Blick in Bundestag. Blaue Sitze. Großer Bundesadler. Einige Abgeordnete heben die Hand. 
Der Deutsche Bundestag stimmte am Freitag über das Budget ab.
EPA/CLEMENS BILAN

Berlin – Mit mehrwöchiger Verspätung hat der Deutsche Bundestag am Freitag den hart umkämpften Haushalt für das laufende Jahr beschlossen. In diesem Haushaltsgesetz sind Ausgaben von 476,8 Milliarden Euro vorgesehen – und vorerst neue Kredite über rund 39 Milliarden Euro. Bleibt es dabei, würde die Schuldenbremse erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie wieder eingehalten, denn die Regelung im Grundgesetz erlaubt bei schlechten Konjunkturerwartungen einen gewissen Spielraum. Die Koalitionsfraktionen stimmten für dieses Budget, die übrigen Abgeordneten votierten in namentlicher Abstimmung dagegen.

Bereits zuvor hatte der deutsche Bundestag mit der Mehrheit der Koalition auch das Haushaltsfinanzierungsgesetz verabschiedet, das Sparmaßnahmen rechtlich absichert. Das Gesetz für 2024 sieht unter anderem eine höhere Luftverkehrssteuer, Sanktionsmöglichkeiten beim Bürgergeld und den schrittweisen Abbau der Begünstigungen beim Agrardiesel vor, außerdem Änderungen der Regeln für das Elterngeld.

Ebenfalls noch am Freitag soll auch die Schlussberatung über den Etat 2024 im deutschen Bundesrat stattfinden. Dies hatte die Koalition auch für das Haushaltsfinanzierungsgesetz geplant. Die unionsgeführten Länder stimmten jedoch der dafür erforderlichen Fristverkürzung nicht zu, da sie die in dem Gesetz enthaltenen Einschnitte beim Agrardiesel ablehnen.

Bundestag beschließt Abschaffung von Subventionen beim Agrardiesel

Die geplanten Suventionskürzungen sorgten in den vergangenen Wochen für große Bauernproteste. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen, könnte aber Einspruch einlegen und den Vermittlungsausschuss anrufen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, hatte am Donnerstag gesagt: "Es ist ein eindeutiges Signal, dass die Länder das Haushaltsgesetz der Bundesregierung ausbremsen. Jetzt muss mit der gewonnenen Zeit sinnvoll umgegangen werden und Lösungen im Sinne der Landwirtschaft gefunden werden. Die Steuererhöhung beim Agrardiesel muss vom Tisch."

Auf eine ursprünglich geplante Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft hatte die Regierung verzichtet. Zugleich hatte sich die Koalition aus SPD, Grünen und FDP darauf verständigt, dass die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel schrittweise und nicht plötzlich erfolgt. Bisher können sich Betriebe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen – mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Das soll schrittweise verringert werden. Für im Jahr 2026 verbrauchte Mengen soll es keine Subventionen mehr geben.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit äußerte sich zu der Verzögerung gelassen. Er verwies auf die vom deutschen Bundesrat festgelegten Formalien. Das Gesetz werde aber in der nächsten Bundesratssitzung beschlossen werden, "und insofern ist dann Klarheit", sagte er in Berlin. Diese Sitzung ist für den 22. März vorgesehen.

Unterschiedliche Auffassungen

Bei einigen Regierungsvorhaben und Förderprogrammen, etwa zum Aufbau kommunaler Wärmenetze, könnte es durch das spätere Inkrafttreten des Haushaltsfinanzierungsgesetzes allerdings zu Verzögerungen kommen. In der Schlussrunde der Haushaltsdebatte im deutschen Bundestag prallten Freitagvormittag die unterschiedlichen Auffassungen noch einmal aufeinander.

Deutschlands Finanzminister Christian Lindner (FPD) verteidigte die Pläne: Die Koalition beweise damit "Gestaltungsehrgeiz", hatte er gesagt. Der FDP-Politiker verwies auf Rekordinvestitionen von 70,5 Milliarden Euro – zum Beispiel in Schiene, Straße und Netze. Zugleich sinke die Steuerquote für die Bevölkerung.

SPD-Chefhaushälter Dennis Rohde betonte, es liege "ein verfassungskonformer Haushalt vor, der Planungs- und Investitionssicherheit bietet". Der Etat garantiere "soziale Sicherheit in unsicheren Zeiten" und enthalte hohe Investitionen in den Klimaschutz, betonte der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler. Finanz-Staatssekretär Florian Toncar (FDP) hob Erfolge bei Haushaltskonsolidierung und Senkung des Schuldenstandes hervor.

Für die CDU/CSU warf deren haushaltspolitischer Sprecher Christian Haase der Koalition vor, "an den Menschen vorbei" zu regieren. Gegen Ausgaben für Unterstützung der Ukraine und Energiewende wandte sich der AfD-Haushälter Peter Boehringer. Die Linken-Politikerin Gesine Lötzsch warf den Ampel-Parteien eine "Kürzungspolitik" vor, mit der sie zum Erstarken rechtsextremer Parteien beitrage.

Für Erheiterung sorgte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Helge Braun (CDU) mit der Bemerkung, für die Leitung der teils turbulenten Ausschusssitzungen "wäre Berufserfahrung als Zirkuspädagoge nicht schlecht gewesen". Das Wort "Zirkuspädagoge" wurde danach von fast allen weiteren Abgeordneten in ihren Debattenbeiträgen aufgegriffen. (APA, red, 2.2.2024)