Frankfurt/Berlin, 30. Jan (Reuters) - Nach einigem Hin und Her hat sich die Bundesregierung auf eine Zustimmung zum europäischen "AI Act" geeinigt. Damit ist die endgültige Verabschiedung des weltweit ersten umfassenden Gesetzes zur Regulierung Künstlicher Intelligenz (KI) in greifbare Nähe gerückt. "Mit der deutschen Zustimmung setzen wir uns für Rechtssicherheit und vertrauenswürdige KI 'Made in Europe' ein", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) am Dienstag. "Jetzt kommt es auf eine bürokratiearme, innovationsfreundliche Umsetzung an."

Zuvor hatten Insider der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, dass die FDP und das von ihr geführte Digitalministerium ihre kritische Haltung zu der Gesetzesvorlage aufgegeben hätten. Sie hatten sich an der aus ihrer Sicht zu strengen Regulierung sogenannter Basismodelle ("Foundation Models") gestoßen. Dabei handelt es sich um die Grund-Technologie von ChatGPT & Co. Deutschland hatte im vergangenen Herbst gemeinsam mit Frankreich und Italien moderatere Auflagen vorgeschlagen, sich damit aber nicht durchsetzen können. "Bei der Umsetzung des AI Acts werden wir den maximalen Spielraum nutzen, um Doppelregulierung zu vermeiden und Europa zu einem bedeutenden KI-Standort zu entwickeln, der sich im weltweiten Wettbewerb behauptet", betonte Bundesdigitalminister Volker Wissing.

Aus Sicht von Experten ist Deutschlands Zustimmung ein wichtiges positives Signal. Hätte sich das wirtschaftsstärkste Land der Europäischen Union (EU) enthalten, wäre eine Mehrheit der 27 Mitgliedsstaaten fraglich gewesen. Diese hatten im sogenannten Trilog mit dem Europaparlament und der EU-Kommission den aktuellen Kompromiss ausgehandelt.

Risikobasierter Ansatz

Der "AI Act" sortiert KI-Anwendungen in unterschiedliche Risikoklassen ein. Abhängig davon müssen Anbieter bestimmte Sicherheits- und Transparenz-Anforderungen erfüllen. Einige Anwendungsbereiche wie die biometrische Echtzeit-Massenüberwachung werden komplett verboten.

Der nächste Schritt auf dem Weg zur endgültigen Verabschiedung eines der wichtigsten europäischen Digitalgesetze ist das Treffen der EU-Botschafter. Dort wird Deutschland dem "AI Act" grünes Licht geben. Damit kann Europa weltweit eine Vorbildrolle beim Thema KI-Regulierung einnehmen. Es wäre eine Alternative zu den eher lockeren Regeln der USA und den restriktiveren Auflagen Chinas. Die meisten Staaten haben bislang vor allem Verordnungen und Dekrete erlassen.

In den vergangenen Tagen hatten etliche Gruppierungen, darunter das Wirtschaftsministerium, auf eine Zustimmung gepocht, auch wenn das Gesetz nicht perfekt sei. So plädierte der Startupverband für eine Zustimmung, um einen "regulatorischen Flickenteppich" zu vermeiden.

Andere Teile der deutschen Wirtschaft lehnen den "AI Act" dagegen ab. Der Elektrotechnik-Verband ZVEI sprach von einem Schnellschuss und warnte, dass durch unpräzise Formulierungen im Gesetz auch grundsätzlich harmlose Anwendungen zu Hochrisiko-KI deklariert würden. Außerdem seien Haftungsfragen bislang nicht geregelt, gab Viacheslav Gromov, Chef des KI-Spezialisten Aitad, zu Bedenken. Die geplanten Offenlegungspflichten seien eine Bürde für die Unternehmen und könnten sich zu einem Wettbewerbsnachteil gegenüber außereuropäischen Konkurrenten entwickeln. (APA, 30.1.2024)