Neubau einer Reihenhaussiedlung am Rande eines Feldes
Mit illegalen Mitteln wollte eine Frau via Internet zu Geld für ein Einfamilienhaus kommen.
IMAGO / Christoph Hardt

Wien – Der Traum vom Eigenheim im Grünen ist zwar ökologisch eher bedenklich, wird aber dennoch von vielen Menschen gerne geträumt. In Zeiten steigender Zinsen und hoher Inflation scheitert die Umsetzung aber vielfach an den finanziellen Möglichkeiten. Wie bei der schwangeren Frau N., einer 35-Jährigen, die mit ihren vier Kindern in einer 83-Quadratmeterwohnung in Wien lebt. Ihr Plan, zum nötigen Kapital für den Umbau eines Einfamilienhauses zu kommen, hat die unbescholtene Österreicherin mit einer Anklage wegen versuchten schweren Betrugs vor ein Schöffengericht unter Vorsitz von Mariella Noe gebracht.

Die Angeklagte hat keine Schulden, aber auch keinen Job. "Warum sind Sie nicht arbeiten gegangen?", will die Vorsitzende von ihr wissen. "Weil ich mich um die Kinder kümmern musste", antwortet N. darauf. Ein Sprössling hat einen besonderen Betreuungsbedarf, weshalb die Familie auch eine behindertengerechte Wohnung von Wiener Wohnen erhalten hat. Aus ihrer Sicht waren die vier Zimmer aber zu wenig, mit ihrem neuen Lebensgefährten und dem fünften Kind auf dem Weg sah sie sich also wegen eines Einfamilienhauses um. "Es war generell zu eng für uns alle, ich musste was Idealeres finden", erklärt sie dem Senat.

Im Jahr 2022 fand sie ein geeignetes Objekt südlich von Wien – allein, der Versuch zu einem Onlinekredit über 60.000 Euro zu kommen, um den Keller barrierefrei gestalten zu können, scheiterte. Ohne Vermögen und ohne Arbeitseinkommen zeigten die Geldverleiher kein Interesse an einem Darlehen. "Da bin ich auf die Idee gekommen", gibt die Angeklagte zu.

Drei Spendenaufrufe an einem Tag

Die Idee war laut Staatsanwältin, gutherzige Menschen zu betrügen. Am 16. März 2022 veröffentlichte N. auf dem Onlineportal Betterplace.org drei Spendenaufrufe. Die erste Annonce hatte zumindest noch ein wenig Wahrheit enthalten – nur sprach sie von einem Rohbau, der aufgrund der Kreditschwierigkeiten nicht vollendet werden könne, und wollte 300.000 Euro von den Spendenwilligen. Um 100.000 Euro bat sie, da sie angeblich mit einem Bus an der ukrainischen Grenze stand und vor dem russischen Angriffskrieg flüchtende Frauen und Kinder nach Österreich transportieren und dort unterbringen wollte. Und gleich 500.000 Euro wollte sie in der dritten Anzeige, um würdevolle Bestattungen in der Ukraine organisieren zu können. "Perfide" und "dreist" sind die Beschreibungen, die der Anklägerin zu diesem Vorfall einfallen.

Einem Nutzer oder einer Nutzerin der Seite kam es verdächtig vor, am selben Tag gleich drei Anzeigen derselben Person zu sehen, es wurde eine anonyme Anzeige erstattet. Nachdem die Polizei N. ausgeforscht hatte, zeigte sie sich umfassend geständig wie auch nun vor Gericht. Recht erfolgreich war die Sache für die Angeklagte übrigens nicht: "Es hat sich niemand gemeldet, ich habe kein Geld bekommen", gibt sie zu.

Hoher Versuchsschaden

Auch wenn es beim Versuch geblieben sei, die Schadenssumme hätte 900.000 Euro betragen können, argumentiert die Staatsanwältin in ihrem Schlussplädoyer. Die Verteidigerin möchte in ihren Bemerkungen am Ende etwas klarstellen: "Was man nicht so gesehen hat, ist, dass Frau N. die Tat zutiefst bereut", streicht sie hervor. Sie ortet auch eine hehre Absicht: "Sie wollte ja keinen BMW, sondern ein Einfamilienhaus für die Familie!" Die Angeklagte hat das letzte Wort im Verfahren und entschuldigt sich. "Es tut mir sehr leid, ich habe sowohl bei der Befragung durch die Polizei als auch hier im Gericht viel gelernt", versichert sie. "Ich möchte auf keinen Fall mehr straffällig werden, sondern für meine Familie da sein."

Der Schöffensenat kommt nach zehn Minuten Beratung zu einer Entscheidung und verurteilt N. zu 18 Monaten bedingter Haft. Sie nimmt dieses Urteil an; da die Anklägerin keine Erklärung abgibt, ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 1.2.2024)