Es ist eine Meldung, die man eigentlich das eine oder andere Jahrzehnt früher erwartet hätte. Doch manche Mühlen mahlen eben langsamer als andere. Auch in einem eigentlich Tech-affinen Land wie Japan, der Heimat von Firmen wie Sony, Fujitsu, Hitachi oder Nintendo. Doch nachdem Japan temporär sogar einen Cybersecurity-Minister hatte, der öffentlich erklärte, noch nie einen PC benutzt zu haben, dauerte es bis 2022, ehe der aktuelle Digitalisierungsminister Taro Kono schließlich den "Krieg gegen die Disketten" ausrief.

Dem folgen nun auch konkrete Schritte mit praktischen Folgen. Vor ein paar Tagen schaffte man die Diskettenpflicht ab, die bisher für Organe der Regierung gegolten hatte, wie Ars Technica berichtet.

Teil von 1.900 Verfahren

Eingaben, Anmeldungen und Anträge an die Regierung in verschiedenen Bereichen wie Alkoholhandel, Rohstoffabbau oder Flugverkehrregulierung mussten bisher auf bestimmten physischen Datenträgern gespeichert werden. Diese Vorschriften galten sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen. Vorgesehen waren dabei verschiedene, eigentlich obsolete physische Datenträger. Neben Disketten etwa auch CD-ROMs oder Mini-Discs.

Nick Suzuki, Spieler des Eishockeyteams Montréal Canadiens, versucht, bei einem Quiz herauszufinden, welchen Gegenstand er da in den Händen hält. Ein Foto aus dem Jahr 2022.
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Dass es von der Ankündigung bis zur Umsetzung mehr als ein Jahr dauerte, hat aber gute Gründe. Denn derlei Vorgaben für veraltete Speichermedien waren in über 1.900 Verfahren verankert. Zudem mussten allein 34 Verordnungen geändert werden, um Disketten aussortieren zu können. Vorherigen Berichten zufolge gab es zudem an manchen Stellen auch internen Widerstand gegen den Reformschritt.

Auch U.S. Air Force nutzte lange Disketten

Im 2023er Ranking des Institute for Management Development betreffend die digitale Wettbewerbsfähigkeit landete Japan auf Platz 32 von 64. Der langsame Wandel dürfte mehrere Ursachen haben. Zugeschrieben wird er nicht nur langsamer Bürokratie, sondern auch den relativ effizienten analogen Prozessen, die man über mehrere Jahrzehnte erarbeitet hat. Manche Stellen gehen dafür nun einen Schritt weiter. Das Justizministerium stellt etwa auf eine cloudbasierte Verwaltung um.

Japan ist aber längst nicht das einzige Industrieland, in dem sich staatliche Stellen beim Umstieg auf neue Technologien schwertun. So waren etwa bei der U.S. Air Force bis Mitte 2019 noch 8-Zoll-Disketten im Einsatz, um ihr digitales Steuer- und Kontrollsystem für ballistische Raketen (SACDIN) zu betreiben. Sie wurden schließlich zugunsten einer nicht näher genannten Solid-State-Speicherlösung ausgemustert.

Eine Umstellung in diesem Bereich gestaltet sich freilich nicht ganz so einfach, denn an manchen Standorten lief SACDIN noch auf IBM-Series/1-Rechnern, die in den 1960ern und 1970ern installiert wurden. Der Umstieg auf neue Speicherlösungen macht also unter Umständen auch einen größeren Hardwareaustausch und neue Software erforderlich. Damals gab die Luftwaffe aber zu Protokoll, dass manche der alten IBM-Computer aufgrund ihrer Zuverlässigkeit weiter im Einsatz bleiben würden. (red, 31.1.2024)