Windräder vor blauem Himmel
Ähnlich dem Windpark Marchfeld Mitte im Gemeindegebiet von Untersiebenbrunn (Niederösterreich) wird in Engelhartstetten, ebenfalls im Marchfeld, von WLK Energy ein neuer Windpark errichtet.
WLK / Thomas Topf

Was der Wind zu leisten vermag, wenn alles rundläuft, hat sich in den vergangenen Wochen gezeigt: Der heurige Jänner war in Österreich der windstromstärkste aller Zeiten. Mit 1148 Gigawattstunden (GWh) wurden um 53 Prozent mehr Windstrom als im Jänner-Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre erzeugt. Damit deckte der aus Wind erzeugte Strom laut Interessenverband IG Windkraft gut ein Fünftel des Inlandsverbrauchs. Alles gut also?

Nein, sagen Vertreter des Branchenverbands. Für den Ausbau neuer Windparks, die es für die Vollendung der Energiewende zwingend und noch dazu in großer Zahl braucht, fehle derzeit der Anschub.

Am Ziel vorbei

Das bestätigt auch Gregor Erasim, Gründer und CEO von WLK Energy. "Insgesamt stimmt die Kurve zur Zielerreichung nicht mehr", sagt der ehemalige Vice President des Beratungsunternehmens Cap Gemini und jetzige Unternehmer im Gespräch mit dem STANDARD.

Ende 2023 drehten sich in Österreich 1426 Windräder, die in Summe auf eine installierte Leistung von 3885 Megawatt (MW) kamen. Ein paar Megawatt sind in der Zwischenzeit noch dazugekommen. Den großen Sprung soll es aber in den kommenden gut sechs Jahren geben. Bis 2030 müsste sich die installierte Leistung an Windkraft auf etwa 8000 MW verdoppeln, damit das Ziel, 100 Prozent des benötigten Stroms übers Jahr mittels erneuerbarer Energien abzudecken, auch tatsächlich zu schaffen ist.

Porträtfoto von WLK Energy CEO Gregor Erasim
Gregor Erasim, Gründer und CEO von WLK Energy.
WLK / Thomas Topf

Ohne Verfahrensbeschleunigung und weitere Unterstützungsmaßnahmen bleibe das wohl Wunschdenken, meint Erasim. Er führt das anhand des Projekts Engelhartstetten vor. Nahe der niederösterreichischen Marktgemeinde (Bezirk Gänserndorf) ist Anfang November der Spatenstich für einen Windpark erfolgt. Elf Windräder mit einer Gesamtleistung von 45 MW sollen ab 2025 ans Netz. Die Strommenge, die dort erzeugt werden kann, entspricht dem Bedarf von 39.000 Haushalten. Gesamtprojektkosten, an denen sich die Europäische Investitionsbank mit einem Darlehen von 50,5 Millionen beteiligt: 90 Millionen Euro. Die ersten Planungen liegen aber schon elf Jahre zurück.

Engelhartstetten habe besonders lange gedauert, weil 2019 zu allem Überdruss auch noch der vorgesehen gewesene Hersteller der Anlagen, Senvion, Konkurs anmelden musste. Der Wechsel zu Vestas hieß sodann, den Genehmigungsprozess von vorne zu beginnen.

Langfristige Stromabnehmer

Stand heute könnten in Engelhartstetten auch Turbinen mit größerer Leistung als die gewählten 4,2 MW installiert werden. Erasim: "Wir haben das sein lassen, sonst hätten wir mit der Genehmigung nochmals von vorne beginnen müssen." Langfristige Abnehmer von Teilen des in Engelhartstetten produzierten Stroms sind Lenzing (13 MW) und die auf Industriegase spezialisierte Messer Austria (4 MW).

Das Projekt begleitet Erasim fast seit Gründung der Wind Land Kraft GmbH, wie das Unternehmen mit Sitz in Untersiebenbrunn (NÖ) anfangs hieß. Mittlerweile zählt WLK Energy rund 20 Beschäftigte. Mit Engelhartstetten komme man auf eine installierte Leistung von 105 MW an erneuerbarer Energie. Ziel des Unternehmens sei es, nun auch verstärkt in die Photovoltaik (PV) einzusteigen und bestehende Windparks damit zu ergänzen.

Statt Rückenwind aber gebe es Gegenwind aus verschiedenen Richtungen, sagt Mario Wohanka, Finanzvorstand des Unternehmens. Die hohen Zinsen machten die Finanzierung schwieriger; Preissteigerungen von bis zu 60 Prozent während der Pandemie hätten die Entwicklung gebremst, desgleichen unterbrochene Lieferketten.

Porträtfoto von WLK Energy Finanzvorstand Mario Wohanka
Mario Wohanka, CFO und COO von WLK Energy.
WLK / Thomas Topf

Die Preise der Anlagen hätten sich von ihren Höchstständen wieder entfernt, Niveaus wie vor der Krise werde man aber nicht mehr sehen, zumal der Markt von wenigen Anbietern wie Vestas, Enercon und GE dominiert werde.

Planungs- und wirtschaftliche Sicherheit

Was müsste geschehen, damit die Windkraft und auch die PV wieder an Flughöhe gewinnen? "Wichtig wäre die Ausweisung von Flächen", sagt CEO Erasim. "Ich kann kein Windrad und kein Solarmodul aufstellen, wenn das Land nicht sagt: Hier könnt ihr das machen."

Essenziell sei aber auch der Ausbau der Netze, insbesondere in der Fläche, sowie Planungssicherheit inklusive wirtschaftlicher Stabilität, dass die Akteure überleben können. (Günther Strobl, 5.2.2024)