Texingtal/Wien - Dass das Dollfuß-Museum in Texingtal (Niederösterreich) aufgelöst werden soll, war schon beschlossene Sache. Allerdings sollte die Räumung der als Huldigungsstätte kritisierten Einrichtung im Heimatort des in den 1930-Jahren diktatorisch regierenden Bundeskanzler Engelbert Dollfuß über Jahre und wissenschaftlich begleitet passieren. Stattdessen wurde der Großteil der Exponate Mitte Jänner in die Landessammlungen nach St. Pölten transportiert.

Ein Gemälde von Engelbert Dollfuß
Ein Gemälde von Engelbert Dollfuß hing auch über Jahrzehnte in den Räumen des ÖVP-Klubs im Parlament, von dort wurde es 2017 entfernt.
Matthias Cremer

Die Mitglieder jenes Beirats, der das Konzept für die Aufarbeitung entwickelt hat, äußert nun seinen Unmut über die Vorgangsweise von Land und Gemeinde in einem offenen Brief. Sie finden die Übergabe "auf Forderung einiger Leihgeber*innen am 19. Jänner 2024 äußerst befremdlich". Die Räumaktion "torpediert die Umsetzung des vom wissenschaftlichen Beirat begleiteten und einstimmig befürworteten Museumskonzepts".

Konstruktiver Teil "entfällt"

Dieses Konzept hätte die "konstruktive Auflösung des Museums" vorgesehen. Dass die Exponate nun nicht mehr in Texingtal seien, verwirkliche den einen Teil dieser Idee. "Doch der konstruktive Teil – die begleitende, partizipative und kritische Reflexion über mehrere Jahre – entfällt."So würden "die gedenkpolitischen Interessen einiger Personen und Organisationen auf Kosten einer zeitgemäßen, demokratischen und evidenzbasierten Geschichtskultur durchgesetzt".

Das sei ein bedenklicher Auftrakt zum Gedenkjahr der Durchsetzung der Dollfuß-Diktatur vor 90 Jahren, finden die unterzeichnenden Wissenschafterinnen und Wissenschafter Lucile Dreidemy, Ernst Langthaler, Carlo Moos, Verena Pawlowsky.

Destruktiver Akt

Es gebe nach der Räumung nun "verschiedenste Überlegungen, wie wir weitermachen können", sagt Projektleiter Andreas Hauer zum STANDARD. Das Konzept werde international diskutiert, es sei ein breiter Diskurs entstanden. Die spontane Übersiedlung der Exponate entgegen des Konzepts sei ein destruktiver Akt gewesen, man wolle nun aber umso mehr konstruktiv weiterarbeiten. (sefe, 3.2.2024)