Kay Voges
Kay Voges und sein Buchtipp.
Rebhandl

Gerade war er in Berlin, wo er am Berliner Ensemble die Recherchen des Netzwerks Correctiv zum Treffen der Rechtsextremen in Potsdam auf die Bühne brachte. "Diese Lesung wurde dann auch schon von 270.000 Menschen gestreamt, ich glaube also, wir konnten einen Teil zur Aufklärung über die momentane Situation beitragen. Das Theater ist jedenfalls ein Ort, an dem man auch Komplexität präsentieren kann bei gleichzeitiger Konzentration und Aufmerksamkeit der Zuseher." Und eines müsse auch klar sein: "Die Kultur steht auf den Säulen der Demokratie und des Humanismus. Da, wo es in der Gesellschaft menschen- und demokratiefeindlich wird, muss es von uns ein ganz klares Nein geben." Und klare Zeichen: Letzten Freitag war er auf der Demo.

"Lesen hilft immer!"

"Lesen hilft immer! Lesen ist Schönheit und ein Schlüssel zu neuen Gedankenwelten." Das Kaffeehaus als Ort der Literatur wurde für ihn aber leider "gerade abgeschafft, als ich nach Wien kam: Erst wurde das Rauchverbot eingeführt, und dann war Corona." Österreichische Literatur aber bleibt: "Ich kam als Fan von Thomas Bernhard nach Wien, wir brachten den Jandl auf die Bühne, mit der Mayröcker beschäftige ich mich gerade, die Jelinek ist der Stern, der über allen strahlt. Und der Ferdinand Schmalz beeindruckt mich auch gerade."

Auch ein Australier beeindruckt ihn: Glaube, Hoffnung und Gemetzel – ein Interviewbuch mit Nick Cave mit tiefen Einblicken in Leben und Denken des Meisters. "Es imponiert mir, wie offen und mutig er in den Tod hineinschaut, nachdem zwei seiner Söhne gestorben sind. Er erzählt von emotionaler Lähmung, von Trauer und vom Glauben, was ich extrem mutig finde. Als Rockmusiker wagt er sich in eine spirituelle Welt, ohne je esoterisch zu werden. Und er glaubt an Demut und Bescheidenheit. Unpopuläre Tugenden, die uns aber allen ganz gut stehen würden und uns Menschen wieder näher zusammenbringen könnten in Zeiten, in denen uns Narzissmus und Rechthaberei trennen." Die Kirche des Nick Cave – vielleicht ist sie die einzige, der es sich noch beizutreten lohnt. (Manfred Rebhandl, 3.2.2024)