EU-Rechts zurück. Eine "Horrorshow", urteilen manche in der Branche.
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Die Kritik an Apple wächst, weil das Unternehmen die Vorschriften zur Umsetzung der neuen Spielregeln der Europäischen Union offenbar absichtlich verwirrend und schwer nachvollziehbar auslegt. Außerdem macht sich das Unternehmen selbst über die Regeln des Digital Markets Act (DMA) lustig: Es gehe darum, die Userinnen und User vor den Auswirkungen des DMA zu schützen. Dabei zwingt der DMA Apple eigentlich, seine Plattformen für andere Anbieter zu öffnen. Das dürfte in Cupertino nicht besonders gut ankommen. Die Kurzversion: Apple müsste eigentlich andere App-Stores, Sideloading und Alternativ-Browser zulassen. Doch Apple hat das Regelwerk durch versteckte und unkalkulierbare Gebühren verwässert, um nicht zu sagen sabotiert.

Tech-Unternehmen üben nun heftige Kritik an Apple, vor allem an dessen neu erfundener Technologiesteuer namens Core Technology Fee (CTF). Diese sieht unter anderem 50 Eurocent für jede Erstinstallation einer App über einen alternativen Store vor. Eine "totale Farce" nannte etwas Spotify Apples Vorgehen. Epic-Games-Boss Tim Sweeney bezeichnete die neue Regelung etwa als "hot garbage", Horrorshow oder "malicious compliance", also in etwa "bösartige Anpassung" der DMA-Regeln.

"Die falsche Richtung"

Jetzt kommt auch noch Kritik von Microsoft dazu, wobei man sich in Redmond etwas diplomatischer gibt. Apples Pläne seien "ein Schritt in die falsche Richtung", wie Xbox-Präsidentin Sarah Bond in einem Beitrag auf X, vormals Twitter, schrieb. Nachsatz: "Wir hoffen, dass sie auf das Feedback zu ihrem vorgeschlagenen Plan hören und auf eine integrativere Zukunft für alle hinarbeiten."

Ganz uneigennützig ist die Kritik von Microsoft freilich nicht, möchte doch die Gaming-Sparte unter dem Xbox-Label einen eigenen Mobile-Store starten, der laut den DMA-Regeln auch auf Apple-Geräten laufen müsste. Dieser Mobile-Store soll sich auf Inhalte von Activision Blizzard, Stichwort "Call of Duty", sowie die mobile Goldmine "Candy Crush Saga" stützen. Dementsprechend sieht man bei Microsoft den DMA als große Chance, die Marktmacht von Google und Apple im Mobilbereich zu brechen, wie der CEO von Microsofts Gaming-Sparte, Phil Spencer, selbst zugab.

Kritik kommt auch von der Mozilla Foundation. Wie "The Verge" berichtet, möchte man beim Browser-Hersteller die hauseigene Browser-Engine Gecko auch für iOS anbieten. Das wäre zumindest nun theoretisch laut den neuen Regeln von Apple möglich. Das Unternehmen zeigte sich dennoch extrem enttäuscht, weil Apple das Browser-Engine-Kit auf EU-spezifische Apps beschränkt.

In iOS 17.4 wird Apple die Tür für andere Browser-Engines als Webkit öffnen. Das macht es theoretisch möglich, andere Engines wie Blink (Chrome, Edge) sowie Gecko von Firefox zu nutzen. Da diese Änderung aber nur für Nutzer in EU-Staaten kommt, befürchtet man bei Mozilla einen deutlich höheren Entwicklungsaufwand, weil man zwei Browserversionen entwickeln muss, will man Firefox auch auf iOS-Geräten anbieten.

Bei der Europäischen Kommission gibt man sich noch zurückhaltend: Man werde auf Apples Maßnahmen reagieren, sobald die Vorschriften im März in Kraft treten. Aber: Die EU-Wettbewerbshüter kündigen schon jetzt "strenge Maßnahmen" an, sollten die Vorschläge von Apple nicht gut genug sein. (pez, 30.1.2024)