Windkraftanlage, dahinter rauchende Schornsteine
Erneuerbare Energien sind ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zu Klimaneutralität.
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Es gibt auch Hoffnung in der zuweilen ziemlich deprimierenden Klimadiskussion. Das wollen zwei Studien zeigen, die mögliche Wege aufweisen, die Österreich bis 2040 in Richtung von netto null Treibhausgasemissionen, also einer neutralen Klimabilanz, führen könnten. Am Mittwoch wurden die Ergebnisse der Analysen vom Wegener Center der Uni Graz und der WU Wien präsentiert.

Dabei wurden drei verschiedene Szenarien durchdekliniert: Während das konservative, energieintensive "ZeroBasis"-Szenario auf Technologie setzt, stellt "ZeroTransition" die Weichen in Richtung Kreislaufwirtschaft, und der "JustTransition"-Weg stellt zudem auch noch die Verteilungsfrage.

Das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 hat sich Österreich bereits mit seiner Klimaschutzstrategie selbst gesetzt, unabhängig davon wird die EU, die bis 2050 bei Nettonull sein will, bald ihre Etappenziele für 2040 festlegen. Um das Ziel zu erreichen, wurden die drei verschiedenen Wege skizziert, wobei Karl Steininger, Leiter des Wegener Center der Universität Graz, für die volkswirtschaftliche Evaluierung zuständig war. "Der technologiegetriebene Weg, ZeroBasis, bringt einen höheren Energieverbrauch mit sich", sagte Steininger, hier steige auch die Abhängigkeit vom internationalen Energiemarkt und seinen Preisen. Das zweite Szenario, ZeroTransition, würde hingegen die heimische Energienachfrage senken, etwa indem bei der Stahlerzeugung vermehrt auf Schrottverwertung gesetzt werde. Österreich könnte sich dann sogar zum Stromexporteur verwandeln – zumindest ab dem Jahr 2030.

Weniger Arbeitszeit, weniger Erz

Der dritte Weg, JustTransition, geht noch einen Schritt weiter. Hier wurden auch Verteilungsauswirkungen samt einem progressiven Steuersystem und einer Arbeitszeitverkürzung von 1,2 Stunden pro Woche mitberücksichtigt. Restemissionen wurden ebenso miteingeplant und mit natürlichen Senken ausgeglichen. "Nettonull ist möglich", das sei das Ergebnis aller drei Wege, sagte Steininger.

APA, Uni Graz, WWF

Insbesondere der Ansatz, Schrott in Stahl zu verwandeln, wäre ein wichtiger Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft. Steininger erläuterte, mit weniger Erz wäre eine Reduktion von 75 bis 80 Prozent an Treibhausgasen möglich. "Carsharing und Sharing im Allgemeinen würden zudem langlebigere Güter bringen", sagte der Experte. Statt des Einsatzes von Materialien wäre ein größerer Arbeitseinsatz die Folge, und eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) daher trotzdem möglich.

Luxusorientierte CO2-Steuer

Die Umweltökonomin Sigrid Stagl (WU Wien), zuständig für die sozialökologische Evaluierung, erläuterte die Wirkung einer luxusorientierten CO2-Steuer – aufbauend auf dem jetzigen System. Nachdem zwischen Güterklassen unterschieden wird, gebe es eine "positive Verteilungswirkung, da hier der Umstand berücksichtigt wird, dass die oberen Einkommensklassen mehr CO2 erzeugen".

Die drei verschiedenen Pfade könnten auf die unterschiedlichen Präferenzen der Entscheidungsträger abgestimmt werden. Aktuell scheinen diese noch sehr im konservativen ZeroBasis-Ansatz verankert zu sein, der jedoch als der teuerste aufscheint. Was den grundsätzlichen Preis eines Umbaus des jetzigen Systems betrifft, so merkte Stagl an: "Es ist bei einer Transition immer so, dass, je später der Prozess beginnt, die Kosten umso höher werden", das zeige die Vergangenheit.

Tiefgreifende Änderungen nötig

Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher der Umweltschutzorganisation Global 2000, merkte zu den Analysen an, dass damit das oft gehörte Argument, dass Klimaschutz und Wirtschaft ein Gegensatzpaar wären, widerlegt werde. "Österreich kann seinen Beitrag für das 1,5-Grad-Ziel leisten, und das mit einer guten wirtschaftlichen Entwicklung", sagte Wahlmüller. Man sehe dabei, dass die Natur trotzdem entlastet werden kann. "Jedoch sind tiefgreifende und große Änderungen notwendig", denn aktuell befinde sich Österreich nicht auf diesen Pfad, "nur 24 bis 25 Prozent Reduktion an Treibhausgasen sind derzeit möglich, und selbst bei der Umsetzung aller geplanten Regierungsmaßnahmen käme man auf gerade 50 Prozent".

WWF-Energiesprecher Karl Schellmann hob hervor, dass Pfade, "die keinen Klimaschutz bewirken, keine Option mehr sind". So zeigen die Analysen auch nur jene Pfade, die zu den Klimaschutzzielen führen, also zu Klimaneutralität bis 2040. "Sie stehen auch im Einklang mit einer sich entwickelnden Gesellschaft und Wirtschaft", sagte Schellmann weiter. "Wenn wir das nicht aktiv tun, wird uns der Klimawandel dazu zwingen." (red, APA, 31.1.2024)