Sein ganzes Leben hat er auf diese Chance gewartet. Kein Wunder, dass Bankräuber Pepsi (Stipe Erceg) ganz euphorisch wird angesichts der vielen Schließfächer, die sich da in dem Hinterzimmer der Bank auftun. Diamanten, Schmuck, Geldscheine ohne Ende. Die ganze Ladung. Was will man mehr? Wegen all der Aufregung geht dann aber echt alles schief. Weil aber wahre Gangster schon mit ganz anderen Situationen zurechtkommen mussten, geben die fünf Freigänger Keko, Stulle, Pepsi, Barro und Kongo so schnell nicht auf.

Ficken oder gefickt werden

Sie machen weiter, obwohl draußen schon die Polizei wartet und die Geiseln drinnen jetzt – ohne Maske ist es doch angenehmer – ihr echtes Gesicht kennen. "Entweder wir bleiben hier und ficken die Bank, oder wir gehen raus und lassen uns ficken", sagt da Obergangster Kida Khodr Ramadan. Okay, so gesehen fällt die Entscheidung nicht schwer.

"Testo" nennt Kida Khodr Ramadan, der Mann für harten deutschen Serienstoff, seinen neuesten TV-Coup. In sieben je 15 Minuten kurzen und kurzweiligen wie auch brutalen Episoden mit schwarzhumorigen Einsprengseln erzählt er gemeinsam mit Co-Regisseurin Olivia Retzer von einem missglückten Banküberfall.

Keko (Kida Khodr Ramadan) führt die Bande mit Stulle (Frederick Lau, links) und Pepsi (Stipe Erceg) an.
Foto: ARD Degeto/Marco Fischer

Planlose Gangster, planlose Polizei

Fünf Gangster, sechs Geiseln, eine Bank und vor der Tür das Gesetz inGestalt der Polizei: Das sind die Grundzutaten, die Würze bringt dann ein kräftiger Schuss Improvisation. "Freestyle" nennen das die Macherinnen und Macher der Serie. Zu sehen sind alle sieben Folgen Freitagabend ab 22.20 Uhr in der ARD und hier in der ARD-Mediathek.

Dass die Schauspieler einander gut kennen, hilft da natürlich. Frederick Lau, Stipe Erceg und die Rapper Veysel Gelin und Mortel Jovete waren schon bei Ramadans hochdekorierter Produktion "4 Blocks" und später bei der Gefängnisserie "Asbest" dabei. "Das ist ein Banküberfall. Es kommt immer anders, als man es plant", versucht Keko zu beruhigen, als alles aus dem Ruder läuft. Planlos sind aber nicht nur die Gangster, planlos und überfordert ist auch die Polizei.

Die bekannte Phrase "Waffe runter, wir finden sicher eine Lösung" klingt aus dem Mund der unerfahrenen Polizistin Sybille "Billy" Fischer (Nicolette Krebitz) wie eine Farce. Schon bald liegen die Nerven blank. Auf allen Seiten. Hysterisches Gelächter, lautes Schreien oder Gottesanrufung mit einem Vaterunser helfen nur bedingt beim Spannungsabbau.

Stulle (Frederick Lau) mit Geisel Vanessa (Ruby O. Fee).
Stulle (Frederick Lau) mit Geisel Vanessa (Ruby O. Fee).
Foto: ARD Degeto

Pixelige Nervosität

Keko versucht es mit "einfacher Mathematik", die er so definiert: "Bleibt cool, dann bleiben wir auch cool." Dies rät er den Geiseln, darunter Jeanette Hain, Ruby O. Fee, Uwe Preuss und Julius Feldmeier. Die Schnitte sind rasant, pixelige Bilder aus der Überwachungskamera und auch die fast ständig im Hintergrund wummernde Musik tun alles dafür, die kippelige, nervöse Stimmung zu halten. "Ich hab keinen Bock mehr auf Gefängnis", sagt Keko einmal, "bevor ich da noch einmal reingehe, lasse ich mich abknallen, oder ich töte. Alle. Es geht nur noch um mich." Okay, die Aussichten für die Geiseln sind nicht rosig, Keko verliert mehr und mehr die Kontrolle über seine Truppe.

Tanju (Tanju Bilir), Edith (Kathrin Angerer), Wolfgang (Uwe Preuss) und Magda (Jeanette Hain)
In der Gewalt der Geiselnehmer: Tanju (Tanju Bilir), Edith (Kathrin Angerer), Wolfgang (Uwe Preuss) und Filialleiterin Magda (Jeanette Hain)
Foto: ARD Degeto

Kindheitstraum

Aber eine gewisse Zielstrebigkeit kann man Keko nicht absprechen. Er hat sich seinen Kindheitstraum erfüllt. "Ich will eine Bank überfallen", sagt er schon als kleiner Bub, als die anderen noch Pilot, Tierarzt, Bürgermeister oder Architekt werden wollten. Testo ist ein wilder, heftiger Ritt, eine arg testosterongesteuerte Gang-Geschichte, die Kida Khodr Ramadan da geschaffen hat. "Die Degeto hat mehr Eier gerade als alle Streamer zusammen", lobt er seinen Auftraggeber ARD. (Astrid Ebenführer, 2.2.2024)