Eigentlich steht das Burgenland eh schon gut da, was seine Energie(un)abhängigkeit betrifft. Bereits 2021, als man den Plan kommunizierte, dass das Burgenland bis 2030 bilanziell klima- und energieneutral sein soll, stammten 50 Prozent der im Land benötigten Energie von zehn Terawattstunden (TWh) – da sind neben Strom etwa auch Öl und Gas eingerechnet – aus der eigenen Erzeugung. Inzwischen haben ein paar weitere Photovoltaikmodule auf Dächer gefunden, großflächige Photovoltaikanlagen wurden in Betrieb genommen und 20 Jahre alte Windanlagen modernisiert, neue aufgestellt. Das hat zur Folge, dass das Burgenland nur mehr zu 40 Prozent von Energieimporten abhängig ist, erklärt Burgenland-Energie-Vorstandsvorsitzender Stephan Sharma. Aber bis zur Energieunabhängigkeit fehlt dann doch noch einiges – vor allem, weil Experten davon ausgehen, dass der Gesamtenergiebedarf des Landes bis 2030 auf elf Terawattstunden steigen wird.

Doskozil und Sharma neben einer Grafik, die mit einem schwarzen Feld den Stromverbrauch im Burgenland an einem durchschnittlichen Tag darstellt.
So schwarz, wie Stephan Sharma (re.) einen durchschnittlichen Tag im Burgenland während der Vorstellung der neuen Speicherstrategie zeichnet, ist er keinesfalls – davon dürfte auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil überzeugt sein.
Guido Gluschitsch

"Auf dem Weg zur Klimaneutralität und Energieautarkie bis 2030 sind wir mit Sonnenstrom, Windstrom und Elektrolyse in Vorleistung gegangen. Jetzt geht es darum, wie können wir den erzeugten Strom in einem technisch vertretbaren Bereich speichern", erklärt Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). Ein Problem, das sich nämlich darstellt, ist, dass der Strom, der in Spitzenzeiten nicht gebraucht wird – beim Wind ist das in der Nacht, bei der Sonne rund um Mittag –, nicht in die Zeit geschoben werden kann, in der das Land mehr Strom braucht, als gerade durch Wind und Sonne anfällt.

Durch den Ausbau der Photovoltaik (PV) zusätzlich zur Windenergie habe man die Unterdeckung des Energiebedarfs schon von 17 auf rund zehn Stunden reduzieren können, erklärt Sharma. Um auch über die restliche Zeit zwischen etwa drei und neun Uhr und 18 bis 22 Uhr zu kommen, brauche es neben dem Ausbau von Wind- und PV-Anlagen auch die Möglichkeit, Überschussenergie speichern zu können.

Kleine und große Speicher

Dafür sollen Anreize geschaffen werden, damit Private Lithium-Ionen-Speicher einbauen, billigen Strom beziehen und speichern, wenn er vorhanden ist, um ihn später zu nutzen. Auch das bidirektionale Laden von E-Autos steht auf dem Plan des Landes. Auf Gemeindeebene sollen Speicher entstehen, um Haushalte abdecken zu können, die nicht selbst speichern können – etwa weil es in einer Wohnung keine Möglichkeit dafür gibt. Unternehmen sollen Energie speichern, zudem denkt man Netzspeicher für die Netzstabilität und Erzeugungsspeicher direkt bei den Wind- und PV-Parks im Land an.

Während in Haushalten mit Lithium-Ionen-Technologie Energie gespeichert wird, hofft das Land, für Großspeicher die Organic-Solid-Flow-Technologie bis 2025 marktreif zu bekommen. Ein solcher organischer Stromspeicher von CMBlu Energy steht bereits als erster weltweit in Schattendorf und wird dort ein Jahr lang intensiv getestet. Diese Batterien speichern "elektrische Energie in nahezu unbegrenzt verfügbaren Elektrolyten, verwenden keine umweltgefährdenden Materialien, sind nachhaltig und – da nicht brennbar – sehr sicher zu betreiben", hieß es bei der Inbetriebnahme im Sommer 2023. "Technisch funktioniert der Speicher", erklärt Sharma, "wir sind sehr zufrieden und hoffen, dass sich diese Technologie etabliert." Ist das der Fall, werden mehrere dieser Speicher im Burgenland aufgebaut.

Aktuell sind nach Angaben der Burgenland Energie Speicher in der Größe von einer Megawattstunde (MWh) installiert – das umfasst 107 private Speicheranlagen der Burgenland Energie, betriebliche Speicher und den Großspeicher in Schattendorf. Schon bei dessen Inbetriebnahme im Sommer 2023 sprachen Sharma und Peter Geigle, Gründer und CEO der CMBlu Energy, davon, mit den Solid-Flow-Batterien bis 2030 eine Gesamtkapazität im Burgenland von 300 MWh erreichen zu wollen.

Schnelle Amortisation

Sharma rechnet heute mit Investitionskosten von 200 Millionen Euro für Großspeicher. Ein Betrag, der sich in weniger als einem Jahr amortisieren würde. "Es ist keine Frage der Kosten", sagt Sharma, "sondern der Umsetzung." Eine weitere große Aufgabe sieht er darin, "den Mobilitätsbereich klimaneutral zu bekommen. Jetzt sind wir das Autoland Nummer eins und hoffen das E-Auto-Land Nummer eins zu werden".

Auch bei den Plänen rund um die Nutzung von Wasserstoff sei alles im Laufen, erklärt Doskozil. Da war ja bereits die Rede davon, dass Wasserstoff zur OMV nach Schwechat gepumpt werden soll, Wasserstoffbusse im Burgenland hier erzeugten grünen Wasserstoff als Treibstoff nutzen sollen – und nun kommt ein weiterer Plan auf. "Das Konsortium für die Umwandlung von Strom in Wasserstoff ist so weit aufgestellt", sagt Doskozil und spricht von einem der größten Wasserstoffprojekte europaweit, das im Norden des Burgenlands entsteht. "Wir planen ein Back-up-Kraftwerk mit Wasserstoff als Wärmeträger, mit dem wir erstmals grünes Gas im Burgenland zum Stromerzeugung verwenden", zeigt Sharma einen weiteren Teil der Zukunftsvision auf.

Am Ende steht im Gesamtbild der Energiestrategie des Burgenlandes 2030, dass weitere 1.000 MW an Windenergie hinzukommen werden, 2.300 MW an Sonnenenergie, die Speichermöglichkeiten im Land werden bis dahin 300 MWh erreichen, und 300 MW Wasserstoff sollen erzeugt werden. Was die Speicher angeht, sollen 130 MWh im Nordburgenland stehen, weitere 130 MWh im Mittel- und 40 im Südburgenland.

Sharma und Doskozil im Gespräch, noch die Schautafel in der Hand.
Weil die obligatorischen Fotos am Ende einer Pressekonferenz immer etwas gestellt wirken, hier eines, das ein paar Sekunden danach entstand.
Guido Gluschitsch

Ganz ohne die Bundesregierung in die Pflicht zu nehmen funktioniert aber auch eine solche Strategie nicht. "Das Burgenland wird die in seinen Möglichkeiten befindlichen regulatorischen Rahmenbedingungen zum Speicherausbau verbessern, um hier Vorreiter zu sein", verspricht Doskozil und fordert auf Bundesebene eine Speicheroffensive, die bei Kleinspeichern von der Umsatzsteuerbefreiung für Speichererweiterungen bei bestehenden PV-Anlagen über die Befreiung von Bauanzeigen für neue Speicher und zeitvariable Netzentgelte bis hin zur Möglichkeit für bidirektionales Laden von E-Autos reicht. Zudem erwartet er sich eine österreichische Speicherstrategie und Erleichterungen beim Bau von Großspeichern. (Guido Gluschitsch, 31.1.2024)