Medizinischer Scan.
Bildgebende Methoden haben in der Medizin große Fortschritte gebracht. Durch ihre konstante Weiterentwicklung soll künftig neben der Diagnose von Erkrankungen auch deren Behandlung vereinfacht werden.
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Neurologische Krankheiten stellen Ärztinnen und Ärzte vor große Herausforderungen. Denn Erkrankungen wie etwa Epilepsie können sich zwar heftig äußern, ihnen auf die Spur zu kommen ist häufig dennoch schwierig. Die Symptome können variieren und unspezifisch sein, was die Diagnose erschwert. In einigen Fällen werden invasivere Eingriffe wie Lumbalpunktionen und Biopsien nötig, um Gewebeproben zu entnehmen und die Diagnose zu sichern. Solche Verfahren sind nicht nur zeitaufwendig und kostspielig, sondern auch für die betroffenen Patientinnen und Patienten äußerst belastend.

Ein neuartiges bildgebendes Verfahren, das die Diagnosestellung erleichtert, wird nun im Rahmen des Christian-Doppler-Labors für MR-bildgebende Biomarker (BIOMAK) entwickelt und verfeinert. Geleitet wird das CD-Labor von Wolfgang Bogner an der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin Wien. Die entwickelten Neuerungen eröffnen auch neue Möglichkeiten für die Behandlungsplanung und den Umgang mit diesen oft komplexen Erkrankungen.

Biochemische Hinweise

Um neurologische Erkrankungen wie Epilepsie und Tumore anschaulich darzustellen, setzt man auf neue bildgebende Verfahren mithilfe von Magnetresonanztomografie-Geräten (MRT-Geräten). Diese Verfahren basieren auf der Nutzung von Biomarkern – also biochemischen Merkmalen im Gewebe –, die pathologische Prozesse offenbaren. Denn zahlreiche neurologische Krankheiten zeigen sich durch Abweichungen in ihrer Biochemie. Durch die neue Methode kann ein detailliertes Bild der Veränderungen auf zellulärer Ebene erstellt werden. Für die Diagnose und die Planung der Behandlung bringt das entscheidende Vorteile.

Ein großes Plus dieses neuen Ansatzes besteht darin, dass invasive Eingriffe zur Identifizierung des Kerns der Krankheit vermieden werden können. Die Bildgebungstechnik ermöglicht es Ärztinnen und Ärzten, beispielsweise Schädelöffnungen zu vermeiden und dennoch präzise Informationen über die Art und Ausbreitung der Erkrankung zu erhalten. "Wenn eine biochemische Substanz in erhöhter Konzentration in bestimmten Zelltypen gefunden wird, ist dies ein deutlicher Hinweis auf eine pathologische Veränderung", erklärt Bogner.

Die Bedeutung dieser Methode reicht jedoch weit über die Diagnosestellung hinaus. Sie wird auch bei der Entwicklung von Arzneimitteln und der Überwachung des Therapieerfolgs von Bedeutung sein. Darüber hinaus wird erwartet, dass die Methode auch im Bereich der Lebensmittelindustrie Anwendung findet, beispielsweise bei der Untersuchung des Stoffwechsels von Nährstoffen.

BIOMAK hat folgende Forschungsschwerpunkte: die Entwicklung von Biomarkern für die Früherkennung von Arthrose, die Darstellung von verschiedenen biochemischen Substanzen beziehungsweise die Bildgebung von Eisenablagerungen und Venen im Gehirn, diverse Biomarker für die Charakterisierung von Seltenen Erkrankungen sowie die Validierung und Anwendung dieser Biomarker in der Behandlung von Patientinnen und Patienten.

MRT-Bild
Herkömmliche MRT-Bildgebung zu erweitern ist das Ziel des Christian-Doppler-Labors, das Ende März 2023 die Arbeit aufnahm. Bildgebende Biomarker gelten dabei als wertvolle Instrumente der Präzisionsmedizin. Sie könnten die Früherkennung von Erkrankungen wie Arthrose ebenso verbessern wie die Planung neurochirurgischer Eingriffe.
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Kommunikation zwischen Zellen

Im Gegensatz zur herkömmlichen MRT-Bildgebung, die Bilder von Fett und Wasser liefert, erzeugt das neue Christian-Doppler-Labor Bilder verschiedener chemischen Substanzen wie Kreatin und Cholin. Diese stehen mit dem Zellwachstum und -stoffwechsel in Verbindung. Tumorzellen weisen einen veränderten Stoffwechsel auf, sodass Veränderungen im Cholinspiegel ein deutlicher Hinweis auf krankhaftes Gewebe sind. Auch Neurotransmitter, die für die Kommunikation zwischen den Zellen verantwortlich sind, dienen als Indikatoren für Anomalien.

Die Darstellung dieser Kommunikation kann dabei helfen, Abweichungen im krankhaften im Vergleich zu gesundem Gewebe bildhaft sichtbar zu machen. Auch Erkrankungen wie Epilepsie und Multiple Sklerose stehen im Fokus des Forscherteams. "Bei Multipler Sklerose bilden sich im Gehirn Entzündungsherde, die oft am Rand eine Eisenanreicherung aufweisen. Die Erkennung dieser Eisenablagerungen kann Rückschlüsse auf die Ausbreitung der Entzündungsherde liefern", sagt Bogner.

Christian-Doppler-Laboratorien sind Zentren für Grundlagenforschung und Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Unternehmen. Die Finanzierung erfolgt durch öffentliche Mittel sowie durch Partnerschaften mit Unternehmen. Unterstützt wird das Projekt unter anderem vom Wirtschaftsministerium sowie von Unternehmen wie Siemens, der Brainlab AG und Vitaflo.

Das Labor verfügt über zwei 3-Tesla- und einen in Österreich einzigartigen 7-Tesla-MR-Scanner in. Derzeit erfolgt die Forschung überwiegend an Probandinnen und Probanden, während zugleich eine Langzeitstudie läuft, um die Zuverlässigkeit der Methode weiter zu verbessern. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse soll es künftig möglich werden, neue Medikamente zu entwickeln, die die Behandlung neurologischer Krankheiten revolutionieren könnten. (Karin Grabner, 16.2.2024)