Die Bauernproteste in ganz Europa haben sich zum Wochenbeginn fortgesetzt. In den Niederlanden blockierten Demonstrierende am späten Montagabend Autobahnen und entzündeten Feuer, wie die niederländische Polizei und mehrere Medien berichteten. Auch in Italien, Lettland und Spanien gingen tausende Landwirte gegen die EU-Agrarpolitik auf die Straße.

Traktoren stehen in Reihe bei Bauernprotesten in Italien
Bauern aus Regionen wie der Toskana und der Emilia-Romagna zogen mit handgeschriebenen Schildern mit Slogans wie "Kein Bauer, kein Essen" Richtung Rom.
REUTERS/REMO CASILLI

"Feuer wurden entfacht, Feuerwerkskörper entzündet, und landwirtschaftliche Fahrzeuge fahren auf der Autobahn", erklärte die Polizei der niederländischen Provinz Gelderland in der Nacht auf Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter). Die Proteste in den Niederlanden sind die jüngsten in einer Welle von Demonstrationen in ganz Europa, bei denen Bauern niedrigere Steuern auf Kraftstoffe, eine bessere Bezahlung ihrer Produkte und gelockerte EU-Umweltvorgaben fordern.

Proteste gegen russisches Getreide

Tausende Demonstrierende in Lettland sprachen sich am Montag zudem für ein Verbot von russischen Getreideimporten in die EU aus. "Die EU erlaubt die Einfuhr von russischem Blutgetreide in unseren gemeinsamen Markt und den Transport durch europäische Häfen und Terminals", sagte Juris Lazdins, ein Organisator der Proteste, auf einer Kundgebung in Jelgava gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Außerdem forderten die Landwirte bei den Aktionen in insgesamt 16 Städten weniger Bürokratie und eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf lokal angebaute Früchte und Beeren.

Italienische Bauern verlangten unterdessen ein Treffen mit einem Minister der Regierung. Aus der Toskana machten sich am Montag rund 50 Traktoren auf den Weg in die Hauptstadt Rom, wo bis Freitag 1.500 bis 2.000 Traktoren erwartet werden, wie die Bewegung für landwirtschaftliche Erneuerung AFP erklärte.

Kilometerlange Staus

In Spanien besetzten und blockierten die Demonstranten am Dienstag mit Hunderten von Traktoren im ganzen Land Autobahnen, Landstraßen und Zufahrten zu Häfen, Großmärkten und Industriegebieten, wie der Fernsehsender RTVE und andere Medien berichteten. Kundgebungen gebe es seit dem frühen Vormittag in zahlreichen Regionen des Landes, darunter in Madrid, Barcelona, Valencia, Málaga und Saragossa. Teilweise kam es deshalb auch zu kilometerlangen Staus.

Seit Wochen gehen Landwirte in mehreren europäischen Ländern auf die Straße. Dabei protestieren sie auch gegen aus ihrer Sicht unfairen Wettbewerb mit Produkten aus dem Ausland. Am Wochenende kam es beispielsweise in Deutschland, Frankreich, Griechenland und erstmals auch in dem Nicht-EU-Land Schweiz zu Protesten.

Verkehrsblockaden in Bulgarien

Bulgarische Landwirte haben am Dienstag mit Agrarmaschinen den Verkehr im südöstlichen EU-Land vorübergehend blockiert. Damit forderten sie einen Ausgleich für billigere ukrainische Agrarimporte. Blockiert wurden für zwei Stunden wichtige Überlandstraßen und Verkehrsknoten – wie etwa die E79 nach Thessaloniki in Griechenland. Gesperrt wurden auch Verkehrswege, die zur rumänischen Grenze oder nach Warna am Schwarzen Meer führen. Dabei wurden tausende Agrarmaschinen eingesetzt, sagte der Chef der bulgarischen Agrarkammer, Kostadin Kostadinow, dem bulgarischen Staatsradio.

Die Verbände der protestierenden Bauern lehnten am Montagabend ein Angebot der Regierung ab, nur per Steuererklärung für 2023 nachgewiesene Verluste finanziell auszugleichen. Vorgesehen seien nach den Worten von Ministerpräsident Nikolaj Denkow 150 Millionen Lewa (rund 77 Millionen Euro). "Die Regierung kann Landwirte mit Gewinn nicht unterstützen", hatte Denkow gesagt.

Kompensationen und Zuschüsse gefordert

Die Landwirte fordern eine andere Vorgehensweise zum Berechnen ihrer Verluste. Neben Kompensationen für den Getreidesektor werden Zuschüsse für andere Bereiche gefordert – wie etwa Gemüse- und Obstanbau und Viehzucht. Viehzüchter und Milcherzeuger hatten bereits am Montag vor dem Agrarministerium in der Hauptstadt Sofia gegen die Landwirtschaftspolitik der Regierung protestiert. Sie forderten den Rücktritt von Agrarminister Kiril Watew.

Die Proteste sollen jeden Tag um eine Stunde länger ausfallen. In der kommenden Woche würden sie die Hauptstadt Sofia erreichen, drohten Agrarverbände. Regierungschef Denkow sieht in den Bauernprotesten einen politischen Hintergrund: "Es ist kein Zufall, dass diese Proteste vor der bevorstehenden Rotation (an der Regierungsspitze) erfolgen." (APA, red, 6.2.2024)

Video: Darum geht es bei den EU-weiten Bauernprotesten.
AFP