Skifahrer vor einer prächtigen Bergkulisse
Skifahren war früher auch teuer. Ski, Bekleidung, Liftkarte, Übernachtung, Essen am Berg – all das kostet und schreckt immer mehr Österreicher und Österreicherinnen ab.
APA/BARBARA GINDL

Er selbst fährt gerne Ski, war sogar Skilehrer, hat das aber aus Zeitgründen bleiben lassen. Robert Steiger, aus Fürstenfeldbruck in Deutschland stammender Geograf und Volkswirt, beschäftigt sich an der Universität Innsbruck unter anderem mit Risiken des Klimawandels für Tourismusmärkte und einzelne Destinationen.

STANDARD: Ist Skifahren noch ein Breitensport?

Steiger: Die Frage ist, ob es jemals einer war. Vor 30 oder 40 Jahren war Skifahren auch keine billige Sportart wie zum Beispiel Fußballspielen. Zutreffend ist, dass in der Darstellung Skifahren vielfach als Volkssport wahrgenommen wurde, nicht zuletzt aufgrund der Erfolge unserer Ski-Athleten und -Athletinnen.

STANDARD: Nicht alle, die Ski fahren wollten, konnten das in der Vergangenheit auch?

Steiger: Die Materialkosten waren auch früher schon beträchtlich, plus der Aufwand für Liftkarte, Übernachtung. Das alles war und ist teuer. Der Standard in den Hotels ist gestiegen, weil es Nachfrage dafür gab. Alles ist professioneller geworden, das spiegelt sich auch in den Preisen. Die Personalkosten sind ebenfalls gestiegen.

Tourismusforscher Robert Steiger
"Um ausreichend Arbeitskräfte zu bekommen, muss die Entlohnung stimmen. All das wirkt preissteigernd", sagt Tourismusforscher Robert Steiger.
UIBK

STANDARD: Dennoch fehlen Mitarbeiter.

Steiger: Der Personalbedarf ist enorm. Tourismus ist eine arbeitsintensive Branche wie kaum eine andere. Um ausreichend Arbeitskräfte zu bekommen, muss die Entlohnung stimmen. All das wirkt preissteigernd.

STANDARD: Liegt Skifahren noch im Trend?

Steiger: Tendenziell schwächt sich das ab. Während in den 1980er-Jahren noch ungefähr 15 Prozent der österreichischen Bevölkerung regelmäßig, sprich mehrmals im Monat, Ski fahren gingen, ist dieser Wert in den vergangenen Jahren auf etwa vier Prozent gefallen. Gleichzeitig ist der Anteil der Österreicher und Österreicherinnen, die nie Ski fahren gehen, von 50 Prozent in den 1990er-Jahren auf inzwischen 60 Prozent gestiegen. Skifahren ist ein Sport, der von der Mehrheit der Österreicher und Österreicherinnen nicht ausgeübt wird.

STANDARD: Gibt es ein Ost-West-Gefälle?

Steiger: Davon kann man ausgehen, auch wenn ich keine harten Zahlen kenne, die das belegen könnten. Es liegt aber auf der Hand, dass die Barrieren in Westösterreich mit den Skigebieten quasi vor der Haustür niedriger sind als im Osten. Dort kann man schnell für zwei Stunden Skifahren gehen und braucht nur eine Viertel- oder halbe Stunde, um im Skigebiet zu sein. Zudem ist Skifahren für die dort ansässige Bevölkerung im Verhältnis günstiger, weil Übernachtungskosten wegfallen und weil es gemessen an den Preisen für Tagesgäste vergleichsweise günstige Saisonskipässe gibt.

STANDARD: Sind kleinere Skigebiete in aller Regel günstiger als die großen?

Steiger: Das ist im Grundsatz richtig. Aber auch in den allermeisten kleineren und mittleren Skigebieten sind die Preise zuletzt inflationsbedingt angehoben worden. Aus Sicht der Konsumenten ist Skifahren nicht nur gefühlt, sondern auch real teurer geworden, weil die Einkommen nicht so stark angezogen haben wie die Skipasspreise.

STANDARD: Aber billiger sind die kleineren Skigebiete allemal. Merkt man einen Trend in diese Richtung?

Zwei Pistengeräte, bereit zum Loslegen.
Die Kosten für die Pistenpräparierung werden in Zeiten des Klimawandels weiter steigen und auch die Liftpreise nach oben treiben.
IMAGO/Anton Geisser

Steiger: Zahlen für diesen Winter gibt es noch nicht. Aber auch in den zurückliegenden Wintern war es nicht so, dass die kleinen und mittelgroßen Skigebiete, die günstiger sind, reihenweise Erfolgsmeldungen zu verkünden gehabt hätten. Das sind in der Regel Skigebiete, die in finanziellen Schwierigkeiten stecken, weil sie den Preis, den sie eigentlich verlangen müssten, um rentabel zu wirtschaften, beim Gast nicht durchsetzen können.

STANDARD:Die Seilbahnwirtschaft scheint aber zumindest bis jetzt in der Lage zu sein, den wegbrechenden Anteil der Einheimischen durch internationale Gäste zu kompensieren.

Steiger: Österreich ist kein Wachstumsmarkt mehr beim Skifahren. Wir befinden uns im Alpenraum in einem starken Verdrängungswettbewerb, weil auch da die Gesamtnachfrage nicht mehr größer wird. Nun versucht man, international die Quellmärkte noch stärker anzusprechen.

STANDARD: Wo ist das?

Steiger: Was das Potenzial an zusätzlichen Skifahrern und Skifahrerinnen betrifft, haben wir in Europa die Grenzen erreicht, behaupte ich, zumal wir es mit einer schrumpfenden Bevölkerung zu tun haben. Menschen, die nach Europa ziehen, haben in der Regel keinen Bezug zum Skifahren. Das heißt, wenn man weiterhin Steigerungen haben möchte, müsste man sich in weiter entfernten Regionen umschauen.

STANDARD: Asien?

Steiger: Es gibt die Hoffnung, dass mehr Chinesen Ski fahren lernen und dass sie dann auch nach Europa zum Skifahren kommen. Aus Perspektive des Klimawandels ist das absolut nicht weiterzuverfolgen, weil wir das teuer um steigende Treibhausgasemissionen erkaufen würden.

STANDARD: Skisport – eine große Nische?

Steiger: Wir treiben in eine Richtung, wo es nischiger wird. Der Klimawandel treibt die Kosten weiter in die Höhe, weil noch mehr in die Beschneiung investiert werden muss. Folglich werden sich noch weniger als bisher Skifahren leisten können.

STANDARD: Wie ist es um den Nachwuchs bestellt?

Steiger: Die letzte mir bekannte Untersuchung ist zehn Jahre alt, da hat man noch einen rückläufigen Trend bei Einsteigern gesehen. Aus Sicht der Seilbahnwirtschaft ist es wichtig, dass möglichst viele junge Menschen Skifahren lernen, das sind die Kunden von morgen. Die Branche unternimmt auch einiges, fördert Schulskikure, unterstützt Kinderskikurse, um die Einstiegsbarrieren zu senken. Am Ende des Tages hängt es aber an den Eltern, dass es die interessiert und dass die überzeugt sind, dass Skifahren Sinn macht für das Kind. (Günther Strobl, 2.2.2024)

Video: DER STANDARD hat mit Menschen in Kitzbühel über die Zukunft des Skisports gesprochen.
DER STANDARD