Die Mähne weht, die Sonnenbrille und das Lächeln sitzen, und Hansi Hinterseer streichelt eine Ziege. Das Grün der Wiese ist eine Augenweide, genauso wie der Protagonist, der seit Jahrzehnten auf der Sonnenseite des Lebens zu schweben scheint. Hansi Hinterseer, Superstar. Der gebürtige Kitzbüheler, der mehr ist als nur seine charakteristischen Fellstiefel, wird am 2. Februar 70 Jahre alt – und Servus TV feiert mit.

Hansi Hinterseer
Jubel, Trubel, Heiterkeit: Hansi Hinterseer wird 70 Jahre alt. Die Doku "Hansi Hinterseer – Willkommen in meinem Leben" feiert den Jubilar.
Moonlake Entertainment / Stefan Resch

Der Strahlemann

Der Einstieg in die Doku "Hansi Hinterseer – Willkommen in meinem Leben", produziert von Hannes M. Schalle und Moonlake Entertainment, zeigt bereits, was die Zuseherinnen und Zuseher in den kommenden 50 Minuten erwartet. Einen Strahlemann mit Bodenhaftung. Erdig und bärig zugleich. Als Geschenk zum 70er gibt es so viel Pathos, dass es von den Gipfeln der Kitzbüheler Alpen bis ins Tal trieft. Und zurück.

Zu sehen ist das Porträt am Freitag, 2. Februar, um 21.15 Uhr auf Servus TV. Und wie es der Zufall so will, erscheint an diesem Tag auch Hinterseers neues Album "Schön, dass es dich gibt". Die Promotion könnte nicht besser sein.

"Götterähnliche Gestalt"

Dass die Interviewten nur Lobeshymnen auf den Jubilar singen, vermag nicht zu verwundern. Erstens wurden nur Freunde und wohlmeinende Weggefährten befragt und zweitens: Vielleicht gibt es wirklich keine Kritiker? Musikexpertinnen und Filmkritiker kommen ja nicht zu Wort. Viele Schattenseiten im Leben Hansi Hinterseers scheint es ohnehin nicht zu geben. Er ist der personifizierte Erfolg. Jeder darf sich darin sonnen. Und so beschreibt ihn Ex-Skifahrer Felix Neureuther als "götterähnliche Gestalt", für seinen Vater, Christian, ist er ein "weißer Engel" und positiver Mensch: "Den Buam hast gern haben müssen."

Das Lächeln ist Programm: Hansi Hinterseer.
APA/EXPA/JOHANN GRODER

Kein fließendes Wasser im Haus

Der "Bua" wurde als Johann Ernst "Hansi" Hinterseer am 2. Februar 1954 in Kitzbühel als Sohn des Olympiasiegers Ernst Hinterseer geboren. Er wuchs in bescheidenen Verhältnissen bei seinen Großeltern und seiner Tante auf einem Bergbauernhof mit kleinem Wirtshaus auf der Seidlalm auf. "Wir haben nichts gehabt, und trotzdem haben wir alles gehabt", sagt Hinterseer über seine Kindheit. Fließendes Wasser gab es etwa nur im Brunnen vor der Tür. Auf 1.200 Meter Seehöhe wird dann bereits eine Katzenwäsche zum Härtetest.

Kinderstar

Die Seidlalm liegt direkt an der weltberühmten Abfahrtsstrecke Streif. Hinterseer hat sie schon als Kleinkind bezwungen, als er mit den Skiern von dort aus in die Schule gefahren ist. Die Schule, die war nicht seine große Leidenschaft, erzählt er, sondern natürlich das Skifahren, die Familien und die "Viecher". Rund 40 Tiere habe es auf dem Bauernhof gegeben. Der kleine Hansi kam bereits früh mit der großen Welt in Berührung. Er durfte als Sechsjähriger in der TV-Show "Toni Sailer – der kleine Skikurs" oder im Film "Treffpunkt Kitz" mitspielen. Regelmäßige Auftritte mit Ski- und Filmstar Toni Sailer folgten. Und so wurde der kleine Pistenteufel auch zur Rampensau.

Slalomsieg in Kitzbühel

Im Alter von 14 Jahren schaffte es Hinterseer in den Kader des ÖSV-Nationalteams, 1972 debütierte er im Weltcup. Seinen ersten Weltcupsieg holt er sich 1973 im Alter von nur 19 Jahren im Riesenslalom von Anchorage. In dieser Saison reüssierte er auch in der Riesenslalomwertung. Unvergessen bleibt sein Heimsieg beim Slalom in Kitzbühel 1974, als er allen Konkurrenten mit der hohen Startnummer 21 um die Ohren fuhr. "Das geht owe", sagt Hinterseer heute über das Rennen von damals. Insgesamt stehen bei ihm sechs Weltcupsiege und eine Silbermedaille bei Weltmeisterschaften zu Buche.

Tiefpunkt

Als Wermutstropfen bleiben die Olympischen Spiele 1976 in Innsbruck, als der favorisierte Hinterseer aufgrund einer Schulterverletzung leer ausging. Zur Enttäuschung des Publikums. "Und auf einmal spucken dich die Leute an, sie beschimpfen dich", sagt er. "Und es ist keiner da, der dich auffängt." Vom Superstar zum Buhmann der Nation. Ein medialer Werdegang, der nicht untypisch für Österreich ist. Was später folgt, war ein Zerwürfnis mit dem Österreichischen Skiverband. Auch das ist nicht untypisch für österreichische Athletinnen und Athleten.

Hollywood rief, Kitzbühel antwortete

Mit seinem Talent hätte er mehr erreichen können, sagt Hinterseer, aber irgendwann habe dann die Konstellation aus Trainer, Material und Privatleben nicht mehr gepasst. Und so hat er bereits als 24-Jähriger seine Weltcupkarriere beendet. Er startete mit der Saison 1978 bei den Profiskiläufern in der U.S. Pro-Ski Tour, wo er in den Jahren 1982 und 1983 Profiweltmeister in der Abfahrt wurde. Mit einem Gesicht, das wie gemacht für Hollywood schien. Davon zeugen auch zahlreiche Magazincover, die sein Konterfei zierten. Hinterseer schnupperte zwar rein in die Welt des Glamours, die heimischen Berge waren ihm aber immer näher.

Nach seiner Rückkehr aus den USA arbeitete Hinterseer von 1984 bis 2008 als Co-Kommentator im ORF. Seine Karriere als Musiker begann mit einem Geburtstagsständchen für den Musikproduzenten Jack White, der ihn dann 1993 unter Vertrag nehmen wollte. Nach anfänglichen Bedenken habe ihn seine Frau Romana, "die Meinige", überzeugt, es zu versuchen.

Hansi Hinterseer mit seiner Frau Romana.
"Die Meinige": Hansi Hinterseer mit seiner Frau Romana.
IMAGO/Peter Hartenfelser

Gaude hier, Gaude da

Zum großen Durchbruch verhalf ihm 1994 ein Auftritt bei Karl Moiks "Musikantenstadl", wo er seine Debütsingle "Du hast mich heut' noch nicht geküsst" trällerte. Der Rest ist Schlagergeschichte, die 40 Alben umfasst. Sie wurden mit 30 Gold- und neun Platin-Auszeichnungen veredelt. Er sei nicht der "Obersänger", sagt Hinterseer, er habe aber in seiner Stimme etwas Angenehmes, das den Leuten gefalle. Und er könne das mit seiner Art "gut verpackeln". Die Leute hätten eine "Gaude", er habe eine "Gaude". "Was willst mehr?"

Synchronisiert wider Willen

Zu seinen "Fanwanderungen" kommen tausende Fans, obwohl sich Hinterseer nie ausreichend von seiner Heimatgemeinde Kitzbühel wertgeschätzt fühlte. "Das tut ein bisschen weh." Es gibt sie also doch, die kleinen Niederlagen in seinem Leben. Etwa jene, als Hinterseer 1996 die Filmkomödie "Hochwürdens Ärger mit dem Paradies" drehte und dort eine Hauptrolle spielte. Es sei "bärig" gewesen, und er war voller Stolz. Den Film habe er dann erstmals bei der Pressekonferenz gesehen und zu seiner Verwunderung festgestellt, dass er synchronisiert wurde – ohne Absprache. "Bin i jetzt ganz neben die Schuach", habe er sich gedacht. "Auf einmal redet ein Hochdeutscher daher." Das habe überhaupt nicht gepasst. Was für eine Schmach für einen Tiroler, der immer nur den Hansi spielen wollte. Aus dem Dauergrinsen wurde Grant. Aber nicht lange.

Es folgten weitere Heimatfilme. In elf spielte er die Hauptrolle. Einen Oscar wird er wohl nicht mehr gewinnen, aber das Gesamtkunstwerk Hansi Hinterseer verdient Respekt. Ein Ende ist auch mit 70 Jahren noch nicht in Sicht: "Ich bin voller Tatendrang, es juckt mich noch richtig." Oder wie es Ex-Skiläuferin Annemarie Moser-Pröll sagt: "Der Hansi ist der Hansi." Und er wird es wohl auch immer bleiben. (Oliver Mark, 2.2.2024)