Martin Roth
Trümmer mit viel Geschichte und zarten Pflänzchen.
Kunsthaus Graz / Martin Grabner

Wien – Ein Trümmerhaufen türmt sich vor den Besuchern und Besucherinnen auf: Zerbrochene Ziegel, Mauerreste, Büstenreste sowie Scherben leerer Glasflaschen liegen im kleinen Ausstellungsraum des Künstlerhauses Wien aufeinander. Es handelt sich jedoch um keinen gewöhnlichen Bauschutt, sondern um stille Zeugen, zerstörter Lebensräume und Gebäude. Großteils stammen die Trümmer von der syrisch-türkischen Grenze, die in einzelnen Koffern abtransportiert wurden. Dazu mengen sich tatsächliche Reste einer New Yorker Baustelle.

Typisch für den Künstler Martin Roth wird diese von ihm geschaffene trostlose Landschaft mit Lebewesen animiert: Zarte Pflänzchen ranken sich zwischen dem Gestein hervor. Und in der dazugehörigen Videoarbeit, die jene Installation in einem Galerieraum in New York im Jahr 2015 präsentiert, flattern bunte Sittiche über der Arbeit, ihr piepsiger Gesang hallt nun auch durch die Präsentation in Wien. Seine erste museale Ausstellung in Österreich widmete dem Grazer Künstler das Kunsthaus Wien bereits im Jahr 2019. Im selben Jahr war Roth mit nur 41 Jahren unerwartet gestorben.

Martin Roth
Auf Perserteppichen ließ Roth Gras wachsen und vereinte so Kultur und Natur zu einem vergänglichen Biotop.
Galerie Reinisch Contemporary / Jorj Konstantinov / Clemens Nestroy

Roadtrip mit Vogel

Das Künstlerhaus zeigt nun in der Schau mit dem etwas ungelenken Titel Was wir aus unserer Umwelt machen und wie wir sie "gezähmt" haben nun noch bis Sonntag Aufzeichnungen bekannter Arbeiten sowie sein umfassendes Frühwerk. Zu den Werken, die seine typische Handschrift tragen, zählt zum Beispiel ein Video, das einen Wellensittich am Steuer eines Autos dokumentiert. 2014 besorgte Roth, der mit 19 Jahren nach New York gezogen war, den "einsamsten" Vogel in einer Zoohandlung und unternahm mit ihm einen Roadtrip in den südlichen Teil Kaliforniens.

Dabei ging es dem Grazer Künstler zum einen um die Zugroute der Tiere und zum anderen um die Kommunikation zwischen ihnen und Menschen: Der Vogel reagierte während der Fahrt mit der Stimme des Navigationssystems und wollte sich nach der Ankunft nicht mehr von Roth trennen. Eine ähnliche Symbiose, wenngleich mit der Pflanzenwelt, schuf er mit einem eindrucksvollen Werk aus dem Jahr 2011. Auf traditionellen Perserteppichen ließ er Gras wachsen und vereinte so Kultur und Natur zu einem vergänglichen Biotop.

Roths frühe Werke sprechen hingegen eine knalligere Sprache: Gefundene Objekte wie ausrangierte Türen oder Holzbretter formte er zu Assemblagen und in Kombi mit neonfarbenen Preisetiketten zu collagierten Landschaften – samt lebensgroßer Pferdestatue. (Katharina Rustler, 30.1.2024)