Peter Kaiser
Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) ist Fürsprecher einer Zusammenarbeit der einstigen Großparteien ÖVP und SPÖ auch auf Bundesebene. Ob sich eine Koalition nach den kommenden Nationalratswahlen rein rechnerisch überhaupt ausgeht, ist laut den aktuellen Umfragen höchst fraglich.
APA/GEORG HOCHMUTH

Seit 2017 muss die SPÖ im Bund mit der Oppositionsrolle vorliebnehmen. Eine Fortsetzung dieses Zustands wollen die Roten nach den kommenden Nationalratswahlen unbedingt vermeiden. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser wirbt daher schon jetzt für ein mögliches Comeback der einst großen Koalition im Bund. Diese Zusammenarbeit wäre "gut für Österreich", sagte er am Dienstag in Ö1-"Morgenjournal". Dabei deutete Kaiser an, dass es beiderseits auch zu bedeutenden Zugeständnissen in inhaltlichen Fragen kommen müsste. "Im Kompromiss liegt manchmal die Chance, Österreich weiterzubringen", formulierte es der Kärntner SPÖ-Chef. Eine Einigung um jeden Preis werde es aber nicht geben.

Ob sich überhaupt eine Koalition der einstigen Großparteien rein rechnerisch ausgeht, ist laut den aktuellen Umfragen höchst fraglich. Auch ein dritter Partner könnte für eine Mehrheit notwendig werden. Denn die Freiheitlichen mit Herbert Kickl an der Spitze sind seit Monaten auf einem Höhenflug und nehmen in Umfragen derzeit unangefochten Platz eins ein. Die mögliche Neuauflage einer Regierung mit FPÖ und ÖVP setzt die Roten mächtig unter Druck. Noch hat aber der Intensivwahlkampf nicht begonnen.

Auch Dornauer für Türkis-Rot

Inhaltlich trennen SPÖ und ÖVP teils Gräben, etwa bei den Steuerkonzepten oder der Bekämpfung der hohen Inflation. Angesichts der Ziele, einen blauen Kanzler Kickl zu verhindern oder keine weitere Regierungsperiode in der Opposition verbringen zu wollen, sind das für Kaiser aber keine unüberbrückbaren Hürden. "In der einen oder anderen Frage" müssten die Parteien aufeinander zugehen – und demnach von ihren Positionen abrücken. Es gebe zwar einige "rote Linien": Diese will Kaiser vor den Wahlen aber nicht benennen.

Mit Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer hat Kaiser in der taktischen Koalitionsfrage vor der Wahl einen Verbündeten. "Eine stabile Zweierkoalition mit der ÖVP muss das Ziel sein", sagte der Landeshauptmannvize.

Doskozil nicht davon angetan

Burgendlands Hans Peter Doskozil kann mit den öffentlichen Ansagen seiner Kollegen aus Kärnten und Tirol hingegen aktuell nichts anfangen. "Das Ziel der Sozialdemokratie muss sein, die Wahl zu gewinnen", sagte der streitbare Landeshauptmann. Danach könne man weitersehen. Schon jetzt öffentlich zu taktieren und eine Richtung zur ÖVP vorzugeben ist laut Doskozil inhaltlich aber der falsche Weg. Die Roten dürften sich demnach nicht als reiner Steigbügelhalter hergeben. Andererseits hat die SPÖ – abseits einer bereits ausgeschlossenen Zusammenarbeit mit Kickls FPÖ – nicht rasend viele Optionen: Eine eher linke Mehrheit mit SPÖ, Grünen und Neos zeichnet sich nach aktuellem Stand nicht ab.

In Wien koaliert die Stadt-SPÖ zwar mit den Neos als Juniorpartner. Bürgermeister Michael Ludwig kann aber auch gut mit der ÖVP, vor allem mit den deklarierten Schwarzen unter den Türkisen. Seine Zusammenarbeit mit Wiens Wirtschaftskammer-Chef Walter Ruck funktioniert auch dann, wenn es mit ÖVP-Wien-Chef Karl Mahrer Streit gibt.

Was ein mögliches Bekenntnis zu Rot-Türkis im Bund vor den Wahlen betrifft, bleibt Ludwig zwar zurückhaltender. Kaisers Argumentation könne er aber durchaus etwas abgewinnen, befand der Wiener Stadtchef am Dienstag. Und: SPÖ-ÖVP-Regierungen hätten über Jahrzehnte dazu beigetragen, die Zweite Republik aufzubauen.

Wo aber will SPÖ-Chef Andreas Babler hin? Als dieser im März 2023 nur Traiskirchner Bürgermeister war, outete er sich als Fan von Rot-Grün-Pink. Im Sommer 2023 sprach er – schon als Vorsitzender der SPÖ – davon, keine Koalition "mit dieser ÖVP" eingehen zu wollen. Eine Absage an die Türkisen war das aber nicht: Babler schließt nur eine Zusammenarbeit mit der FPÖ kategorisch aus.

Die zarte, taktische Annäherung der SPÖ an die ÖVP nutzten die Freiheitlichen am Dienstag für einen Rundumschlag: Rot und Türkis könnten gleich mit einer gemeinsamen Liste antreten, witzelte der blaue Generalsekretär Michael Schnedlitz. In der Corona-Pandemie sei die Politik der beiden Parteien "ohnehin deckungsgleich gewesen".

Kaiser gegen Parteiausschluss Gusenbauers

In der Diskussion über den internen Umgang der SPÖ mit Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer wegen der Causa Signa bezog Kaiser ebenfalls klar Stellung. "Ich halte einen Parteiausschluss für falsch", sagte der Kärntner Landeschef. Demnach habe Gusenbauer kein parteischädigendes Verhalten an den Tag gelegt, was einen Ausschluss im Sinne der Statuten rechtfertigen würde. "Wenn man Statuten hat, sollte man sich daran halten." Zuletzt forderte die Sektion 8 in Wien-Alsergrund in einem informellen Antrag die Bundespartei auf, ein entsprechendes Verfahren einzuleiten. (krud, ook, 6.2.2024)