Die Schutzmaßnahmen auf der Alm waren ausreichend, urteilte das Oberlandesgericht Innsbruck. (Symbolbild)
Heribert Corn

Innsbruck/Erl – Ein sechs Jahre andauerndes zivilrechtliches Verfahren zu einer tödlichen Kuhattacke im Jahr 2017 im Tiroler Erl (Bezirk Kufstein) ist beendet. Damals waren eine 70-Jährige und ihr Hund zu Tode gekommen. Das Oberlandesgericht (OLG) Innsbruck entschied nun rechtskräftig zugunsten des Almwirts und wies Schadenersatzforderungen der Hinterbliebenen zurück, teilten die Anwälte des Beklagten mit. Die Schutzmaßnahmen auf der Alm waren laut OLG ausreichend.

Die Entscheidung ist insofern bemerkenswert, als das Erstgericht den Almwirt im Juli 2023 schuldig gesprochen und verpflichtet hatte, mehr als 80.000 Euro Schadenersatz plus Zinsen an Ehemann, Tochter und Enkeltochter der Verstorbenen zu bezahlen. Der betroffene Wirt der Kranzhorn-Alm hatte allerdings Berufung eingelegt und bekam nun recht.

Ausreichende Schutzmaßnahmen

Das OLG hielt in seiner Entscheidung fest, dass nach wie vor Weide- und Almflächen grundsätzlich nicht abgezäunt werden müssen. Sollte es aber bereits in der Vergangenheit zu Vorfällen mit den Tieren gekommen sein, müsse der Tierhalter mehr tun, um die Tiere von den Almbesuchern zu trennen. Bis zu dem tödlichen Vorfall im Jahr 2017 war es auf der Kranzhorn-Alm zu keinen Vorkommnissen gekommen.

Dies stelle auch den Unterschied zu dem bekannten Urteil im Tiroler Pinnistal dar. Dort wurden im Jahr 2014 eine 45-jährige Deutsche und ihr Hund von Kühen attackiert und getötet. Das OLG sprach sowohl dem Opfer als auch dem Bauern eine Teilschuld zu. Dem Landwirt sei nämlich bekannt gewesen, dass seine Mutterkühe sensibel und aggressiv auf Hunde reagieren würden, argumentierte das Gericht damals unter anderem.

Frau ging durch freies Almgelände

Die 70-Jährige war damals gemeinsam mit ihrem Hund sowie ihrer Cousine und deren Hund unterwegs. Auf dem Rückweg von der Kranzhorn-Alm entschieden sie sich, durch freies Almgelände zu gehen, obwohl es einen gesicherten und durchgängig eingezäunten Forstweg gegeben hätte. Auf einer Almwiese trafen sie auf Mutterkühe und ihre Kälber. Dort wurden die Frauen von den Kühen angegriffen. Die 70-Jährige stürzte und wurde überrannt.

Tirols Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger (ÖVP) begrüßte indes "trotz der tragischen Umstände" die Entscheidung des Gerichts. Diese sei "richtungsweisend für die Tiroler Almwirtschaft und bestätigt einmal mehr den Grundsatz, dass Almgebiete grundsätzlich nicht abzuzäunen sind". Im Jahr 2019 wurde infolge des Vorfalls im Pinnistal die Bestimmung zur Tierhalterhaftung erweitert. Dabei wurde eine "erwartbare Eigenverantwortung" verankert. Zudem wurden im Tiroler Almschutzgesetz Verhaltensregeln für Almbesucherinnen und Almbesucher eingefügt und eine neue Almschutzverordnung mit Verhaltensregeln für Hundehalter erlassen. (APA, 1.2.2024)