Die Baustelle vom  geplanten Lamarr-Kaufhaus auf der Wiener Mariahilfer Straße.
Die Baustelle vom geplanten Lamarr-Kaufhaus auf der Wiener Mariahilfer Straße.
APA/HELMUT FOHRINGER

Nun tritt ein, was bereits erwartet worden ist: Jene Gesellschaft, die auf der Wiener Mariahilfer Straße ein Vorzeigekaufhaus samt Hotel errichten wollte, meldete Konkurs an. Das gab der Gläubigerschutzverband KSV 1870 Freitagfrüh bekannt.

Es geht um die Gesellschaft namens Mariahilfer Straße 10–18 Immobilien GmbH, deren Unternehmensgegenstand laut KSV die Errichtung und Entwicklung dieses vermeintlichen Vorzeigeprojekts der Signa-Gruppe ist. Die Signa Prime hält 50 Prozent an der Gesellschaft (über die Prime Capital Invest GmbH), die zweite Hälfte halten die thailändischen Partner von Signa über die Skyred Holding 9 in Luxemburg.

Video: Signa-Lamarr-Projektgesellschaft beantragt Konkursverfahren.
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Kaufhaus sollte 2025 stehen

Eigentlich war der Plan gewesen, das Prestigeprojekt im kommenden Jahr fertigzustellen, derzeit ruht die Baustelle. Der Riesenkran der Baustelle steht seit vielen Wochen still, einen formalen Baustopp gibt es freilich nicht, wie zuletzt im Rathaus erklärt wurde. Das Kaufhaus ist nach Hollywood-Diva Hedy Lamarr benannt, einer Wienerin. Es sollte, auf Wienerisch gesagt, alle Stückerln spielen, betreiben sollte es die deutsche KaDeWe Group, die ebenfalls Signa und der thailändischen Central Group gehört. KaDeWe hat bereits Insolvenz angemeldet, die deutschen Kaufhäuser sollen weiterbetrieben werden.

Auf dem Riesenareal war das Stammhaus des Möbelkonzerns Leiner (später: Kika/Leiner) gestanden, das René Benko erstanden hatte, bevor er den gesamten Möbelhändler übernommen hat. Die Übernahme des Kaufhauses durch die von Benko gegründete Signa-Gruppe in der Ära von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erfolgte turbulent, wie man aus diversen Chats rund um Thomas Schmid und Benko und etlichen anderen weiß. Im Sommer 2023 hat Signa die Möbelhandelsgruppe Kika/Leiner an Hermann Wieser verkauft, in der Folge wurde Insolvenz angemeldet.

Verpfändete Liegenschaft

Auf der Liegenschaft lastet ein Pfandrecht in Höhe von 390 Millionen Euro zugunsten von Bank Austria (295 Millionen Euro) und RLB Oberösterreich (95 Millionen Euro).

Die Gesellschaftsverhältnisse sind auch in diesem Fall komplex, denn neben der genannten Immobiliengesellschaft, für die nun Konkurs angemeldet wird, gibt es auch noch die Mariahilfer Straße 10–18 Betriebs Holding GmbH, die sozusagen eine leere Hülle ist und de facto keinen Wert repräsentiert. Sie gehört der Signa Holding, die ja wie ihre Töchter Signa Prime und Development bereits insolvent ist.

Bei der Signa Prime sind laut einem "Bloomberg"-Bericht übrigens auch die Hong Kong Monetary Authority und
Südkoreas National Pension Service als bisher nicht bekannte Aktionäre mit an Bord. Die asiatischen Staatsfonds sollen die Anteile über den Fondsmanager Madison International Realty halten. Bei beiden Staatsfonds dürften die Signa-Positionen aber jeweils weniger als ein Zehntelpromille ihres verwalteten Vermögens ausmachen.

Unterlagen aus Mülleimer

Probleme beim Kaufhaus Lamarr dürften sich schon abgezeichnet haben. Das geht zumindest aus Unterlagen hervor, die der Radiosender FM4 über die Versteigerung der Büroausstattung der Konzernmutter Signa Holding erlangt haben will. Konkret soll sich in einem von FM4 ersteigerten Mülleimer eine Developmentberechnung für das Projekt Lamarr befunden haben, darunter etwa eine Aufstellung der Auswirkungen des Anstiegs der Kreditzinsen auf die Finanzierungskosten. Von 29,68 Millionen Euro im Jahr 2022 steigen diese nämlich auf 51,10 Millionen Euro in der Berechnung von September 2023. Und in der "Version Sep25" sollen es bereits 66,87 Millionen Euro sein.

In einem E-Mail-Verkehr wird auch über die richtigen Formulierungen diskutiert für die "Geltungmachung von Schadenersatz" wegen einer längeren Bauzeit, die nicht im Ausschreibungsrahmenvertrag vereinbart wurde. Wieso solche durchaus sensiblen Unterlagen vor der Versteigerung nicht vernichtet wurden, ist unbekannt. Womöglich, da sich das auf Aktenvernichtung spezialisierte Unternehmen Reisswolf selbst unter den Gläubigern der Signa Holding befindet, mutmaßt FM4.

Spar hat Interesse

"Ob eine Unternehmensfortführung und eine Entschuldung beabsichtigt wird, kann zum heutigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden", schreibt der Alpenländische Kreditorenverband (AKV). Das Unternehmen habe sich in den vergangenen Wochen intensiv darum bemüht, die notwendige Finanzierung der Baufertigstellung sicherzustellen, heißt es vom KSV1870. Insbesondere seien mit potenziellen Investoren Gespräche geführt worden. Diese Gespräche seien bisher noch nicht erfolgreich. Vor diesem Hintergrund musste das Konkursverfahren beantragt werden.

Grundsätzliches Interesse an dem Objekt hat der Handelskonzern Spar. "Um das Hedy Lamarr – also damals den Leiner – in der Mariahilfer Straße haben wir uns schon vor dem Verkauf an René Benko sehr bemüht, sind aber nicht zum Zug gekommen", sagte Spar-Vorstandschef Hans Reisch in einem Interview. "Das wäre nach wie vor ein Asset, an dem wir interessiert wären. Konkret ist aber nichts."

Vermittlung des Meinl-Hauses durch Ehefrau von Signa-Manager

Indes berichtete die "Krone" am Freitag, dass das von der Signa Prime Selection AG verkaufte Meinl-Haus am Graben 19 durch die Ehefrau eines Spitzenmanagers der Firma vermittelt wurde. Beim Verkauf der Liegenschaft in Wien um 80 Millionen Euro an die Wiener Ärztekammer fungierte die Frau eines Top-Managers der Signa als Vermittlerin und hat dabei laut einem Bericht rund eine Millionen Euro Honorar erhalten. Davon sei jeweils die Hälfte von der Signa-Gruppe und der Wiener Ärztekammer bezahlt worden. Der Mann der externen Maklerin leite die zum Signa-Firmenkonstrukt zählende Graben 19 Immobilien GmbH und unterzeichnete demnach mit dem Signa-Prime-Vorstand Manuel Pirolt den Kaufvertrag im Dezember. Zwei Wochen nach dem Verkauf des Meinl-Hauses meldete die Signa Prime Insolvenz an. (gra, wisa, red, 2.2.2024)